London.. Was heißt eigentlich „Knigge“ auf Englisch? Egal - das richtige Benehmen für die königliche Hochzeit können Sie auch bei uns lernen. Die Tipps taugen übrigens nicht nur für den großen Tag von William und Kate, sondern auch für jeden Englandurlaub.
Spätestens, wenn ein Brite sich bei Ihnen höflich nach dem Stand der Dinge auf dem „Kontinent“ erkundigt, wissen Sie, dass Sie auf einer Insel mit sehr speziellen Traditionen gelandet sind. Wer Kate und William persönlich zuwinken will, sollte es sich mit den Einheimischen nicht verscherzen. Dieser Kurzurlaub-Knigge hilft beim Umgang mit den Ladies und Gentlemen.
Alltagsregel 1: Überleben auf Londoner Bürgersteigen
Die Hauptstadt tickt schneller als jede deutsche Metropole und ihre Bewohner gehen nicht, sondern joggen regelrecht. Bewegen Sie sich auf einem Londoner Bürgersteig also am besten wie auf einer deutschen Autobahn: Bremsen Sie nicht abrupt, wenden Sie nicht und parken Sie unter keinen Umständen in Auf- oder Abfahrt. Touristen verursachen regelmäßig Fußgänger-Massenkarambolagen, weil sie orientierungslos am Ende einer U-Bahn-Rolltreppe stehen bleiben oder direkt vor den Ticketschranken nach ihrer Tagesfahrkarte kramen.
Auch ein gemächlicher Spaziergang, bei dem alle Familienmitglieder nebeneinander laufen, ist für Hauptstädter der pure Alptraum - weil eine solche Formation den Bürgersteig in voller Breite blockiert. Passen Sie sich dem Lauftempo der Londoner an oder ziehen Sie links rüber, wenn Sie auf die Karte gucken wollen. Achtung auf der Rolltreppe: Hier gibt es zwei „Spuren“: Rechts stehen, links laufen.
Alltagsregel 2: Von „Sorry“ und anderen Nettigkeiten
„Sorry“ ist die wichtigste Vokabel für Londonreisende, nicht nur im Getümmel der Prinzenhochzeit. Hauptstädter entschuldigen sich nicht erst, wenn sie jemanden auf den Fuß treten, sondern schon, wenn sie sich dicht am anderen vorbeizwängen müssen. Bei Kollisionen bricht eine wahre Entschuldigungsorgie aus: Es entschuldigt sich nicht nur der Rempler, sondern auch der Angerempelte. Lange Warteschlangen sind in London normal. Man erträgt sie mit stoischer Gelassenheit. Hier drängelt niemand - auch nicht, wenn er superwichtig ist. Laut hörbares Ausatmen oder Kommentare über eine ineffiziente Organisation, eben typisch deutsche Reaktionen, sollte man sich in London verkneifen.
Alltagsregel 3: Bitte nicht zu nahe kommen
Zu viel Nähe verträgt man in der Hauptstadt gar nicht gut. Bei der Kontaktanbahnung mit Einheimischen reicht ein schlichtes „Hello“. Bitte keine Wangenküsschen verteilen. Strecken Sie auch nicht die Hand aus - wenn Briten Sie mit einem Händedruck begrüßen wollen, werden sie den Anfang machen.
Alltagsregel 4: Small Talk
Briten sind Meister der angenehmen Gesprächsführung, so lange man bestimmte Fettnäpfchen meidet. Zählen Sie nicht gleich auf, welche Managementfehler Ihnen im Hotel, im Nahverkehr oder bei der Gepäckausgabe am Flughafen aufgefallen sind. Die Chancen stehen gut, dass Ihr Gesprächspartner durchaus mit den Mängeln seiner Heimat vertraut ist und auch darunter leidet. Er würde sich darüber aber nie beschweren und empfindet Kritik oder negative Äußerungen als Affront.
Wenn er also plötzlich das Thema wechselt, ist das ein Wink mit dem Zaunpfahl: Lassen Sie sich lenken und plaudern Sie über Vergnüglicheres! Fair Play gilt übrigens auch bei der Unterhaltung: Wer ein Gespräch durch Lautstärke oder Monologe zu sehr an sich reißt, gilt als ungehobelt. Anderen ins Wort zu fallen mag unter manchen Umständen in Deutschland erlaubt sein, doch auf der Insel sollte man dem Verlangen unbedingt widerstehen. Ein trocken-ironischer Kommentar ist immer willkommen. Ansonsten gilt: Bleiben Sie lässig!
Alltagsregel 5: Minenfeld Kneipe
In der Kneipe wird am Tresen bestellt. Man gibt kein Trinkgeld, zeigt aber, dass man ein netter
Zeitgenosse ist, indem man am Ende des Abends die leeren Gläser zurück zur Bar bringt. Reservieren Sie Ihren Stuhl im Pub bitte nicht mit einem Handtuch.
Alltagsregel 6: Mit Briten beim Dinner
Sollten Sie mit Briten essen gehen, wird die Rechnung meist hälftig aufgeteilt (“to go Dutch“) - egal, ob Sie nur Salat und Wasser und der andere ein Beefsteak und fünf Pints verdrückt hat. Eine genaue Aufsplittung der Kosten würde Sie als unerträglicher Geizkragen dastehen lassen. In vielen Restaurants ist in der Rechnung schon eine „Service Charge“ enthalten - damit entfällt das Trinkgeld. Eine Floskel für „Guten Appetit“ gibt es in England nicht, aber es ist de rigeur, dass Sie nach einer Einladung später ein Dankeskärtchen (keine Email!) schicken.
Alltagsregel 7: Englisch für Fortgeschrittene
In Deutschland weiß man immer, woran man ist - die Kommunikation ist klar und direkt. Nicht so auf der Insel, wo alles Unangenehme diplomatisch zwischen den Zeilen versteckt wird. Man wird Ihnen nie sagen, dass Ihre Meinung völlig abwegig, Ihr Outfit unmöglich oder Ihr Plan verrückt ist. Stattdessen heißt es: „Do you really think so?“ oder „Are you sure this is the best way?“. Wenn Briten etwas als „very interesting“ bezeichnen, ist das alles andere als ein Kompliment und heißt so viel wie „Himmel, was für ein Schwachsinn!“
Spitzen Sie unbedingt und dringend Ihre Ohren, wenn es „a tiny problem“ gibt, jemand „not happy“ oder „nicht beeindruckt“ von einer Angelegenheit ist: Da dies die drastischsten Negativformulierungen sind, zu denen Briten nur im Notfall greifen, steht entweder Ihr Hotel gerade in Flammen oder versteckt sich eine Würgeschlange unter Ihrem Salatblatt.