Essen. Nachdem angebliche Missstände in der Personalführung der Fluggesellschaft Qatar Airways bekannt wurden, rief die Gewerkschaft Verdi zum Boykott des Unternehmens auf. Nun wehrt sich die Fluggesellschaft gegen die “pauschalen Vorwürfe“. Lediglich das bemängelte Heiratsverbot gebe es wirklich.
Ein Leben in Angst mit Zimmer-Kontrollen, Heirats-Verbot und Kündigung bei Schwangerschaft müssen Stewardessen der Fluggesellschaft Qatar Airways erdulden. So die Vorwürfe des Internationalen Gewerkschaftsbunds und der Internationalen Transportarbeiterförderung (Reise Journal, Kommentar vom 21. Juni 2014). Nachdem die beiden Organisationen die Airline im Juni bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) angezeigt hatten, rief die Gewerkschaft Verdi deutsche Bundestagsabgeordnete zum Boykott der Fluggesellschaft auf. Das geht dem Wüstenunternehmen jetzt zu weit. Mit einem Brief hat sich Qatar Airways-Manager Marwan Koleilat an den Bundestag gewandt und die „pauschalen und undifferenzierten Vorwürfe“ entschieden zurückgewiesen.
Zuletzt hatte eine polnische Flugbegleiterin der Qatar Airways in der Bild-Zeitung schwere Vorwürfe erhoben: Der von den Flugbegleitern bewohnte Apartmentkomplex werde streng überwacht, würden bei Durchsuchungen der Privaträume Alkohol oder Zigaretten gefunden, sei dies ein Kündigungsgrund.
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Alles Unsinn, konterte Qatar Airways-Chef Akbar al-Baker. Er wittert eine Verschwörung von Gewerkschaften, „linken Blättern“ und dem Konkurrenten Lufthansa, wo Verdi-Chef Frank Bsirske im Aufsichtsrat sitzt. Eine Überwachung gebe es nicht, die Stewardessen dürften in ihren Zimmern „tun und lassen, was sie wollen“. Nach 22 Uhr dürfte jedoch kein Betriebsfremder mehr im Gebäude sein. Und das sei schließlich nur eine kleine Einbuße, bedenke man, dass die Stewardessen „wie im Hotel“ leben – mit Fernseher, frischer Bettwäsche und Handtüchern inklusive.
In Katar gibt es keine Gewerkschaften
Auch der Vorwurf, dass Mitarbeiterinnen bei Schwangerschaft die Kündigung drohe, sei unhaltbar. Es werde vielmehr eine Versetzung zum Bodenpersonal vorgenommen.
Nur das Verbot in den ersten fünf Jahren der Firmenzugehörigkeit zu heiraten, das gibt es wirklich, räumte al-Baker ein. Schließlich investiere man teures Geld in die Ausbildung der Angestellten.
Den deutschen Bundestagsabgeordneten wurden diese Argumente freilich vorenthalten. Die „pauschalen Vorwürfe“ der Gewerkschaft Verdi weist Manager Koleilat in seiner Stellungnahme, die dem Reise Journal vorliegt, ebenso pauschal zurück. Weil die Gewerkschaft schließlich keine „offiziell bestätigte Kenntnis über ein Verfahren bei der ILO“ habe, sei „eine solche voreilige Verurteilung nicht hinnehmbar“. Außerdem habe Verdi „keine Mitglieder, die in irgendeiner Art und Weise mit unserem Unternehmen in Verbindung stehen“. Und überhaupt sei es „äußerst zweifelhaft“, dass Verdi zu einem Boykottaufruf gegen ein mitgliederfremdes Unternehmen berechtigt sei. Im Emirat Katar selbst gibt es – nebenbei bemerkt – keine Gewerkschaft.