Berlin. Laut Zukunftsforscher Ulrich Reinhardt wird auch künftig jeder dritte Deutsche Urlaub im eigenen Land machen. Auch die junge Generation entdeckt zunehmend die Vorzüge des Heimatlandes. Beliebte Auslandsziele sind derzeit Spanien und Italien.

Das beliebteste Reiseziel der Bundesbürger bleibt nach Worten des Zukunftsforschers Ulrich Reinhardt Deutschland. Mehr als jeder Dritte werde auch in Zukunft zwischen Garmisch-Partenkirchen und Flensburg Urlaub machen, sagte der wissenschaftliche Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen der Nachrichtenagentur dapd. Nicht nur die Älteren entdeckten ihr Heimatland, sondern zunehmend auch die junge Generation.

Sie wisse, dass das Leben nicht mehr so unbeschwert wie in den 80er Jahren sei, wo viele durch die Welt tingelten, sagte Reinhardt. Andererseits stünden sie mit Freunden aus Singapur oder Los Angeles in Kontakt und wollten bei diesen günstig ein paar Tage verbringen.

Unter den ausländischen Reisezielen bleibe Spanien vorerst die unangefochtene Nummer Eins. Italien werde dieses Jahr seinen zweiten Platz verteidigen können, spüre aber zunehmend den Druck der Türkei, sagte Reinhardt. Griechenland musste zuletzt Einbußen hinnehmen. Der Mittelmeerstaat sei nicht mehr günstiger als seine Nachbarländer, sagte er. Viele Deutsche hätten zudem Angst, wegen der Diskussionen um die Euro-Krise im Land nicht mehr beliebt zu sein.

Urlaub dient nicht der Erholung, sondern dem Erlebnis

Dienten Reisen früher vor allem der Erholung, stünden heute die Erlebnissuche und der Kontrast zum Alltag im Vordergrund. Der Reisende wolle in eine Traumwelt eintauchen, wenn auch nur für zwei Wochen, sagte Reinhardt. Stress sei wahrscheinlich, wenn der Urlauber sich zu viel vornehme. Der Zukunftsforscher rät, nicht nur gemeinsame, sondern auch individuelle Zeiten im Urlaub zu verbringen.

Denn: Die Freizeit der Deutschen werde immer begrenzter. Derzeit umfasse sie durchschnittlich vier Stunden pro Tag, sagte Reinhardt. Die Menschen verbrächten immer mehr Zeit mit unfreiwilligen Tätigkeiten außerhalb des Berufes. Dazu gehörten Einkaufen, Wegezeiten, vielleicht auch ein Verwandtenbesuch. Hinzu kämen viele Möglichkeiten, die Zeit zu verbringen, sagte Reinhardt. Stress sei da eine große Gefahr.

Partnerschaft, Ehe und Familie liegen im Trend

Halt in der hektischen Zeit gäben den meisten Bürgern die eigene Familie. Für sie sei es der Platz, "der jederzeit barmherzig ist", sagte Reinhardt. Gerade für die junge Generation werde Partnerschaft, Ehe und Familie immer wichtiger. "Das ist eine Art Renaissance", sagte er. Vergessen sei die "Null-Bock-Generation" der 80er Jahre, die sehr ich-bezogen gelebt habe. Ausgelöst habe die Änderung vielleicht der Terroranschlag vom 11. September 2001, vermutete der Forscher.

Andererseits wolle die junge Generation nichts verpassen. Die Verantwortung für die Wertvermittlung gäben junge Eltern wegen der Doppelbelastung von Beruf und Familie häufig mit ihren Kindern am Schultor ab, erklärte Reinhardt. Schule bereite jedoch in erster Linie auf den Beruf vor und könne die Vermittlung nicht leisten. Die Kirchen hätten mit 2.000 bis 3.500 Austritten jährlich andere Sorgen.

Übrig blieben die Medien, sagte Reinhardt. Die Frage sei, wie verantwortlich diese in Zukunft mit der Aufgabe umgingen. Detaillierte Ergebnisse unter anderem zu Tourismus, Freizeit und Medien will die Stiftung für Zukunftsfragen im Laufe des Jahres vorlegen. Sie beruhen in der Regel auf repräsentativen Befragungen von 1.000 bis 5.000 Bundesbürgern ab einem Alter von 14 Jahren. (dapd)