Essen. “Direktflug“, “Meerseite“ und “beheizbarer Pool“ - das sind typische Formulierungen, mit den Reiseveranstalter in ihren Katalogen und Online-Angeboten negative Aspekte verschleiern. Nur wer genau hinschaut und die Tricks der Fachleute kennt, kann ein böses Erwachen am Urlaubsort vermeiden.
Es ist die Zeit der Urlaubsplanung, in vielen Familien wird jetzt wieder in den bunten Katalogen der Reiseveranstalter geblättert. Doch dort wird verschleiert, vertuscht und umschrieben, was das Zeug hält. So muss das Wasser im „beheizbaren Hotel-Pool“ nicht zwingend warm sein. Sonst würde dort ja „beheizt“ stehen! Die Beschreibungen – ob off- oder online – lesen sich oft wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht – nur dass am Ende nicht immer alles gut wird. Rechtsanwalt Martin Rohmann aus Bochum sagt: „Häufig werden von Reiseveranstaltern Formulierungen verwendet, die auf den ersten Blick positiv wirken, bei genauerem Hinsehen aber negative Merkmale verbergen sollen.“
Eine eigene Prospektsprache hat sich gebildet. Etwas Schönfärberei ist gestattet, Täuschung indes nicht zulässig. „Missverständliche Formulierungen oder Verschleierungen im Reisekatalog gehen zu Lasten des Reiseveranstalters.“
"Meerseite" heißt nicht Meerblick
Weil der Ärger groß sein kann, der Klageweg mühsam und der Urlaub obendrein verdorben, ist es am besten, zwischen den Zeilen zu lesen und „genau auf Schwindeleien und Auslassungen zu achten“, empfiehlt Rechtsanwalt Rohmann. Seine Berufskollegin Beate Wagner von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf gibt Beispiele für unzulässige Beschreibungen: „Hotel in aufstrebender Umgebung“ für Baulärm, „großzügig konzipiertes Haus“ für Haus ohne Heizungsmöglichkeit und „in der Nähe des Flughafens“ für Einflugschneise.
Zehn Katalog-Floskeln
Misstrauisch werden darf man bei Formulierungen wie diesen:
- Neu eröffnet: unvollendete Gartenanlage
- Aufstrebende Umgebung: Baulärm
- Für junge Leute: Disco-Lärm
- Verkehrsgünstige Lage: Verkehrslärm
- Für Unternehmungslustige: Grölende Gäste
- Panoramablick: großer Höhenunterschied zum Strand
- Zehn Minuten zum Strand: Kann auch Bus-Entfernung sein
- Sportmöglichkeiten vorhanden: Gegen Gebühr
- Unaufdringlicher Service: Kellner lassen auf sich warten
- Bemühtes Personal: Schlecht ausgebildet
Dem gegenüber hielten die Richter für noch zulässig: „Sauber und zweckmäßig“ für ein Zimmer mit wenig Komfort. „Meerseite“ für ein Zimmer ohne Meerblick, da andere Häuser dazwischen liegen. „Naturbelassener Strand“ für einen ungepflegten Strand. Genauso rechtlich okay sei die Bezeichnung „dicht am Meer“ als Umschreibung für die Lage eines Hauses an einer Steilküste, gibt Martin Rohmann ein weiteres Beispiel.
Fehlender Balkon kein Reklamationsgrund
Häufig übers Ohr gehauen fühlen sich Urlauber bei Flugangeboten. Mit Zwischenlandungen rechnen muss, wer einen „Direktflug“ bucht. Jener wird häufig verwechselt mit dem „Nonstop-Flug“. Verbraucherschützerin Beate Wagner erinnert in diesem Zusammenhang auch an das missverständliche Vokabular, wenn es um die Regionalflughäfen abseits der großen Städte geht, auf denen häufig so genannte Billigfluggesellschaften starten und landen. Der Flughafen „Frankfurt-Hahn“ liegt im Hunsrück, mehr als 120 Kilometer abseits der Main-Metropole. Auch der Airport „Niederrhein“ bekam früher gerne die Zusatzklammer „(Düsseldorf)“ verpasst, was jetzt nicht mehr zulässig ist. Oder: Wenn Ryanair nach London Stansted fliegt, landet der Städteurlauber etwa 55 Kilometer nordöstlich der City in der Grafschaft Essex.
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Martin Rohmann weist auf den „Grundsatz der Prospektwahrheit und der Prospektklarheit“ hin. Alles Wichtige sollte ein Anbieter nennen. „Der Hinweis auf eine Lärmbelästigung muss in den Hauptteil, nicht in den Preisteil.“ Reiseveranstalter sind zur Wahrheit verpflichtet, „andererseits wollen sie ihre Leistungen in einem möglichst günstigen Licht darstellen“, sagt Expertin Beate Wagner. So können auch die Abbildungen und die tatsächlich vorgefundenen Gegebenheiten voneinander abweichen. Wenn der Pool auf einmal viel kleiner wirkt oder der Balkon fehlt, ist das jedoch nach der derzeitigen Rechtsprechung nicht zwangsläufig ein Reklamationsgrund.
Buchungsinformationen ausdrucken
Es gilt also: genau lesen. Und gleichermaßen ehrlich zu sich selbst sein. „Viele Kunden haben überzogene Vorstellungen“, ist eine Erfahrung von Martin Rohmann aus seiner Arbeit. „Bei einer sehr günstigen Pauschalreise für vier Personen nach Hurghada in Ägypten kann es schon mal vorkommen, dass rote Ameisen im Bad rumlaufen.“ Für den Rechtsanwalt ist der Katalog zunächst einmal „eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots durch den Kunden“. Genauso aber „konkretisiert er den Leistungsgegenstand der Reise“. Stimmt der am Ende nicht mit dem Erlebten überein, kann ein Reisemangel vorliegen, gegen den geklagt werden kann.
Beim Reisekauf im Internet rät Beate Wagner von der Verbraucherzentrale deshalb zum Ausdrucken sämtlicher Buchungsinformationen. Um für den Streitfall die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aktuellen Informationen parat zu haben, muss auf den Ausdrucken das Datum vermerkt sein. „Das geht dann notfalls auch per Hand.“