Gettysburg. Gettysburg ist für viele US-Amerikaner ein Ort von mystischer Bedeutung. Historiker sind sich einig, dass hier der Wendepunkt im Bürgerkrieg zwischen den Staaten des Nordens und denen des Südens zu verorten ist. 150 Jahre nach dieser Schlacht lohnt sich also ein Besuch an diesem historischen Ort.
Vor 150 Jahren wurde Gettysburg zum Schauplatz der blutigsten Schlacht im Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten der USA. Drei Tage lang bekämpften sich die beiden Armeen auf den hügeligen Feldern rund um die Kleinstadt in Pennsylvania, etwa 8000 Menschen kamen ums Leben. Ab Montag steht Gettysburg erneut eine Invasion bevor - doch dieses Mal sollen bis zu vier Millionen Touristen einfallen, für die das Gemetzel von damals ein historisches Ereignis ist.
Tausende Laiendarsteller werden zum Jahrestag die Gefechte in originalgetreuen Uniformen nachspielen. Hinter dem Amerikanischen Bürgerkrieg steht heute ein Multimillionengeschäft. Gettysburg ist ein Museumsdorf aus putzigen Backsteinhäusern, etwa 90 Autominuten nördlich von der Hauptstadt Washington. Die Nationale Parkbehörde der USA kümmert sich akribisch darum, dass das Gelände wieder fast so aussieht wie in jenen Julitagen, als sich hier das Schicksal der noch jungen Vereinigten Staaten von Amerika entschied.
Ein Autohaus auf historischem Gelände
"Hier stand vor einigen Jahren noch ein Autohaus - ist das zu glauben? Das haben wir natürlich abreißen lassen", sagt Jeff, ein grauhaariger Mann, der für die Parkbehörde eine Bustour zu den zentralen Orten der Schlacht leitet. Zufrieden deutet er auf eine Rasenfläche, die sich etwa hundert Meter bis zu einem kleinen Wäldchen erstreckt. Die Gegenwart stört in Gettysburg. Allenfalls geduldet sind Aussichtsplattformen, von denen die Besucher den Blick über die weiten Felder schweifen lassen können, auf denen sich damals die Truppen von General Robert E. Lee und General George Gordon Meade gegenüberstanden.
Die schönsten Sehenswürdigkeiten der USA
Historiker sehen die Schlacht als Wendepunkt im Amerikanischen Bürgerkrieg. Die Südstaaten hatten sich vor allem wegen des Streits um die Sklaverei vom Norden losgesagt und 1861 die Konföderierten Staaten von Amerika gegründet. Im dritten Kriegsjahr führte General Lee die Armee des Südens nach einer Reihe von Siegen erstmals auf das Gebiet der Nordstaaten. Die Truppen des Nordens unter General Meade nahmen die Verfolgung auf. Am 1. Juli 1863 trafen beide Seiten bei Gettysburg aufeinander. Zunächst schien die Konföderation erneut zu gewinnen, am dritten und letzten Tag der Gefechte wendete Meades Unionsarmee aber das Blatt. Der Bürgerkrieg dauert noch zwei weitere Jahre, von der Niederlage konnte sich der Süden aber nicht wieder erholen.
Die berühmte Rede von Gettysburg
Der damalige US-Präsident Abraham Lincoln wählte das Schlachtfeld im November 1863 als Kulisse für seine berühmte "Gettysburg Address", in der er die zerrissene Nation an ihre gemeinsamen demokratischen Ideale erinnerte und zur Einheit aufrief. Heute verklärt die populäre US-Geschichtsschreibung den Bürgerkrieg als eine Etappe auf jener Reise zu einer "immer perfekteren Union", auf der sich die Vereinigten Staaten in ihrem Selbstverständnis sehen. "Das ist für unsere Nation ein ganz wichtiger Ort", sagt auch Thomas Spencer, der mit seiner Familie aus Illinois nach Gettysburg gekommen ist. "Wenn man hier ist, bekommt man wirklich ein Gefühl dafür, wie die Kämpfe damals abgelaufen sind."
Einen besonders lebendigen Eindruck von der Geschichte erhalten Menschen in den USA bei der Nachstellung der Bürgerkriegsschlachten. Die sogenannten Reenactments sind ein beliebter Zeitvertreib für Hobbyhistoriker und ein farbenfrohes Spektakel für Schaulustige. Im Jubiläumsjahr werden in Gettysburg etwa 15.000 Laiendarsteller erwartet, dazu sollen hunderte Pferde und Kanonen sowie Zelte und Musketen für das nötige Flair sorgen. Die Hauptfeierlichkeiten werden etwas zeitversetzt vom 4. bis zum 7. Juli stattfinden - dann haben die USA rund um den Unabhängigkeitstag ein langes Wochenende.
Für Städte wie Gettysburg, die vor 150 Jahren die Last des Krieges tragen mussten, ist die Vergangenheit heute ein einträgliches Geschäft. Der Civil War Trust, eine Stiftung zur Erhaltung von Schlachtfeldern, veröffentlichte eine Studie, wonach Bürgerkriegsstätten insgesamt mehr als 248 Million Dollar in die Kassen der umliegenden Gemeinden spülen und dort gut 5000 Jobs sichern. "Der Kulturerbe-Tourismus ist ein boomendes Geschäft", erklärte der Präsident der Stiftung, James Lighthizer. (AFP)