Berlin. Nicht immer ist es an Nord- und Ostsee Anfang/Mitte Juni warm. Es gibt auch Tage mit Regen und Kälte. Dennoch will Schleswig-Holstein andere Bundesländer zwingen, viel früher in die Sommer-Schulferien zu starten. Gründe dafür seien vor allem touristische und wirtschaftliche Interessen.
Schleswig-Holstein will die zwischen den anderen Bundesländern bereits abgestimmte neue Sommerferienregelung für die Jahre 2018 bis 2024 blockieren und Neuverhandlungen erzwingen. Verlangt wird ein früherer Start in die Sommerpause bereits Anfang/Mitte Juni - um einen 90-Tage-Zeitkorridor bei der Gestaltung der unterschiedlichen Ferientermine in den 16 Ländern auszuschöpfen. Grund: Die touristischen und wirtschaftlichen Interessen des Landes würden bei der jetzt geplanten Ferienregelung nicht ausreichend berücksichtigt.
Der Entwurf der neuen Ferienregelung, der über die nächsten Jahre hinweg einen Sommerferien-Start frühestens nach dem 20. Juni vorsieht, sollte eigentlich am kommenden Donnerstag von der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin verabschiedet werden. Dafür ist Einstimmigkeit nötig. Schleswig-Holsteins Kultusministerin Waltraud Wende (parteilos) fühlt sich jedoch bei ihrem ablehnenden Votum an einen Beschluss ihres Landeskabinetts gebunden, sagte ihr Sprecher der Nachrichtenagentur dpa.
Sommerferien-System soll Staus vorbeugen
Die Sommerferien-Termine werden von den Bundesländern langfristig nach einem rollierenden System festgelegt: In einem Jahr starten die einen Länder früher, im anderen Jahr die anderen. Das soll Staus auf den Straßen und Engpässe im Tourismus vermeiden und möglichst allen Eltern und Kindern ermöglichen, in den Feriengenuss warmer Hochsommertage zu kommen.
Nur in Bayern und Baden-Württemberg beginnen die Sommerferien traditionell erst Ende Juli/Anfang August. Beide Länder pochen auf Erhalt dieses Privilegs, dass früher damit begründet wurde, dass die Kinder bei der Ernte helfen müssten.
Die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder unterstützt voll die Position Schleswig-Holsteins und dringt auf Ausschöpfung eines Zeitkorridors von "weitmöglichst 90 Tagen". Je nicht gewährtem Ferientag müsse mit geschätzten wirtschaftlichen Einbußen im Tourismus von rund 100 Millionen Euro gerechnet werden. "Diese werden von Urlaubern möglicherweise im Ausland ausgegeben, wenn die Anreise wegen der Verkehrssituation unattraktiv ist und es in deutschen Ferienregionen keine freien Betten mehr gibt", heißt es in einem vom Kieler Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) initiierten Beschluss der Konferenz.
Schuljahre sollen gleich lang sein
Die Kultusminister führen dagegen pädagogische Argumente an. So sollten die beiden Schulhalbjahre möglichst gleich lang sein, Unterrichtsphasen zwischen den Ferien mindestens sechs Wochen betragen und Prüfphasen für Abitur und Mittlere Reife zwischen Ostern und Sommerferien nicht zu sehr komprimiert werden - vor allem in den Jahren mit spätem Osterfest. Zudem müssten Klassenfahrten und Sportwettkämpfe zeitlich verteilt werden.
Der von der KMK-Amtschefkonferenz ausgehandelte Entwurf sieht für die Jahre 2018 bis 2024 einen Zeitkorridor zwischen 80 und 86 Tagen vor - im Schnitt 81,6 Tage. "Eine weitere Ausdehnung ist aus pädagogischen und schulorganisatorischen Gründen nicht möglich und würde gravierende qualitative Auswirkungen auf die schulische Arbeit haben", heißt es in der KMK-Vorlage, die der dpa vorliegt.
Kein neues Streitthema
Der Streit zwischen Kultus- und Wirtschaftsministern ist nicht neu. Auch die frühere Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) kippte schon einmal einen zwischen den Ländern zuvor mühsam ausgehandelten Ferienkompromiss. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Meyer - im Ehrenamt Präsident des Deutschen Tourismusverbandes - wirft den Kultusministern vor, sich nicht abstimmen zu wollen. Mehr Ferientage seien organisatorisch durchaus machbar, sagt er.
Die Kultusminister berufen sich hingegen auf mehrere Gespräche, die sie zuvor mit Tourismusverbänden und den Wirtschaftsministern geführt haben. Einen praktikablen Gegenvorschlag seien die Wirtschaftsminister bislang schuldig geblieben, hieß es aus KMK-Kreisen.(dpa)