Essen. . Rund acht Millionen Touristen kommen pro Jahr nach Brighton, dem größten Seebad Englands. In gut einer Stunde können Londoner die Stadt am Meer erreichen, die deswegen auch gerne “London by the Sea“ genannt wird. An den Wochenenden kommen viele zu einem “dirty weekend“ nach Brighton.
Freitagmittag in Brighton. Es ist kühl und regnerisch in Englands berühmtestem Badeort. Aber schon das Treffen mit Ruth vom Touristboard im Restaurant „The Chilli Pickle“ macht gute Laune. Ruth ist eine überaus fröhliche Person und das indische Essen scharf und lecker. Auch nebenan im trendy „My Hotel“ ist die Stimmung gut und der Hotelmanager Imran Hussein äußerst charmant.
Am späten Freitagnachmittag beginnt der Trubel, die Bar des Designhotels mutiert zum „Hot Spot“. An dem langen Tresen mit aneinander gereihten Fernsehmonitoren und lauter Musik amüsieren sich die Gäste laut und fröhlich. Ein Türsteher passt auf, dass der Laden nicht zu voll wird, auch wenn Mädels, aufgebrezelt in luftigen Minikleidchen, in der Kälte ausharren.
Brighton - das "London by the sea"
Nicht nur diese Bar ist überfüllt, auch die zahlreichen Pubs, Cafés und Restaurants können sich nicht beklagen. „Sorry, on weekends you need a reservation,“ heißt es in den Restaurants. Ganz London scheint das Wochenende an der See verbringen zu wollen, deshalb wird die eine Stunde entfernte Stadt auch „London by the sea“ genannt. Acht Millionen Touristen sollen es jährlich sein, die das 250.000-Einwohnerstädtchen überfallen, denn Brighton ist cool.
„Die meist jungen Besucher kommen, um hier ein „dirty weekend“ zu verbringen“, erzählt Alexandra Loske lachend, die seit vielen Jahren hier lebt und gerade an ihrer Promotion in Kunstgeschichte arbeitet. „Das Thema ist natürlich der Royal Pavilion. Der originelle Palast im indischen Stil mit chinesischer Innenausstattung spiegelt die extravagante und verschwenderische Persönlichkeit seines Gründers König Georg lV. wieder und ist das Wahrzeichen der Stadt.“ Ebenso berühmt wie die Sommerresidenz des Königs, heute ein Museum, ist der viktorianische Brighton Pier, die letzte noch verbleibende Mole, erbaut 1899. Heute beherbergt der architektonisch beeindruckende Bau, der unter Denkmalschutz steht, leider Spielhallen, Bars und Buden. Am äußersten Ende macht eine Achterbahn ihre Runden.
Wenn am Samstag die Sonne scheint, sind sowohl die Bewohner des ehemaligen Fischerdorfes als auch die Besucher nicht zu bremsen. Die Strandpromenade wird zur Partymeile. Neben Fish ‘n‘ Ships-Buden sind zahlreiche Verkaufsstände aufgebaut mit allerlei Krimskrams, Kitsch und Badeartikeln. Bier fließt in Strömen. Neben Sonnenanbetern in gestreiften Liegestühlen spielen durchtrainierte Männer Beachvolleyball, sehr zum Vergnügen der Zuschauer.
Militär-, Steal- und Rockbands unterhalten die Touristen
Nicht nur am Kieselstrand und auf der Promenade gibt’s Musik. Neben einer fünfköpfigen Band spielt ein Alleinunterhalter im Park auf der Sitar, eine Militärband schmettert im Garten des Royal Pavilion Märsche, bis sie von einer Rockband mit Verstärker abgelöst wird. Auf dem Platz vor der Library verbreiten Schüler mit ihrer Stealband gute Laune.
Das Herz Brightons schlägt in den engen, verwinkelten Gassen zwischen dem Royal Pavilion und dem Pier, in einer urigen Fußgängerzone, die bereits im Mittelalter entstand. In den „Lanes“ reihen sich Schmuckläden, Bistros, Pubs, originelle Boutiquen und Designerläden aneinander. Ein wunderbarer Ort, um sich zu verlaufen und um in eines der Cafés einzukehren zum Afternoontea mit Scones und Clotted Cream.
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Am Sonntagmorgen herrscht Stille, nur die Möwen machen mit lautem Geschrei auf sich aufmerksam. Brighton schläft – aber nicht mehr lange, denn die Sonne scheint, und alle wollen die klare Seeluft inhalieren. Dies ist die beste Zeit für einen Strandspaziergang zum Nachbarort. 1997 schloss Brighton sich mit Hove zusammen, einem eleganten Seebad, berühmt für edle Architektur und bunte, aneinander gereihte Strandhütten.
Historie und Moderne, Tradition und Toleranz verschmelzen zur Symbiose
Gegen elf Uhr geht der Trubel wieder los. Ein besonderer Ort, um das Defilé schräger Leute zu beobachten, ist die Gegend um North Laine. In den Cafés kann man stundenlang sitzen, es wird nie langweilig, denn hier treffen sich Künstler und Unangepasste, die kostümiert mit viel Kreativität und Mut zur Hässlichkeit die Straßen beleben. Auch sonntags sind hier ausgefallene Boutiquen, Musikshops und Secondhandläden geöffnet. Beeindruckend sind die kunstvollen Wandmalereien der Häuser in der Regent Street.
Selbst bei der Abreise in aller Frühe am Montagmorgen bietet Brighton etwas Besonderes, denn der Bahnhof ist ein architektonisches Meisterwerk. Der eindrucksvolle Bau aus Stahl und Glas wurde 1840 in Betrieb genommen.
Gut gelaunt steigen die Besucher in den Zug, nicht ohne sich zu versprechen, bald wiederzukommen. Denn Brighton ist ein besonderer Ort – ein Seebad, wo Historie und Moderne, Tradition und Toleranz zur Symbiose werden.