Shaoshan. . Mao ist für Chinas Tourismus nicht nur zu einer Geldruckmaschine geworden, sondern eignet sich auch bestens für die Propaganda der Regierung, die auf den “roten Tourismus“ setzt, um das Volk ideologisch zu erziehen. Inzwischen pilgern Tausende zu den wichtigsten Stationen in Maos Leben.

Xu Wenxiang ist 1300 Kilometer gereist, um Mao Tsetung die Ehre zu erweisen. Tief verbeugt sich Herr Xu vor der sechs Meter hohen Bronzestatue von Chinas Revolutionsführer. "Für den Vorsitzenden ist kein Weg zu weit", sagt er. Zwei Männer in Militäruniformen tragen im Stechschritt einen Blumenkranz vor Herrn Xu bis zu der Statue. Aus den Lautsprechern am Rande des Platzes in Maos Geburtsort Shaoshan in der südchinesischen Provinz Hunan erschallt das Mao-Loblied "Der Osten ist rot". Anschließend rufen einige der umstehenden Passanten den Slogan: "Vorsitzender Mao lebe 10.000 Jahre!"

Der von Chinas Führung propagierte "rote Tourismus" ist für Daniel Leese von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg nur eine neue Verpackung für die ideologische Erziehung der Bevölkerung. "Die Inhalte müsse an die Zeit angepasst werden", sagt der Juniorprofessor der Nachrichtenagentur dpa. In einem Forschungsprojekt untersucht er den Maoismus in China.

Mao ist eine Geldmaschine

Mao ist 37 Jahre nach seinem Tod in China zu einer Geldmaschine geworden. Jedes Jahr pilgern Millionen Touristen zu den Wirkungsstädten des umstrittenen Revolutionärs. In einem Museum in der Nähe von Maos Geburtshaus in Shaoshan ist alles ausgestellt: von Maos Schlafanzug, über seinen Socken bis hin zu seiner Badehose. Mehrere Zehntausend Besucher zählt das Museum nach eigenen Angaben an Spitzentagen.

An Feiertagen müssen Touristen mehr als drei Stunden anstehen, um einen kurzen Blick in Maos Kinderzimmer am anderen Ende des Ortes zu werfen. Der Revolutionär wird als ein Führer mit Bürgernähe gefeiert. Kein Wort fällt über die Millionen Menschen, die seiner Politik zum Opfer fielen.

Zentralregierung macht Geld für die Touristenorte locker

Die Zahl der Besucher an den Pilgerorten der Kommunistischen Partei Chinas ist im Jahr 2012 nach offiziellen Angaben um 24 Prozent auf 670 Millionen angewachsen. Insgesamt spielten die "Roten Touristen" demnach 167 Milliarden Yuan (20 Milliarden Euro) ein. Die Zentralregierung macht Geld für die Touristenorte locker. Gleichzeitig sollen sie die Wirtschaft in den weniger entwickelten Regionen des Landes ankurbeln.

Denn Respekt für Mao lassen sich die Touristen einiges kosten. Xu Wenxiang hat sich für die Premiumversion der Zeremonie vor der Mao-Statue entschieden. 999 Yuan (120 Euro) hat ihn der Kranz mit einer Schleife und seinem Namen gekostet. Für den festlichen Akt mit den als Soldaten verkleideten Schauspielern musste er weitere 1000 Yuan bezahlen. Nach fünf Minuten ist alles vorbei. "Das war das Geld wert", sagt Herr Xu neben der breiten Treppe, von der ein roter Teppich zu der Mao-Statue auf einem Betonsockel führt.

"Die Erziehung in Patriotismus, Kollektivismus und Sozialismus muss weiter vertieft werden"

Die Kommunistische Partei in China treibt den "roten Tourismus" mit Macht voran. Eine "Nationale Koordinierungsgruppe" gibt als staatliche Einrichtung die Leitlinien für den Kult um die Partei vor. Seit dem Jahr 2004 lenkt die Zentralregierung den Ausbau im ganzen Land gezielt. "Die Erziehung in Patriotismus, Kollektivismus und Sozialismus muss weiter vertieft werden", hatte der Chef der Koordinierungsgruppe, Zhu Zhixin, beim Jahrestreffen 2013 gefordert.

Mit den Touristenspektakeln soll das Bild der Bürger von der Partei gefestigt werden, sagt Daniel Leese: "Es soll eine emotionale Verbindung geschaffen werden." In Schulunterricht und Fernsehen vermittelt Chinas Führung ein Bild von sich. Mit dem Besuch der Touristenorte schafft Peking eine Ideologie zum Anfassen und Miterleben. Die Forscherin Yoko Takayama vom Slavic Research Center in Japan nannte die Entwicklung in einer Analyse eine "Disneysierung", in Anlehnung an die Disney-Freizeitparks.

In der ehemaligen Revolutionsbasis Yan'an 900 Kilometer südwestlich von Peking, in der sich Mao nach 1935 verschanzt hatte, können Touristen einen Kampf um den Ort mit Panzern und Gewehren spielen. In Zhuanbi in der nordchinesischen Provinz Shanxi ist ein ganzer Freizeitpark für die "roten Touristen" errichtet worden, in der sie in einem Hindernisparcours einen Häuserkampf nachspielen können. Und weitere Attraktionen sollen in Zukunft dazukommen. (dpa)