Essen. Wer seinen Urlaub im Internet bucht, muss dazu nicht einmal das Haus verlassen. Doch auch der Gang ins Reisebüro kann Vorteile haben. Wir erklären, welche das sind - und warum wieder mehr Kunden den Besuch im Reisebüro der Buchung im Internet vorziehen.
Mit drei Klicks zum Traumurlaub: So einfach versprechen Urlaubs-Webseiten heute die Ferienbuchung. Sie locken damit, dass man nicht mal das Haus verlassen muss, um seinen Urlaub fix zu machen. Es geht ja auch vom Wohnzimmer aus.
Wer braucht da noch klassische Reisebüros? Es sind offenbar mehr, als man glaubt. Gerade erst hat der Deutsche ReiseVerband (DRV) erstaunliche Zahlen veröffentlicht. Die 10 240 Ladenreisebüros in Deutschland verkauften 2011 um 9,5 Prozent mehr Flüge und Urlaubsreisen. Wie kommt das? Nach zehn Jahren Erfahrung mit dem Internet weiß der erfahrene Reisekunde eben, dass auch im Web nur mit Wasser gekocht wird.
Identische Preise in allen Vertriebskanälen
Mit den drei Klicks ist es ja ohnehin nicht getan. Geschlagene neun Stunden, fand die Reiseanalyse 2011 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen heraus, sitzt der durchschnittliche Internetbucher vor dem Laptop, bevor er sich entscheidet. Wie viel Frustration darin steckt, sagt die Umfrage nicht.
Billiger ist es im Internet jedenfalls nicht. Alle renommierten Reiseunternehmen sorgen für identische Preise in allen Vertriebskanälen. Das ist auch nötig. Denn Internet-Reisebüros haben keineswegs automatisch günstigere Kosten. Wenn man die hohen Entwicklungskosten und Werbeaufwendungen einschließt, ist eher das Gegenteil der Fall.
Kunden sind eindeutig preissensibler geworden
Durchs Internet sind die Kunden eindeutig preissensibler geworden. Allerdings bezweifelt nicht nur DRV-Präsident Jürgen Büchy, dass die Internetportale wirklich Preistransparenz bieten: „Bei manchen sieht die Rechnung ganz anders aus, wenn man bei der Endsumme angekommen ist.“ Da ist der Urlauber im klassischen Reisebüro auf der sicheren Seite.
Die breitere Auswahl, die Internetvertreter wie Michael Buller vom Verband Internet Reisevertrieb (VIR) für sich reklamieren, ist relativ. Schließlich hat der Reisebüromitarbeiter auch Zugriff auf alle Angebote im Internet. Ob er sie auch nutzt, ist hingegen eine andere Frage.
Im Reisebüro gibt es den echten Ansprechpartner
Oft lässt er zu Recht die Finger davon. Nicht alle Reiseveranstalter sind schließlich gleich verlässlich. Oder wie es Neckermann Reisen-Chef Peter Fankhauser formuliert: „Ein Computer, eine Schnittstelle zu Datenbanken, ein Logo und eine Website: Mehr ist heute nicht nötig, um Reiseveranstalter zu werden.“ Ob man solchen Anbietern die schönsten Wochen des Jahres anvertrauen will, ist wiederum eine andere Sache.
Dass Reisebüros manchmal mehr auf ihre Superprovision als auf den Superurlaub für den Kunden schielen, ist eine Tatsache. Aber im Internet ist das nicht anders. Auch dort wird am eifrigsten beworben, was am einträglichsten ist. Und im Reisebüro kann (und sollte) man beim Verkäufer wenigstens einmal nachfragen: Ist dieser Anbieter wirklich der günstigste? Dann ist er verpflichtet, wahrheitsgemäß zu antworten. Rechtlich gesehen besteht zwischen der Buchung einer Pauschalreise im Internet und im Reisebüro zwar kein Unterschied. Doch wenn am Ende etwas schief läuft, dann hat man im Reisebüro wenigstens einen echten Ansprechpartner und nicht nur ein Mängelformular vor Augen.
Vor allem haben aber die Reisebüros an Beratungsqualität zugelegt. Zugegeben geschah das nicht immer ganz freiwillig.
Gute Beratung istnach wie vor gefragt
Das einfache Geschäft – wie den Flug von Frankfurt nach London – bucht inzwischen fast jeder online. Und so bleibt den Reisebüros nur noch: gut beraten oder untergehen.
Von 20 000 Reisebüros um die Jahrtausendwende ist gerade mal die Hälfte übrig geblieben. Und das sind die, die ihren Job gut machen. Viele haben sich spezialisiert, verkaufen gezielt Cluburlaub oder Kreuzfahrten, Studienreisen oder Sportferien und kennen sich dann auch exzellent in ihrem Bereich aus.
Verkäufer kennen Tricks
Im Reisebüro von heute kann man sich eine Option geben lassen und die Sache noch mal mit der Familie besprechen. Die Verkäufer haben eine direkte Hotline zu den Veranstaltern für Sonderwünsche wie ein bestimmtes Zimmer. Und sie wissen Tricks, wie man einen ausgebuchten Flug oder einen anderen Flugtermin doch noch realisieren kann.
Das müssen sie auch. Denn wie die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen festgestellt hat, kommt die Mehrzahl der Urlauber heute gut vorbereitet ins Reisebüro. Sie hat sich im Internet bereits schlau gemacht und bucht auch nicht sofort, sondern schaut sich gern das ins Auge gefasste Hotel noch mal in aller Ruhe zu Hause in Google Earth und bei einem Bewertungsportal an, bevor wirklich gebucht wird.
Denn wer heute im Reisebüro bucht, der tut es immer häufiger nicht deswegen, weil er es im Internet nicht könnte, sondern weil er eben das Beste aus beiden Welten kombinieren will.