Essen. Verschiedene Hotels in Bad Sobernheim laden zum Wellness ein: Bei Lehmbädern, Massagen und asiatische Entspannungsübungen können Körper und Geist entspannen. Wer ein bisschen Abwechslung möchte: Beim Spaziergang durch alte Klosterruinen kann man auf den Spuren von Hildegard von Bingen wandern.
Nicht nachdenken. Einfach rein!“ rät eine ältere Dame, offenbar Stammgast im Hotel BollAnt’s, den Neulingen. Die trippeln noch, in Bademäntel gehüllt, vor den soeben mit ihren Namen beschrifteten Blechbadewannen hin und her. Der Zweifel steht in die Gesichter geschrieben: Das soll Wellness sein? Morgens um halb acht in freier Natur in eiskaltes Wasser steigen?
Keinen Raum für Zögerlichkeit lässt Elke Bollant, die Mutter der Hotelinhaber, als sie herbeigeeilt kommt, Shirt und kurze Hosen abstreift und splitternackt ruft: „Wir beginnen mit dem Klopfen!“ Alle tun es ihr gleich, stehen wie Gott sie schuf neben der bedrohlichen Wanne, klopfen sich ab, und es gibt kein Zurück. Rein ins kalte Nass. Strampeln. Zum Bauch hin schöpfen. Auch die Neulinge geraten in Begeisterung. Dann heißt es aufstehen und klopfen, so wie es die Vorturnerin demonstriert.
Bibberndes Trüppchen huscht in Bademäntel
Das bibbernde Trüppchen steht auf der taunassen Wiese, erst bearbeitet jeder sich selbst, dann in einer Schlange stehend den Rücken des Nachbarn, bis Elke Bollant das Kommando zum Abmarsch gibt. Alle huschen in ihre Bademäntel und sausen – barfuß möglichst – hinüber zur Gymnastik im warmen Pool. Dort stoßen die Naturmenschen zu einer Gruppe sittsam Bekleideter und schauen fast mitleidig auf deren Schwimmgarderobe.
Mit solch’ einem so genannten Sitzreibebad beginnt jeder Tag im Hotel BollAnts und auch in anderen Häusern von Bad Sobernheim. Alles streng nach Felke, dem Kneipp von Rheinland-Pfalz. Pastor Emanuel Felke, genannt „Lehmpastor“, predigte einst in diesem Ort am Flüsschen Nahe die Anwendung von Licht, Luft, Wasser, Bewegung und Erde, also Lehmschlamm, verbunden mit vegetarischer Ernährung. Außer mit dem Lehm hat man mit den kühnen Wannenbädern also schon das meiste absolviert. Die eigene Schlammkuhle gibt es erst, wenn man mindestens fünf Tage darin badet. Nicht nur, damit es nützt, sondern weil das Herausschleppen und Neu-Einfüllen des aus einer Lehmgrube herbeigeschafften Schlammes äußerst aufwendig ist.
Ähnlich wird es auch in Menschels Vitalressort von Bad Sobernheim gehalten. Der Gast kann dabei wählen, ob er sich den kühlen Lehm von kuchenteigartiger Konsistenz lieber in einer gefliesten Halle oder in einer ausgehobenen Grube servieren lässt. Da steigt er ein, rührt in der Pampe, schmiert sie auf seinen Leib – und erwartet eine knappe Stunde lang das Dahinschwinden der verschiedensten Zipperlein.
Hawaiianische Massagen und asiatische Entspannungsübungen
Natürlich gibt es dort nicht nur die archaischen Heilmethoden à la Felke, sondern auch alles Neuzeitliche, etwa hawaiianische Massagen und asiatische Entspannungsübungen, arabisches Dampfbad und Kosmetika aus deutschen Reben. Dazu konsequentes Fasten oder von Spitzenköchen zubereitete Gesund-Kost – und selbstverständlich das Gläschen Wein von den Hängen an der Nahe.
Damit der Gast dieser Vielfalt nicht ratlos gegenübersteht und damit Rheinland-Pfalz in der Masse an Angeboten wahrgenommen wird, wurde die „IchZeit“ eingeläutet. Insgesamt 34 Hotels des Landes stellen unter diesem Logo Angebote zusammen, die strengen Qualitätskriterien unterliegen.
Auch interessant
Immer geht es natürlich um den Leib, aber vor allem auch um die Seele. Um Entschleunigung – ein strapazierter Begriff, der in Rheinland-Pfalz allerdings für ganz bodenständige Erlebnisse, für Begegnungen mit der Landschaft und der Vergangenheit steht. Beispielsweise für einen Spaziergang zwischen den Klosterruinen auf dem Disibodenberg, dem Ort, wo die junge Nonne Hildegard von Bingen begann, die Wunder der Natur zu ergründen. Oder für einen Besuch im Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseum. Rund 40 historische Gebäude aus allen Regionen des Bundeslandes wurden Stein für Stein, Balken für Balken zerlegt und dann im Freilichtmuseum wieder aufgebaut.
Zeit auf das Jahr 1910 zurückdrehen
Wer Glück oder einen Terminkalender hat, erlebt auch, wie Museumsmitarbeiter und deren Freunde die Zeit auf das Jahr 1910 zurückdrehen. Sie backen Brot, waschen Wäsche, kochen Essen und sensen ihre Wiesen.
Bodenständig im wahrsten Sinne des Wortes ist der Gast des Barfußpfades Bad Sobernheim. Schuhe und Socken kommen am Beginn der 3,5 Kilometer langen Runde in ein Schließfach, und los geht’s: über Stock und Stein, Rasen und Rindenmulch, Kies und Korken. Auch durch knietiefen Lehm watet man und spaziert mit hellbraunen Krustensocken weiter. Die werden dann spätestens - sofern man nicht das Brücklein vorzieht – beim Marsch durch eine Furt in der Nahe abgewaschen. Aber dort ist es dann schon wieder durchblutungsfördernd kühl.