Düsseldorf/Dortmund. Reisebüros leiden häufig unter einem schlechten Image: keine ausreichende Beratung, wenig Service und überhöhte Preise. Touristiker Oliver Wolf hat ein neues Konzept erarbeitet, um dem entgegenzuwirken. Wir haben es getestet - inkognito.
Ein Bild, das so gar nicht zum Urlaub passen will: Da möchte man als Urlauber seine schönsten Wochen des Jahres planen, träumt von Sonne, Palmen und Salsa tanzenden Menschen in Mexiko, stößt aber selbst im Reisebüro eines großen Düsseldorfer Veranstalters auf eine Servicewüste, die eher den Eindruck einer verstaubten Buchungsannahmestelle vermittelt. „Mexiko? Da fahren Sie besser im Winter hin. Schauen Sie sich die Kataloge an und kommen dann wieder“, rät die Dame hinter dem Schalter – schon stehe ich mit einem Stapel Reisekataloge unterm Arm wieder vor der Tür.
Mittlerweile gibt es einige Reisebüros, die gegen das schlechte Image ankämpfen, mit individuellerer Beratung, mehr Service – und die selbst im schwierigen Zeitalter des Internets das persönliche Gespräch mit Kunden suchen. Wir wollen sehen, was dran ist an den neuen Beratungskonzepten und testen zwei Reisebüros – inkognito.
Kampf gegen schlechtes Image
Dem schlechten Reisebüro-Image hat unter anderem der erfahrene Touristiker Oliver Wulf den Kampf angesagt: Mit mehreren Urlaubs-Domains gehört er zu den großen Anbietern der Online-Reisebranche. Und trotz seines Engagements im Internet hat er Ende 2009 in Düsseldorf ein „Reisebüro der Zukunft“ mit einem elfköpfigen Team eröffnet – als Gegenpol in einer Branche, in der immer häufiger das traurige Wort vom Reisebürosterben die Runde macht. Laut des Deutschen Reiseverbandes (DRV) gab es 2010 bundesweit 10 370 Reisebüros, 2008 waren es noch rund 11 000.
Ein blauer Teppich empfängt mich in der „Urlaubsexperte-Lounge“ hinter breiten Fensterfronten im grauen Düsseldorfer Süden – so tiefblau wie Meer und Himmel gemeinhin in den Urlaubskatalogen aussehen. Das ist kein Zufall, auch riesige Strand- und Palmen-Poster an der Wand hinter den Kundentischen sollen Lust auf Urlaub machen. Eine Kinderbetreuerin in der Spielecke kümmert sich um die Kleinen. Ein ähnliches Konzept in der Dortmunder Innenstadt: Auch das „Stoffregen Reisecafé“ will mit aufgeschüttetem Sand, Liegestühlen und Cocktailbar – direkt vorm Reisebüro – Emotionen wecken, seit Mitte 2009.
„Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“, werde ich in Düsseldorf empfangen und zur Fachfrau für Mexiko und Zentralamerika geführt. Ein Glas Wasser wird zum individuellen Gespräch gereicht. Die sympathische Reisefachfrau sitzt in der Abteilung Kreuzfahrten – neben Flugreisen für Familien ein rentabler Schwerpunkt des Büros. Zielgruppe: eher nicht Backpacker. Der Bereich ist in maritimen Blautönen und mit Wandbildern von Luxus-Dampfern dekoriert. Ebenso bei der Dortmunder Konkurrenz. Maritime Urlaubslust mit Lounge-Atmosphäre.
Individuelle Beratung zu ungewöhnlichen Zeiten
„Mexiko? Ja, da ist wirklich der Winter die bessere Reisezeit. Sehen Sie, hier ist die Klimatabelle online“, sagt sie. Man sucht nach einem passenden Angebot – online und in Katalogen. Die Expertin, die selbst schon in Zentralamerika unterwegs war, erklärt, dass die meisten Kunden über das Internet-Angebot der „Lounge“ in das Düsseldorfer Reisebüro zur individuellen Beratung kommen.
Das Reisebüro ist doch nicht so tot, wie viele glauben. Einer Studie zufolge, die 2008 unter anderen von der TUI initiiert wurde, informieren sich viele Urlauber im Netz, buchen aber doch lieber persönlich. „Research online, purchase offline“ (Ropo) nennen Marktforscher das. Die „Reisebüros der Zukunft“ sind eine Antwort auf Ropo, dessen Markt bundesweit ein Volumen von mittlerweile rund sechs Milliarden Euro hat. Auch Sibylle Zeuch vom DRV weiß: „Viele nutzen das Internet zur Information, buchen aber im Reisebüro. Vor allem, wenn es nicht nur um ein Bahn- oder Flugticket geht, sondern persönliche Beratung gefragt ist.“
Reise-Weisheiten
Auch in Dortmund liegt der Schwerpunkt deshalb auf guter, individueller Beratung. Der nette Mitarbeiter, mit dem man in einer der drei offenen Kabinen sitzt, kennt sich in Mexiko bestens aus: „Gerade in Yucatán ist es noch sicher, abends können Sie gut rausgehen“, erklärt er und rät zu einer Selbstfahrer-Rundreise mit Badeurlaub am Ende. Auf einem großen Flatscreen direkt vor des Kunden Nase erläutert er die verschiedenen Angebote.
„Haben Sie schon mal eine Kreuzfahrt gemacht?“, fragt mich die Reiseverkehrskauffrau als ich am Wasser nippe. Die Dampfer hätten längst ihr staubiges Image verloren, sagt sie. „Es sind mittlerweile viele jüngere Gäste an Bord, auch bei den Touren in die Karibik.“ Auf der persönlichen Ebene kommt man sich näher, plaudert erneut über die Sicherheit in Zentralamerika. Sie selbst habe eine Tour durch Kuba gemacht: „Havanna war ein Traum.“ Das gewünschte Urlaubsfeeling ist da. „Die kleineren Hotels haben zwar meist nicht so viel Komfort, sind aber intim. So wie in Mexiko“, erzählt die Düsseldorfer Reisekauffrau. Ich fühle mich ernst genommen – und gut beraten, in beiden Büros.
Auch wenn ich am Ende beider Gespräche wieder Kataloge unterm Arm halte, fühle ich mich doch gut informiert. Als wir uns verabschieden, drücken mir beide ihre Visitenkarten in die Hand. In Düsseldorf wird werktags bis 21 Uhr telefonisch beraten, in Dortmund sogar am kompletten Wochenende bis 18 Uhr gebucht – ungewöhnliche, aber kundenfreundliche Beratungszeiten. Wahrscheinlich der richtige Ansatz, damit sich das Geschäftsmodell des Reisebüros auch in Zukunft bewährt.
www.urlaubsexperte.de, Tel.: 0211/88 24 96 21
www.stoffregen-reisecafe.de,Tel.: 0231/22 53 02 00