Paju. . Das Grenzgebiet zwischen Nord- und Südkorea ist seit vielen Jahren unberührtes Land. So konnte sich hier eine Vielfalt an Pflanzen und Tieren ansiedeln. Die Zone soll jetzt mit Wanderwegen erweitert werden, auf denen Touristen die Natur bestaunen können.
Bewaffnete südkoreanische Soldaten patrouillieren an Grenzposten mit Blick auf Nordkorea, das hinter einem Stacheldrahtzaun beginnt. Hunderte rote Fähnchen mit Totenschädel darauf warnen vor Minen. Der frühere US-Präsident Bill Clinton nannte das Grenzgebiet zwischen Nord- und Südkorea einst den "furchteinflößendsten Ort auf Erden". Ausgerechnet diese Region will Südkorea nun in eine Öko-Tourismus-Attraktion verwandeln.
Seit rund sechs Jahrzehnten, seit dem 1953 nur mit einem Waffenstillstand beendeten Koreakrieg, stehen sich Südkorea und der kommunistische Norden unversöhnlich gegenüber. Entlang der 248 Kilometer langen Demarkationslinie erstreckt sich zur Nord- wie zur Südseite eine je zwei Kilometer breite entmilitarisierte Zone. Während die letzte Grenze des Kalten Krieges die beiden Koreas trennt, hat sich das menschenleere Grenzgebiet zur friedlichen Zuflucht für diverse Tierarten entwickelt, für die die dichte Besiedlung andernorts zum Problem geworden ist.
Aus dem Kriegs-Überrest Nutzen ziehen
Dieses Phänomen will die südkoreanische Regierung in Seoul nun nutzen, um der Grenzregion ein positiveres Image zu geben: Künftig soll der hohe ökologische Wert des Gebiets beworben werden, Wanderrouten sollen Touristen nicht nur Zugang zu Naturschönheiten ermöglichen, sondern auch einen Blick auf den hermetisch von der Außenwelt abgeriegelten Norden ermöglichen. "Die entmilitarisierte Zone war jahrzehntelang Niemandsland, weshalb sich die dortige unberührte Natur perfekt für Öko-Tourismus eignet", schwärmt Park Mee Ja vom südkoreanischen Umweltministerium: "Es gibt hier so viel mehr als nur traurige Geschichte und den Krieg."
Die entmilitarisierte Zone und die angrenzenden Gebiete beheimaten nach Angaben der Regierung in Seoul rund 3000 Tier- und Pflanzenarten, darunter Otter, Bergschafe und Moschushirsche, die anderswo in Südkorea fast ausgestorben sind. Derzeit dürfen Touristen nur das sogenannte Waffenstillstandsdorf Panmunjom in der entmilitarisierten Zone besuchen, der Rest ist Sperrgebiet. Die südkoreanische Armee schränkt auch den Zugang von Besuchern zum direkt an die Zone angrenzenden Gebiet stark ein.
Ein Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart
Auch künftig wird es für Besucher zwar keinen erweiterten Zugang zur entmilitarisierten Zone geben. Doch nach langem Überlegen erklärte sich die südkoreanische Armee bereit, wenigstens das an diese Zone angrenzende Gebiet zugänglich zu machen - und dabei zu helfen, minenfreie Wanderwege zu planen. Bereits 2013 sollen im südkoreanischen Osten die ersten sieben bis neun Kilometer langen Wanderwege freigegeben werden, die in sechs bis acht Stunden erwandert werden können. Seoul will bei der UN-Kulturorganisation UNESCO zudem beantragen, dass die entmilitarisierte Zone zu einem der weltweit rund 500 Biosphären-Reservate ernannt wird.
Künftige Wanderer "werden entlang des Stacheldrahts laufen, von Hügeln aus auf nordkoreanisches Gebiet schauen und Schlachtfeld-Überbleibsel sehen können, die seit Jahrzehnten unverändert sind", sagt Park. Schon jetzt gibt es in Südkorea vereinzelt Möglichkeiten zur Naturbeobachtung in der Nähe der entmilitarisierten Zone. Park zufolge sind die neuen Wanderwege aber die längsten überhaupt im Süden der Zone.
Die neuen Wanderrouten wurden vor Jahren vom Militär entwickelt, um dort patrouillieren zu können. Das Militär wird auch allgegenwärtig bleiben, wenn künftig Wandergruppen das Gebiet südlich der entmilitarisierten Zone erobern. Denn nach der Eröffnung der Trekking-Wege sollen Soldaten Wandergruppen begleiten, damit diese nicht vom Weg abkommen und in vermintes Gebiet geraten. (afp)