München. Stirbt der Reisende, bevor er die Fahrt antritt, stellt sich für Angehörige und Reiseveranstalter die Frage nach der Bezahlung der Reise. Eine Kündigung oder ein Rücktritt ohne entsprechende Versicherung kann richtig teuer werden. Ein Experte für Erbrecht gibt Tipps zu Vorsorge und Reiserecht.
Ob Kreuzfahrt im Mittelmeer, Safari in Afrika oder Studienreise durch den Nahen Osten: Aufwendige und teure Pauschalreisen werden oft Monate im voraus gebucht. Doch was passiert, wenn der Reisende vor Antritt seines Urlaubs verstirbt? Für viele Menschen ist eine mehrwöchige Kreuzfahrt durch fremde Gewässer und in exotische Länder ein langgehegter Traum, der Monate im voraus geplant wird.
Stirbt der Reisende aber, bevor er die Fahrt angetreten hat, stellt sich für Angehörige und Reiseveranstalter die Frage nach der Bezahlung der Reise und der kann bei solchen Fahrten in die Zehntausende gehen.
Als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen rückt der Erbe als neuer Vertragspartner in den Vertrag mit dem Reiseveranstalter ein, erklärt Dr. Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht e. V. und Fachanwalt für Erbrecht in München.
Das bedeutet konkret: Der Erbe muss den vereinbarten Preis zahlen, kann dafür die Reise aber grundsätzlich auch selbst antreten. Das Reiserecht sieht so auch ausdrücklich vor, dass die Person des Reisenden bis zum Reiseantritt austauschbar ist. Der Veranstalter darf nur widersprechen, wenn besondere Umstände gegen den neuen Teilnehmer sprechen zum Beispiel Passeintragungen, die die Einreise in bestimmte Länder unmöglich machen oder mangelnde nautische Kenntnisse bei einem Segeltörn.
Reiserücktritt für den Erben möglich
Der Fall, dass die Erben, meist trauernde Angehörige, kurz nach dem Tod des Erblassers spontan dessen Luxusreise antreten, dürfte jedoch eher selten sein. Dann stellt sich die Frage, ob der Reisepreis trotz Stornierung bezahlt werden muss beziehungsweise, ob die Erben das bereits bezahlte Geld vom Veranstalter zurückerhalten. Das Reiserecht sieht ein Recht zum Reiserücktritt vor, das auch für den Erben als neuen Vertragspartner gilt, sagt Dr. Steiner.
Der Haken dabei: Der Reiseveranstalter darf bei einem Rücktritt Stornogebühren verlangen, deren Höhe meist in seinen AGB geregelt ist. Betroffene sollten sich also hier gut informieren, sagt Dr. Steiner. Manche Reiseveranstalter verlangen unangemessen hohe Rücktrittentschädigungen, die der Überprüfung durch ein Gericht nicht standhalten würden, erklärt Dr. Steiner. Eine Stornogebühr von bis zu 50 Prozent des Reisepreises akzeptiert die Rechtsprechung bei einem kurzfristigen Rücktritt jedoch ohne weiteres.
Kündigung wegen höherer Gewalt
Viele Betroffene hoffen deshalb auf die im Reiserecht vorgesehene Kündigung wegen höherer Gewalt. Der Vorteil gegenüber dem Rücktritt: Wird vor Reiseantritt gekündigt, kann der Veranstalter weder Reisepreis noch Stornogebühren verlangen. Höhere Gewalt wird definiert als ein von außen kommendes, plötzliches und unabwendbares Ereignis. Ein solches stellt der Tod des Reisenden auf den ersten Blick auch dar.
Eine weitere Voraussetzung ist jedoch, dass dieses Ereignis weder in die Risikosphäre des Reisenden noch in die des Veranstalters fällt. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Naturkatastrophen im Urlaubsland wie Erdbeben oder Überschwemmungen, erklärt Dr. Steiner. Der Tod hingegen zählt so makaber das für juristische Laien auch klingen mag zum sogenannten allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden und gilt deshalb nicht als höhere Gewalt.
Eine Kündigung des Erben wegen Versterbens des Erblassers vor Reiseantritt ist deshalb leider nicht möglich. Der Rat des Erbrechtsexperten: Weil die gesetzlichen Regelungen in diesen Fällen meist keine befriedigende Lösung bieten, empfehle ich bei teuren, weit im voraus gebuchten Reisen den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung.
Damit können Reisende nicht nur für den Fall des eigenen Todes vorsorgen, sondern auch andere Unglücksfälle abdecken, zum Beispiel die Krankheit eines nahen Angehörigen. (wid)