Indonesien. Bisher hat keine von den indonesischen Behörden ergriffene Maßnahme geholfen, um Reisende von den Dächern fahrender Züge zu vertreiben. Jetzt sollen oberhalb der Bahnlinie angebrachte Betonkugeln das „Zugsurfen“ verhindern - eine womöglich sogar tödliche Methode.

Mit einfallsreichen Methoden gehen die indonesischen Behörden seit langem gegen Pendler vor, die auf den Dächern fahrender Züge reisen. Sie bespritzten die Menschen unter anderem mit roter Farbe und bedrohten sie mit Hunden. Auch wandten sie sich Hilfe suchend an die religiösen Führer des Landes.

Doch der Erfolg blieb bislang aus. Jetzt soll eine womöglich sogar tödliche Methode das „Zugsurfen“ verhindern: Der Einsatz von Betonkugeln von etwa der Größe einer Grapefruit, die über den Bahnlinien an Stellen angebracht werden, wo die Züge eine Station anfahren oder sie verlassen.

„Wir haben so ziemlich alles probiert, sogar die Platzierung von Stacheldrahtrollen auf dem Dach, aber nichts scheint zu funktionieren“, sagt ein Sprecher des staatlichen Eisenbahnunternehmens PT Kereta Api, Mateta Rizahulhaq. Vielleicht seien die Betonkugeln jetzt der Schlüssel zum Erfolg.

Menschen klettern auf Zugdächer

Hintergrund: In Indonesien sind die Züge regelmäßig überfüllt, vor allem während der Hauptverkehrszeiten. Hunderte Menschen klettern dann auf die Dächer der Züge, um die rappelvollen Wagen zu meiden oder aber, um keine Fahrkarte kaufen zu müssen. Anderen macht das Surfen auf den Zügen offenbar einfach nur Spaß – trotz der Gefahren und Unfälle, bei denen jedes Jahr Dutzende getötet oder verletzt werden.

Die ersten Betonkugeln wurden in der vergangenen Woche einige hundert Meter von der Einfahrt eines Bahnhofs nahe der indonesischen Hauptstadt Jakarta angebracht. Die Silber lackierten Kugeln hängen an Ketten, die an einem Rahmen befestigt sind, der an ein großes Fußballtor erinnert. Weitere Kugeln sollen künftig in der Nähe von Bahnübergängen platziert werden. Sollte das Projekt erfolgreich sein, werde es ausgeweitet, erklärte Rizahulhaq.

„Es klingt so, als könnte es sehr gefährlich sein“

Auf die Gefahr angesprochen, dass die Betonkugeln Menschen verletzen oder gar töten könnten, erwidert Rizahulhaq, dass dies nicht wirklich sein Problem sei. Rizahulhaq erläutert weiter: „Die Passagiere müssen schließlich nicht dort oben sitzen. Und wir haben ihnen bereits zu verstehen gegeben: ,Sollte der Zug voll sein, gehen Sie ins Büro.’ Wir erstatten ihnen gerne ihre Fahrkarten.“

Doch ob die Betonkugeln wirklich den von den Behörden erwünschten Erfolg bringen, ist fraglich. Anhänger des „Zugsurfens“ kündigten bereits an, auch weiterhin lieber auf dem Zug als darin reisen zu wollen. „Ich hatte große Angst, als ich das erste Mal von diesen Kugeln hörte“, sagt der 27-jährige Ladenbesitzer Mulyanto, der fast täglich zwischen seiner Heimatstadt Bogor und Jakarta hin und her pendelt. „Es klingt so, als könnte es sehr gefährlich sein.“

„Es gefällt uns da oben – es ist wirklich angenehm“

Mulyanto glaubt allerdings nicht, dass die Betonkugeln von großer Dauer sein werden. „Die Behörden haben doch schon alles versucht, um uns vom Fahren auf den Dächern abzuhalten“, sagt der junge Mann. Aber: „Am Ende gewinnen wir immer. Uns gefällt es da oben, es ist windig und wirklich angenehm.“

Viele Zugfahrer glauben, dass das Hauptproblem und somit der Ursprung allen Übels das heruntergekommene Schienennetz Indonesiens sei. Es würde nicht genug Züge geben, um die Nachfrage zu decken, ist da die einhellige Meinung. Zudem komme es ständig zu Verzögerungen im Betrieb, beklagen sie. „Die Menschen haben Jobs. Sie können nicht zu spät kommen“, sagt Händler Parto, der an der Börse in Jakarta arbeitet. Wenn ein Zug Verspätung habe, täten die Menschen das, „was immer sie tun müssen“, erklärt er das Phänomen.

Indonesien leidet

Indonesien im Ausnahmezustand: Indonesier transportieren Lebensmittel.
Indonesien im Ausnahmezustand: Indonesier transportieren Lebensmittel. © REUTERS
Hunderte Häuser wurden zerstört, deswegen...
Hunderte Häuser wurden zerstört, deswegen... © Reuters
...leben diejenigen, die ihre Häuser verloren haben, in Zelten.
...leben diejenigen, die ihre Häuser verloren haben, in Zelten. © AP
Helfer versorgen die Obdachlosen mit dem Nötigsten. Frachtflugzeuge bringen Hilfsmittel ins Katastrophengebiet.
Helfer versorgen die Obdachlosen mit dem Nötigsten. Frachtflugzeuge bringen Hilfsmittel ins Katastrophengebiet. © Reuters
In einer Kirche in Sikakap werden Verletzte versorgt und finden dort ein Dach über dem Kopf. 20.000 Obdachlose leben jetzt in Notunterkünften wie dieser Kirche und in Zelten.
In einer Kirche in Sikakap werden Verletzte versorgt und finden dort ein Dach über dem Kopf. 20.000 Obdachlose leben jetzt in Notunterkünften wie dieser Kirche und in Zelten. © AP
Diese Frau verlor, wie viele andere, auf den Metawi Inseln ihr Haus und Angehörige.
Diese Frau verlor, wie viele andere, auf den Metawi Inseln ihr Haus und Angehörige. © AP
Über 270 Menschen starben bei den Unglücken. Diese Überlebenden warten auf einem Strand im Westen Sumatras auf Hilfe.
Über 270 Menschen starben bei den Unglücken. Diese Überlebenden warten auf einem Strand im Westen Sumatras auf Hilfe. © AFP
Der Vulkan Merapi, dessen Aktivität am vorigen Wochenende erheblich zunahm und...
Der Vulkan Merapi, dessen Aktivität am vorigen Wochenende erheblich zunahm und... © REUTERS
dessen Ausbruch am Dienstagabend (Ortszeit) mindestens 28 Menschen das Leben kostete.
dessen Ausbruch am Dienstagabend (Ortszeit) mindestens 28 Menschen das Leben kostete. © REUTERS
Ein Kind mit seinem Vater auf dem Weg durch zerstörtes Gebiet.
Ein Kind mit seinem Vater auf dem Weg durch zerstörtes Gebiet. © REUTERS
Indonesische Soldaten suchen nach dem Vulkanausbruch in den Trümmern nach Überlebenden.
Indonesische Soldaten suchen nach dem Vulkanausbruch in den Trümmern nach Überlebenden. © AP
Helfer säubern den Borobudur Tempel von Vulkanasche.
Helfer säubern den Borobudur Tempel von Vulkanasche. © AP
Einer von Hunderten Verletzten in Sleman.
Einer von Hunderten Verletzten in Sleman. © AFP
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