Kirchdorf. Entstanden vor 7000 Jahren feiert die Ostseeinsel Poel das 850-jährige Jubiläum ihrer ersten urkundlichen Erwähnung: 1163. Aus dieser Zeit stammt wahrscheinlich auch der Name der Insel. Er ist slawisch und bedeutet “flaches Land“. Höhepunkt ist ein Festwochenende Anfang September.
Die Mittagssonne steht hoch über dem kleinen Eiland, nur ein paar Möwen durchbrechen kreischend die Stille. Im Schneckentempo nähert sich eine Barkasse, sie stoppt 200 Meter vor dem Gollwitzer Nordstrand der Ostseeinsel Poel im Vogelschutzgebiet bei Wismar. Barfuß, Kinder, Taschen und Räder geschultert, steigen die Fährgäste der «MS Salzhaff» ins knietiefe Küstenwasser und waten im Gänsemarsch an Land. Etwas außer Atem, aber froh gelaunt berichten Silke und Helmut Kraus, Urlauber aus Thüringen, über ihren Ausflug von Rerik nach Poel: «Die See im Schutzgebiet ist viel zu flach für die Fähre, da wird halt durchs Meer gewandert, das ist superlustig und echt ein Abenteuer», sagen sie.
Den Weg durchs Wasser nehmen aber nur Touristen im Sommer. Eine Verbindung über einen lose aufgeschütteten Damm zur Insel gibt's seit dem 17. Jahrhundert, eine Straße vom Festland seit 1927, wie Anke Uhlemann vom Inselmuseum Kirchdorf erklärt. Dennoch sei das nur 37 Quadratkilometer große, hufeisenförmige Eiland bis heute eher im Schatten der aufpolierten Badeorte im Norden geblieben und so verschont worden von Zersiedlung und Massentourismus, sagt sie.
Ersterwähnung im Jahr 1163
Die stille Schöne, entstanden mit dem Anstieg der Ostsee nach der letzten Eiszeit vor 7000 Jahren und besiedelt seit der Steinzeit, feiert dieses Jahr unter dem Motto «850 Jahre Insel Poel» ihre urkundliche Ersterwähnung im Jahr 1163. Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch der slawische Name «Poel», der «flaches Land» bedeutet. 1648 kam Poel mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges zusammen mit Wismar und Neukloster unter schwedische Herrschaft, seit 1903 gehören die Insel und die Städte endgültig wieder zu Deutschland.
Poel lebt seit eh und je von Landwirtschaft und Fischerei - und seit Ende des 19. Jahrhunderts von einem sanften Fremdenverkehr, wie Bürgermeisterin Gabriele Richter sagt. Mit aktuell 7200 Urlauber- und Kurbetten für rund 600.000 Gästeübernachtungen im Jahr bei nur 2600 Inselbewohnern in 15 Dörfern sei die Grenze inzwischen erreicht. «Mehr geht nicht», betont Richter. Sonst leidet der Charme der Insel.
Poel, seit 2005 als «Ostseebad» anerkannt, hat nichts von dem, was andere schicke Seebäder auszeichnet: Strandpromenade, Seebrücke, Sternehotel, Spaßbad - Fehlanzeige. Dafür einsame weiße Strände mit Steinen und Strandgut, Surf- und Segelreviere, Rad- und Reitwege, kleine Häfen vom naturbelassenen «Wasser-Anleger» Gollwitz im Nordosten bis zum idyllischen Fischerhafen am Leuchtturm Timmendorf im Westen.
"Schlecht-Wetter-Alternativen gibt es nicht"
«Schlecht-Wetter-Alternativen gibt es nicht», meint Richter, die selbst auf Poel geboren wurde. «Das Kreischen der Möwen und Tuckern der Kutter, das ist unser tägliches Kurkonzert.» Angesprochen von der Ruhe des «flachen Landes» fühlten sich vor allem Familien, sagt die Bürgermeisterin. In der kühleren Jahreszeit kommen die Naturfreaks: Ornithologen, die auf der vorgelagerten Insel Langenwerder, Mecklenburgs ältestem Vogelschutzreservat, wandern und seltene Seevögel beobachten. Oder Liebhaber, die entlang von Küste und Salzwiesen auf Exkursion gehen.
Einen vorsichtigen Tourismus-Boom erlebe das Eiland dieses Jahr aber doch - dank des Inseljubiläums und der zusätzlichen Veranstaltungen. Ein nächster Höhepunkt sei der Versuch eines «Wimpelrekordes» am 24. und 25. August: Alle Dörfer der Insel sollen mit einer 28 Kilometer langen Wimpelkette verbunden werden. Schon bei 9,1 Kilometern sei der Weltrekord im Guinnessbuch gebrochen, sagt Richter.
Die eigentliche 850-Jahrfeier steigt dann Anfang September mit einem dreitägigen Fest. Markttreiben, Livemusik, Kunstausstellungen, Sportveranstaltungen, Strandwanderungen und nicht zuletzt ein Seemannsgottesdienst und Feuerwerk am 8. September gehören zum Programm. (dpa)