Frankfurt. 50 Jahre ist es her, dass Josef Neckermann mit organisierten Flugreisen den deutschen Markt eroberte, und diese neue Form der Pauschalreise zur Antwort auf die Träume vieler Menschen wurde. Bereits im ersten Jahr konnte Neckermann nach eigenen Angaben 18.000 Urlauber begrüßen.

Vor 50 Jahren hatte der Frankfurter Versandhändler Josef Neckermann mal wieder den richtigen Riecher. Nur sechs Seiten dünn war das im Warenkatalog beigelegte Heftchen, aber es enthielt offenbar Antworten auf die Träume vieler erfolgreicher Menschen im deutschen Wirtschaftswunderland. Organisierte Flugreisen nach Mallorca, an die Costa del Sol oder nach Dalmatien zum Festpreis – die auf dem deutschen Markt neue Pauschalreise setzte sich schnell als bequeme Urlaubsform durch.

Im ersten Jahr konnte Neckermann nach eigenen Angaben 18.000 Urlauber begrüßen, die für rund acht Millionen D-Mark Umsatz sorgten. Bis dahin waren die Deutschen vor allem mit Bussen, Bahn oder mit dem eigenen Auto in die Sommerfrische aufgebrochen. Flugreisen waren etwas für Reiche und Abenteurer.

Die Reiselust blieb ungebrochen

Die Zweifel versuchte der Veranstalter im ersten Prospekt zu zerstreuen: „Eine Flugreise bietet große Vorteile, wenn sie gewissenhaft geplant und sorgfältig vorbereitet ist. Wir haben an alles gedacht.“ Am Zielort sollten sich die unerfahrenen Touristen fühlen wie zu Hause. „Saubere Zimmer, reichliche Hauptmahlzeiten, eifrige Bedienung und eine kleine Bar, in der Sie viel für wenig Geld erhalten“, wurden die Unterkünfte auf Mallorca gelobt.

Das zeigt auch: Das später so erfolgreiche Konzept „All inclusive“ war damals noch nicht erfunden. „15 Tage alles inbegriffen“ meinte zwar die komplette Reise mit Vollpension, aber nicht die Getränke. Dem Erfolg tat dies keinen Abbruch: Im Jahr darauf wurden bei Neckermann bereits Kreuzfahrten angeboten und ab 1965 ging es auch mit Düsenjets in den Süden. 1973 war der erste Club-Urlaub im Angebot, ein Jahr darauf führte die Ölkrise zu den ersten Treibstoffzuschlägen, doch die Reiselust blieb ungebrochen.

Aus den Anfängen ist ein Riesenmarkt geworden

Josef Neckermann zielte unter der Maßgabe „großer Umsatz, kleine Marge“ auf den Massenmarkt, die Preise lagen teils deutlich unter denen der Konkurrenz. Schnell wurde das Wort der „Neckermänner“ zum Synonym für die gelegentlich belächelten Pauschaltouristen. 1976 führte die auch im Versandhandel genutzte Billigmasche allerdings zum Kollaps des Unternehmens, das schließlich von der Karstadt-Gruppe übernommen wurde.

Aus den bescheidenen Anfängen ist längst ein Riesenmarkt geworden: Laut Forschungsgemeinschaft „Urlaub und Reisen“ leisten sich drei Viertel der deutschen Bevölkerung jedes Jahr eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen. Zusammen mit den immer zahlreicheren Kurzreisen ergibt sich ein Umsatzvolumen von an die 80 Milliarden Euro, auf dem Neckermann als Hauptmarke des deutsch-britischen Reisekonzerns Thomas Cook immer noch ein wichtiger Player ist.

Nichts mit der Neckermann-Pleite zu tun

Vom Versandhandel längst getrennt, hatte das Unternehmen nichts mit der Neckermann-Pleite im vergangenen Jahr zu tun und steht mit rund drei Millionen Gästen pro Jahr für 70 Prozent des deutschen Thomas-Cook-Umsatzes. „Die Pauschalreise ist einfach und bietet Sicherheit“, nennt der Tourismusexperte Harald Pechlaner von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt die Hauptgründe für den Erfolg. Doch in Zeiten von Social Media und boomenden Buchungsportalen ist Wandel gefragt. „Die Kunden beeinflussen über ihre immer kurzfristigere Nachfrage nach einzelnen Bausteinen das Angebot direkt. Die Veranstalter müssen auf das direkte Feedback reagieren“, so Pechlaner.

Neckermann-Geschäftsführer Michael Tenzer sieht sich für die Herausforderungen der mächtigen Internet-Plattformen, die Reisebausteine tagesaktuell zusammenfügen, gut gerüstet. „Ich sehe diese Neuerungen eher als Weiterentwicklung der Pauschalreise mit anderen technischen Mitteln“, sagt er. Neckermann könne ebenfalls dynamisch und individuell Reisen produzieren, denen dann das gleiche Markenversprechen zugrunde liege wie der Pauschalreise im Katalog.