Berlin. . Partystadt Berlin? Von wegen: Mit dem “Klub der Republik“ eine der letzten Diskotheken in Prenzlauer Berg, im (ehemaligen) In-Viertel wird's ruhig. Die Branche spricht schon davon, Berlin werde zur Schlafstadt. Tourismuswerber indessen versuchen, zu beschwichtigen: So schlimm sei's doch gar nicht.

Das Clubsterben in Berlin geht weiter. Ende des Monats schließt mit dem "Klub der Republik" eine der letzten Diskotheken in Prenzlauer Berg. Im einst so quirligen Viertel wird es nachts langsam ruhig. Betreiber verschiedener Berliner Clubs fürchten nun weitere Schließungen. Berlin drohe der Ruf einer Schlafstadt, sagt der Vorsitzende des Branchennetzwerkes Clubcommission, Olaf Möller. Tourismuswerber warnen dagegen vor allzu großer Hysterie.

Das zweigeschossige Haus in der Pappelallee 81, das den "Klub der Republik" beherbergt, soll bereits im Februar Baggern weichen. Ein Investor hat das Grundstück gekauft und will dort Eigentumswohnungen bauen. Olaf Möller spricht von einer "dramatischen Entwicklung". Ihm fallen auf Anhieb etliche Diskotheken ein, in denen mittlerweile die Lautsprecher der Musikanlage verstummt sind. 2010 habe beispielsweise der 59 Jahre alte Traditionsclub "Knaack" nach zwei Jahren juristischen Tauziehens aufgeben müssen, erzählt er. Die neuen Nachbarn aus den umliegenden Eigentumswohnungen hatten sich über Lärm in der Nacht beklagt und dagegen geklagt. "Nicht alle Clubbetreiber haben die finanziellen Mittel, um mal eben eine neue Schallschutzmauer zu bezahlen", unterstreicht Möller, der dem Netzwerk aus etwa 110 Verantwortlichen von Kultur- und Musikveranstaltungen vorsteht.

Diskotheken verschwanden nicht dauerhaft

Viele Diskotheken, die schließen mussten, verschwanden jedoch nicht dauerhaft aus dem Stadtbild. Es habe auch Wieder- und Neueröffnungen gegeben, nur leider "nicht immer zentrumsnah", sagt Möller. "Wir befürchten, dass es als nächstes in Mitte eine Verdrängung kleiner Clubs geben könnte." Betroffen von dieser Entwicklung sei hauptsächlich der frühere Osten der Stadt, weil es dort mehr freie Flächen gebe als im Westen. Zwtl.: 35 Prozent der Touristen erkunden Nachtleben Berlins Nach Angaben der Tourismus Marketing Gesellschaft Visit Berlin gibt es in der Stadt etwa 1.300 Clubs. Sie sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Bei einer Umfrage unter Touristen gaben 35 Prozent an, das Nachtleben Berlins erkundet zu haben. Befragt wurden dafür nach Angaben von Visit Berlin zwischen Mai 2009 und April 2010 mehr als 1.100 Menschen.

Allein von Januar bis November vergangenen Jahres übernachteten 20,7 Millionen Touristen in der Hauptstadt. Die Clubs seien ein wichtiger Anziehungspunkt für die jungen Besucher, hebt Visit-Geschäftsführer Burkhard Kieker hervor. Er hält jedoch die Diskussion über die Schließung einzelner Clubs für überzogen und schädlich. "Berlin ist die Stadt des Wandels", betont er. Die Clubszene ziehe innerhalb der Stadt weiter. Auf eine Schließung folge in der Regel eine Neueröffnung. Es gibt seiner Ansicht nach lediglich eine Verlagerung der Clubszene innerhalb Berlins.

Berlin hat weltweit einzigartige Clubkultur

Möller weiß um die Bedeutung der dieser Szene. "Wir haben eine weltweit einzigartige Clubkultur." Um diese zu erhalten, müsse der neue Senat seinen Fokus stärker auf die Kulturpolitik richten. Zudem sollten in den Bezirken eigens Flächen für Musiker und Künstler vorgehalten werden, damit Kulturschaffende nicht aus dem Zentrum verdrängt und "freie Flächen nicht an den Meistbietenden verhökert werden", fordert Möller. Zugleich müssten die Hürden für Kredite an Clubbetreiber gesenkt werden. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat inzwischen angekündigt, die Musikbranche stärker zu fördern.

Nach Angaben von Senatssprecher Richard Meng soll eine Million Euro im Doppelhaushalt 2012/2013 in ein sogenanntes Musicboard fließen, das analog zum Medienboard als Unterstützer der Branche gedacht ist. Damit solle die Perspektive für Berlin als Musikstandort insgesamt gestärkt werden, betont Meng. Allerdings, so gibt Möller zu bedenken, heiße Musikförderung nicht, dass "die Clubs finanziell besser ausgestattet sein werden". (dapd)