Essen. Der Angeltourismus auf der Insel Rügen hat zugenommen. Das hat die Insel unter anderem Mecklenburg-Vorpommern zu verdanken, das als erstes Bundesland den Touristenfischerschein auf den Markt gebracht hat. Vor allem Anfänger kommen hier auf ihre Kosten: die Fische scheinen hungrig zu sein.
Die Ostseeleoparden scheinen hungrig zu sein. Sie schnappen nach jedem Köder, der ihnen vor die Nase gehalten wird. Angeln ist vor der Westküste Rügens eine dankbare Angelegenheit – vor allem für Anfänger.
Wir fahren mit einem kleinen Motorboot über die ruhige Ostsee bis Robert Balkow meint, den richtigen Platz gefunden zu haben. Das Meer ist hier etwa 20 Meter tief, die Wassertemperatur beträgt 17 Grad – ideales Dorsch-Revier. Seit Mecklenburg-Vorpommern als erstes Bundesland im Jahr 2005 den Touristenfischereischein auf den Markt gebracht hat, bringt Balkow nicht mehr nur die Profis hinaus, die auf der Jagd nach großen Lachsen sind. Zunehmend wollen auch Anfänger ihr Glück versuchen.
"Angeltourismus hat zugenommen"
„Der Angeltourismus in Schaprode hat zugenommen“, bestätigt Bürgermeister Rüdiger Gau. „Der Sommer ist gut für Anfänger, da hat man Ruhe. Aber auch die Auslastung der Vermieter in der Vor- und Nachsaison hat stark zugenommen.“ 230 Liegeplätze stehen im Hafen zur Verfügung – bei gerade einmal 500 Einwohnern.
Einige davon gehören dem Team Bodden-Angeln, für das Robert Balkow den Touristen unter die Arme greift. Er erklärt nicht nur wie, sondern auch was geangelt werden darf: Mindestmaße und Schonzeiten werden strikt eingehalten. Rund 100.000 Touristenfischereischeine, die das Angeln auch ohne reguläre Berechtigung erlauben, hat Mecklenburg-Vorpommern seit der Einführung bereits verkauft. Probleme gebe es mit den Anfängern nicht, weil ohne fachmännische Anleitung kaum die Chance bestehe, einen Fisch zu fangen.
Das Anglerlatein trägt seinen Namen schließlich nicht ohne Grund. Unsere Dorsche, sie werden nicht einfach geangelt. Wir pilken Dorsche. Auf der Abdriftseite, aus der der Wind kommt, lassen wir unsere Pilker – orange oder gelb glitzernde Metallfischchen – herunter. Dann werden die Angelleinen hochgezogen und wieder abgesenkt, im steten Rhythmus. Leise plätschern die Wellen gegen das Boot, am Horizont leuchten die glatt abfallenden Felsen von Rügen im sanften Licht der Abendsonne. Es ist ruhig, idyllisch, ja fast langweilig.
Auf Rügen entspannter als auf Sylt
Viele Rügener sind stolz darauf, dass es auf weiten Teilen der Insel entspannter zugeht als bei den Rivalen auf Sylt. Wer nach Rügen kommt, der sucht die Ruhe und die Einsamkeit. „Wir wollen nicht, dass hier gebaut wird. Hier laufen schon genug Leute herum“, sagt Bürgermeister Gau. Er betreibt einen Campingplatz im Ort, andere vermieten Ferienwohnungen in den rohrdachgedeckten kleinen Fischerkaten. Hotels gibt es in Schaprode nicht. Auch keinen Strand. Die Landschaft ist geprägt vom Bodden, diesen großen dicht umwachsenen Lagunen, die nur über schmale Arme mit dem Meer verbunden und Rastplatz unzähliger Zugvögel sind. Und samstags riecht es nach geräuchertem Fisch, wenn Bürgermeister Gau auf Bestellung wieder einmal seine großen Öfen angeworfen hat.
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Der Fisch, er kommt frisch aus der Ostsee. Und plötzlich ist da dieses unkontrollierte Zucken in der Leine. Die Ruhe auf dem Wasser ist dahin. Es wird aufgeregt gekurbelt und gezogen, dann zappelt der erste braun-gefleckte Dorsch, der Ostseeleopard, knapp über der Oberfläche. „Dorsche zu angeln ist sehr kurzweilig“, widerspricht Robert Balkow dem Klischee. „Besonders für Kinder ist es toll, wenn sie mit den Eltern wetteifern können, wer den größten Fisch gefangen hat.“
Unser Ehrgeiz ist geweckt. Bis zu zwölf Kilo kann ein großer Dorsch in diesen Gewässern auf die Waage bringen. Wir angeln was das Zeug hält, werfen zu kleine Fische zurück ins Wasser und schleppen trotzdem noch eine große Kiste frischen Fisch stolz zurück ins Hotel. „Beim Dorsch geht es darum, was in die Pfanne zu kriegen“, sagt Balkow. „Er ist ein super Speisefisch.“
Ein echtes Angelerlebnis
Wie gut der Dorsch wirklich ist, das erfahren Hobby-Angler in der Nachbargemeinde Trent. Hier zaubert Küchenchef Heiko Triller im Lindner Hotel den selbstgeangelten Fang auf den Teller – kreativ, schmackhaft, bodenständig. Eben ein echtes Angelerlebnis.