Polokwane. Der Aberglaube spielt in der Kultur der Bewohner von Limpopo in Südafrika eine große Rolle. Wer auf dem Fundudzi-See ein weißes Krokodil entdeckt, hat die Ruhe der Ahnen gestört und ist verflucht. Es bleibt so dem Touristen überlassen, wie wichtig ihm der Anblick der berühmten Albino-Krokodile ist.

Der einzige natürliche Süßwassersee Südafrikas ist voller Rätsel. Im Fundudzi leben die Ahnen, Könige und ein weißes Krokodil. Manche wollen hier sogar schon Dinosaurier gesehen haben. Die Menschen, die am Ufer des Sees leben, besänftigen die Verstorbenen mit regelmäßigen Opfergaben. Das weiße Krokodil habe ich am Fundudzi-See nicht gesehen. Und das ist auch gut so. Denn es beschützt die Ahnen. Wer ihre Ruhe stört, ist des Todes, heißt es.

Ganz oben im entlegenen Norden Südafrikas, in der Provinz Limpopo, liegt der Fundudzi. Vor langer Zeit, lange bevor die ersten Menschen hierher kamen, entstand er durch einen Erdrutsch, der einen natürlichen Damm bildete und den Lauf des Mutale-Flusses aufstaute. Das jedenfalls sagen Geologen. Die Menschen der Venda sehen das anders. Ihre Geschichte erzählt von einem Aussätzigen, der um Essen und Unterkunft bat, dem aber beides verweigert wurde. Deswegen verfluchte er das Dorf. In der darauffolgenden Nacht tat sich die Erde auf und eine Flut überschwemmte die Hütten. Das Wasser formte den See, und noch heute kann man jeden Morgen die Trommeln hören, die die Ertrunkenen am Grund des Sees schlagen.

Albino-Krokodile gibt’s tatsächlich

Seit jener Zeit leben der Legende nach alle Verstorbenen im Fundudzi-See weiter. Und deswegen bringen die Lebenden ihnen regelmäßig Opfer. Mit ein paar Spritzern Bier oder einigen Löffeln Brei versorgt man sie und lässt sie so am Leben teilhaben. Im Gegenzug stellen sie sicher, dass immer genügend Wasser im See ist und dass es ausreichend regnet. Und dann ist da noch das weiße Krokodil.

Dieser Teil der Geschichte könnte einen realen Hintergrund haben, erklärt Guide Janco Scott, der mit Abenteuerreisenden Touren zum See unternimmt. „Krokodile leben hier“, sagt er. „Auch Albinos.“ Die Frauen im Dorf sprechen nicht gerne über den See. Riemette Rasekenya, die Priesterin des Ortes, meint: „Wir fangen dort unsere Fische, sonst nichts.“ Dann will sie lieber das Thema wechseln. In ihrem Glauben verbinden die Vendas afrikanische Naturreligionen mit dem Christentum. „Der Papst wäre nicht begeistert, wenn er das hier sehen würde“, ahnt Guide Janco Scott. Gleichermaßen an das weiße Krokodil und an Christus zu glauben, ist hier kein Widerspruch. Trotzdem oder gerade deswegen: Die Einheimischen wollen den See und die Ahnen schützen.

Tourismus als Schaden für die Kultur

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Sie fürchten, dass Tourismus ihrer Kultur schadet. Sie erzählen deswegen Geschichten von Fremden, die nie zurückgekommen sind. Ein Mann aus dem Dorf weiß von einer Touristin, die auf einer Wanderung durch den heiligen Wald am Ufer des Sees verschwand. Sie hatte trotz Warnung ein Blatt von einem Baum gepflückt. Erst am nächsten Tag tauchte sie wieder auf – ohne sich daran erinnern zu können, wo sie die Nacht über gewesen war.