Essen. Boot fahren für jedermann ist auf deutschen Gewässern kein Problem. So lange die Geschwindigkeit bei höchstens zwölf km/h und die Leistung nicht über 15 PS liegen, dürfen Hausboote auf vielen Flüssen und Seen ohne Führerschein gefahren werden. So entstehen Chancen für einen ungewöhnlichen Urlaub.
Leinen los und sein eigener Kapitän sein. Das muss kein Kindheitstraum bleiben. Mit einem Hausboot können Urlauber auf Hunderten Kilometern deutscher und europäischer Wasserstraßen jeden Tag neue Landschaften und Orte erkunden – und das ganz ohne Bootsführerschein.
Die schwimmenden Wohnwagen mit maximal 15 Meter Länge und zwölf km/h Höchstgeschwindigkeit dürfen in Deutschland seit Oktober 2012 auf fast allen Bundeswasserstraßen – eine Ausnahme ist beispielsweise der Rhein – bis 15 PS Motorleistung führerscheinfrei gefahren werden. Es reicht die sogenannte Charterbescheinigung. Sie setzt eine dreistündige Einweisung durch das Charterunternehmen voraus. Mindestalter: 16 Jahre.
Leichter Einstieg
Informationen zu Schleusen, Wasserverkehrsregeln und Bedienungsanleitungen finden sich an Bord der für zwei bis zwölf Personen ausgerichteten Boote, die nur tagsüber fahren dürfen. Ihr Treibstofftank reicht meist für eine einwöchige Reise. Nutzwasser ist regelmäßig nachzufüllen, Zapfstellen sind in den Navigationskarten verzeichnet. „Der Einstieg in den Bootssport ist ganz leicht. Mit ein wenig Übung und den richtigen Infos kann jeder ein Boot sicher führen und mit Familie oder Freunden die große Freiheit auf dem Wasser genießen“, teilt der Bundesverband Wassersportwirtschaft in Köln mit.
In aller Regel sind im Charterpreis eine Haftpflicht- und eine Vollkaskoversicherung für etwaige Schäden enthalten. Der ADAC, der auch Anbieter vermittelt, weist auf Details hin. „Mieter sind für alle Schäden bis zum Maximalbetrag der hinterlegten Kaution selbst verantwortlich“, sagt Sprecherin Katrin Müllenbach-Schlimme. „Die Höhe der Kaution liegt je nach Vercharterer, Bootsgröße und Mietdauer etwa zwischen 800 und 2000 Euro und ist häufig bei Übernahme in lokaler Währung oder per Kreditkarte zu hinterlegen.“
Die schönsten Strecken
In Deutschland können über 700 Kilometer Wasserstraßen in Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und im Saarland mit einem Charterschein befahren werden. Zu den schönsten Revieren gehören die Mecklenburger Seenplatte, die Havel und das Revier Saar/Mosel/Rhein-Marne-Kanal.
Das letztgenannte, grenzüberschreitende Fahrgebiet wird gerne Sauerkrauttour genannt. Der meist nur mannstiefe Saar-Kohle-Kanal schlängelt sich von Sarreguemines durch das Saartal, das hügelige Elsass und die Wälder Lothringens zum Rhein-Marne-Kanal bei Condrexange. Auf dieser Verbindung liegen Nancy und Straßburg sowie eine besondere Attraktion: Im Hebewerk von Arzviller werden die Boote in einem auf Rollen gelagerten 41 Meter langen und 5,5 Meter breiten Wassertrog über eine Strecke von 45 Metern den Berg hinaufgezogen oder hinabgelassen. Der Schrägaufzug ersetzt 17 Schleusen. Tolle Fahrreviere liegen auch in Belgien und den Niederlanden, in Polen, England, Schottland und Irland. Der ADAC informiert unter www.adac.de/hausbooturlaub und hat eine europaweite Charter-Suche integriert.
So teurer wie Skiurlaub
Natürlich ist ein Hausbooturlaub teurer als die Pauschalreise. Der Bundesverband Wassersportwirtschaft beziffert die durchschnittlichen Kosten für die Chartergebühr pro Koje auf 400 Euro pro Woche. Hinzu kommen geschätzte 150 Euro für Liegeplatz und Bordkasse sowie die Anreisekosten.
„Eine Woche Charterurlaub kostet pro Kopf soviel wie eine Woche Skiurlaub für eine Person“, rechnen die Wassersportler vor. Das scheint allerdings nicht zu viel für einen Kindheitstraum.