Frankfurt am Main. Viele Urlauber wollen auf ihren Reisen nicht nur Tiere und Palmen, sondern auch die Armenviertel der Reiseländer sehen. Doch der Besuch in den Slums erfordert viel Vorbereitung und Fingerspitzengefühl. Tourismusreferentin Antje Monshausen gibt wertvolle Tipps.
In großen Städten Südamerikas, Afrikas oder Asiens wollen immer mehr Reisende nicht nur Tempel und Palmen, sondern auch die Armenviertel sehen. Dabei muss auf eine Begegnung auf Augenhöhe geachtet werden, betont Antje Monshausen, Tourismusreferentin des evangelischen Hilfsdienstes "Brot für die Welt" und Leiterin der Arbeitstelle "Tourism Watch". Sie nennt dem Evangelischen Pressedienst (epd) Kriterien für fairen und sinnvollen Slum-Tourismus.
Immer mehr Touristen interessieren sich auch für die Slums an ihren Reisezielen. Warum?
Antje Monshausen: Die meisten Reisenden werden ja immer erfahrener und wollen die Lebenswirklichkeit vor Ort tatsächlich kennenlernen. Dazu gehört eben oft die Armut. Einerseits ist es gut, dass Reisende hinter die Kulissen schauen wollen, aber andererseits kann das schnell in Voyeurismus ausarten. Es sollte nicht darum gehen, Klischees zu bestätigen, sondern sich wirklich für die Menschen zu interessieren und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Der Besuch im Slum erfordert viel Vorbereitung und Fingerspitzengefühl.
Empfehlen Sie Urlaubern, Touren durch die Slums von Rio de Janeiro, Bombay oder Soweto zu machen?
Monshausen: Ich würde generell allen Reisenden empfehlen, sich kleine lokale Veranstalter zu suchen und darauf zu achten, dass die Touren von ortsansässigen Guides begleitet werden, die sich wirklich gut auskennen. Die Menschen profitieren so viel mehr vom Tourismus.
Ich kenne ein Beispiel von einer Reiseleiterin, die am Vormittag mit einer Gruppe an einem gut besuchten Café vorbeifuhr. Die Reisenden im Bus meinten: "Das ist ja kein Wunder, dass es in diesem Land nicht vorwärts geht, wenn die Menschen hier schon morgens um acht im Café rumhängen." Die Reiseleiterin ist daraufhin mit den Touristen in das Café gegangen. Da hat sich herausgestellt, dass es als informelles Arbeitsamt des Dorfes diente.
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Wie kann man mit gutem Gewissen an einer Tour durch ein Armenviertel teilnehmen?
Monshausen: Wie gesagt, die Leute vor Ort sollten den Tourismus selbst mitgestalten können und von der Tour profitieren. Dazu gehört auch, im Viertel einzukaufen und essen zu gehen. Es hilft, ein paar Floskeln in der Landessprache zu beherrschen. Man sollte sich Zeit nehmen, denn ein Slum ist nicht irgendeine Touristenattraktion. Dann sollte man natürlich nicht ungefragt in Häuser hineingehen, Fotos nur nach Absprache machen und bettelnden Kindern kein Geld geben. Wer sich nach so einer Tour engagieren möchte, sollte lieber lokale Kinderrechtsorganisationen unterstützen. (epd)