Oostduinkerke. In dem kleinen belgischen Ort Oostduinkerke hat die 700 Jahre alte Fangmethode der Pferdefischer überlebt. Hier wandern Fischer bei Ebbe immernoch mit ihren Rössern aufs Meer hinaus und fangen Krabben. Und das Meer bestimmt den Speiseplan. Viele maritime Köstlichkeiten warten hier auf Touristen.

Stürmisches Wetter ist Eddy, dem Fischer, am liebsten. Wenn er auf seinem Kaltblüter Björn in die aufgewühlten Wellen reitet, fühlt er sich wie ein König, sagt er. Bei Wind spült die Brandung auch deutlich mehr Krabben an, und um die kleinen Schalentiere geht es. Seit fünf Jahrzehnten zieht Eddy d’ Hulster hoch zu Ross ins Meer. Der 70-Jährige gehört zum letzten Dutzend „Paardenvissers“ – Pferdefischer – an der flämischen Küste.

Nur in Oostduinkerke hat die rund 700 Jahre alte Fangmethode überlebt: Immer bei Ebbe traben die Pferde in die Fluten, so weit, bis ihnen das Wasser bis zum Hals steht. An breiten Gestängen ziehen sie dabei Schleppnetze hinter sich her. Bis zu 20 Kilo Krabben holt ein Pferdefischer an guten Tagen aus dem Meer. So viel Glück hat Eddy heute nicht. Nur etwa zehn Kilo füllt er nach einer Stunde aus dem Fangnetz in die Weidenkörbe.

Das Meer bestimmt den Speiseplan der Küste

Björn wird sie so gleichmütig wie es ein Kaltblüter nur sein kann, nach Hause schleppen. Daheim auf seinem Hof gibt Eddy den Fang sofort ins salzige Siedebad, damit er verkauft werden kann. Einen Teil davon behält er für sich. Denn satt gegessen hat sich Eddy in all der Zeit noch nicht am Meeresgetier. „Koch mal Suppe, Omelett oder Kroketten von meinen Krabben. So lecker ist nichts anderes“, ist er überzeugt.

Den Speiseplan der Küste bestimmt immer noch das Meer. Und die Belgier wissen, das Beste daraus zu machen. Es heißt, die Alltagsküche in dem kleinen Königreich sei noch besser als die im Nachbarland Frankreich. Auch die gehobene Kochkunst in den Restaurants genießt in Gourmet-Kreisen hohes Ansehen. Und so lässt sich an der rund 70 Kilometer langen Küste zwischen de Panne und Klokke-Heist ganz vorzüglich speisen.

Das Kilo Nordseekrabben zum Selberpulen

Im Seebad Oostende wurde jetzt sogar eine Schlemmer-Offensive gestartet, die über ein Jahr lang die Gaumen von Urlaubern verwöhnen soll. „A l´ostendaise“ heißt das Programm, bei dem Fischer und Köche an einem Strang ziehen. Ziel ist es, die Geschmacksvielfalt der flämischen Fanggründe unter Beweis zu stellen: Gäste sollen ermuntert werden, auch unpopuläreren Fischen eine Chance zu geben. Und so wird bis September 2014 alle 30 Tage ein „Fisch des Monats“ gekürt.

Auch interessant

Oostender Küchenchefs haben die Aufgabe, aus diesen Kandidaten kreative Gerichte zu zaubern. Im Juli fiel die Wahl auf die Seezunge, die nun in den teilnehmenden Restaurants in allen erdenklichen Variationen kredenzt wird. Doch auch, wer es vorzieht, seine Mahlzeiten zwanglos auf der Hand mit an den Strand zu nehmen, muss sich in Oostende maritime Leckerbissen nicht verkneifen. Nur etwa sieben Geh-Minuten vom Meer entfernt liegt der kleine Fischmarkt „De Vistrap“ (Fischtreppe).

Von hier aus ziehen sich die Fischbuden mit den bunten Sonnenmarkisen den ganzen Jachthafen entlang. Hier brodelt Fischsuppe in großen Kochtöpfen, hängen Stockfische an Fäden und machen Schälchen mit Krebsscheren, Räucherlachs und frittierten Fischen einen Riesenappetit. Auch Nordseekrabben gibt es ganz frisch und äußerst günstig. Das Kilo zum Selberpulen für zehn Euro. Wenn man den Bogen einmal heraus hat, klappt das Schälen wie von selbst und macht auch noch Spaß. Und wer weiß: Vielleicht finden sich in der Tüte auch Krabben, die von den Pferdefischern an Land gezogen worden sind.