Essen. Bei Reisemängeln hilft als erstes ein Abhilfeverlangen bei der örtlichen Vertretung des Reiseveranstalters. Selbsthilfe auf Kosten des Reiseveranstalters ist die zweite Möglichkeit. Diese und weitere Tipps geben Experten von der ARAG.

Ein gepflegtes Hotel, erlesene Speisen und eine schöne Umgebung versprechen im Urlaub Ruhe und Erholung. Die Realität: Eine baufällige Absteige, verdreckter Pool, Kantinenfraß und lärmende All-Inclusive-Gäste im Dauerrausch. Kurz - der erhoffte Traumurlaub entpuppt sich als Albtraum. Auch wenn es nicht gleich ganz dicke kommt, sind Reisemängel immer ein echtes Ärgernis. Wer nach der Reise eine Preisminderung einfordern will, muss laut ARAGExperten schon am Urlaubsort einige Regeln beachten.

Fachleute unterscheiden drei Kategorien

Nicht alle Reisemängel haben die gleiche Qualität; deshalb unterscheiden die Fachleute drei Kategorien: Geringfügige Reisemängel liegen unterhalb der Toleranzschwelle eines durchschnittlich empfindlichen Reisenden und müssen ganz einfach hingenommen werden. In der Fremde ist eben nicht alles wie daheim, doch mit steigendem Reisepreis sinkt diese Toleranzschwelle. Wer viel bezahlt, darf eben auch viel erwarten.

Einfache Reisemängel sind solche, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis aus dem Gleichgewicht gerät und korrigiert werden muss: Entweder dadurch, dass der Mangel abgestellt wird oder durch einen Nachlass des Reisepreises. Wird die Reise infolge eines Mangels erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende den Vertrag kündigen. Solche erheblichen Reisemängel rechtfertigen darüber hinaus möglicherweise sogar den Anspruch auf Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit.

Sinnnvollste Reaktionsmöglichkeit ist das Abhilfeverlangen

Die erste und in vielen Fällen sinnvollste Reaktionsmöglichkeit auf Reisemängel ist das Abhilfeverlangen. Der richtige Adressat hierfür ist die örtliche Vertretung des Reiseveranstalters , beispielsweise der Reiseleiter, am Urlaubsort. Wichtig ist, dass die Mängel sofort im Gespräch mit der Reiseleitung genau beschrieben werden und sofortige Abhilfe verlangt wird. Es ist dann ratsam, eine angemessene Frist, bis zu der die Abhilfe durch den Veranstalter erfolgen soll, zu setzen und sich alles schriftlich bestätigen zu lassen. Aber Achtung: Die Abhilfe muss kostenfrei sein. Wenn also beispielsweise ein Ersatzhotel angeboten wird, welches teurer ist als die bisherige Unterkunft, darf der Urlauber nicht für die Mehrkosten zur Kasse gebeten werden.

Manchmal ist der Reiseveranstalter unkooperativ oder die Reiseleitung vor Ort zu langsam, um innerhalb der kurzen Urlaubszeit Abhilfe zu schaffen. Dann darf sich der Urlauber auf Kosten des Veranstalters selbst helfen - zum Beispiel bei überbuchter Unterkunft ein anderes Hotel mit ähnlicher Ausstattung suchen.

Bei Selbsthilfe muss ein erheblicher Mangel vorliegen

Dafür muss allerdings schon ein erheblicher Mangel vorliegen. Anders herum: Es genügt nicht, wenn der Pool beispielsweise einen Meter kürzer ist als im Prospekt beschrieben. Zudem muss der Veranstalter vorher die Möglichkeit zur Abhilfe bekommen, aber nicht umgesetzt haben und es muss eine angemessene, faire Frist dafür gesetzt worden sein. Ist all dies erfüllt, darf sich der Urlauber wie bei diesem Beispiel ein anderes Hotel suchen, muss die Kosten allerdings vorstrecken und nach seiner Rückkehr beim Veranstalter geltend machen.

Um die Reklamationen der Reisemängel später auch beweisen zu können, ist es ratsam bei allen Gesprächen mit der Reiseleitung einen Zeugen dabei zu haben. Am besten dazu geeignet ist ein anderer Hotelgast, der ist im Gegensatz zu Familienangehörigen auch im Falle einer Gerichtsverhandlung glaubwürdig. Viele Urlauber überschätzen allerdings die von den Gerichten zugesprochenen Minderungssätze. Diese liegen meistens zwischen ein und zehn Prozent des Reisepreises, nur selten gehen sie deutlich darüber hinaus. Das macht selbst bei einer teuren Reise nur eine enttäuschende Reisepreisminderung.

ARAG Experten raten deshalb: 'Streiten Sie nur dann, wenn der Anlass einen Streit wert ist!'. Denn jeder Streit kostet Zeit und Nerven und greift damit gerade das Kapital an, was im Urlaub angesammelt werden soll - Ruhe und Gelassenheit. (wid)