Bremerhaven.

Direkt am Weserdeich ist ein Ufo gelandet. So scheint es jedenfalls. Doch der futuristische Bau ist kein Raumschiff, er beherbergt das Klimahaus. Innen geht es entlang des Längengrads 8 Grad Ost einmal um die Welt, durch die verschiedenen Klimazonen der Erde. Im Juni 2009 reiste sogar Weltstar Bob Geldorf an, um das Erlebnis-Museum zu eröffnen. Denn der Klimawandel ist dort ein wichtiges Thema. Doch das Klimahaus ist nur eine der neuesten Sehenswürdigkeiten in Bremerhaven. In den Havenwelten gleich hinterm Deich gelangen Besucher von einer Attraktion in die nächste.

Bremerhaven wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Das Stadtbild ist von Nachkriegsbauten aus den 50er bis 70er Jahren geprägt und die sind – man muss es leider sagen – nicht besonders schön. Die Stadt an der Wesermündung musste sich also etwas einfallen lassen, um für Touristen attraktiv zu werden. Entstanden sind die Havenwelten im Alten und Neuen Hafen. Wirtschaftlich hatten sie keine Bedeutung mehr, denn der Überseehafen war längst weiter Richtung Nordsee gewandert. Er brauchte Platz, schließlich hat er mit 4930 Metern das längste Container-Terminal der Welt. Vom Deich aus sind die Dimensionen zu erahnen.

Einen noch besseren Ausblick gibt es auf der Sail City-Aussichtsplattform. Sie befindet sich im 21. Stockwerk des gleichnamigen Hotels, das sich wie ein Segel über dem Klimahaus erhebt. Unten die Havenwelten mit dem Auswandererhaus, dem Schifffahrtsmuseum, dem Museumshafen und dem Einkaufszentrum Mediterraneo. Neben dem alten Leuchtturm kuschelt sich der kleine „Zoo am Meer“ an den Weserdeich, nördlich davon sind Kreuzfahrt- und Container-Terminal zu sehen und noch ein Stückchen weiter die Nordsee. Im Süden mündet die Geeste in die Weser, dahinter liegt der Fischereihafen. Auch dort hat sich einiges getan: Das Schaufenster Fischereihafen wartet mit weiteren Attraktionen auf.

Im Zwiebellook durch große Hitze und bittere Kälte

Die Zeit vergeht in den Erlebniswelten wie im Fluge – man tritt dort lange Reisen an. Im Klimahaus geht es von Bremerhaven in die Berge der Schweiz, die mediterranen Landschaften Sardiniens, die Wüsten des Niger, in den Regenwald Kameruns, in die Antarktis, zum Südseetraum Samoa, nach Alaska und auf die Hallig Langeneß. Es ist ratsam, sich im Zwiebellook zu kleiden, denn die Temperaturen entsprechen der jeweiligen Region: Im Niger herrscht große Hitze, in Kamerun kommt noch die hohe Luftfeuchtigkeit dazu, während es in der Antarktis bitterkalt ist.

Doch es geht nicht nur darum, die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen zu spüren. Es geht auch um das Leben der Menschen in den jeweiligen Regionen. Und um den Klimawandel. Wie entstehen Klima und Wetter? Wie verändert sich unsere Welt? Was können wir tun? Nach einem Besuch im Klimahaus war man nicht nur endlich mal in der Südsee, man ist auch um einiges schlauer.

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Die zweite große Reise führt nach New York. Über sieben Millionen Menschen sind bis heute über Bremerhaven in Richtung Amerika ausgewandert, vor allem während der großen Auswanderungswellen im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute steht hier das Deutsche Auswandererhaus, das mit viel Liebe zum Detail diese Zeiten wieder aufleben lässt. Wenn man über eine Gangway scheinbar selbst ein Schiff betritt und unten am Kai die nachfolgenden Besucher für geschäftiges Treiben sorgen, fühlt man sich selbst wie ein Auswanderer. Der Anblick des Unterdecks eines Seglers, in dem die ersten Auswanderer in drangvoller Enge und ohne sanitäre Anlagen ausharrten, löst Beklemmungen aus. Und Respekt vor den Menschen, die diese Strapazen für die Möglichkeit eines besseren Lebens auf sich nahmen.

Die späteren Auswanderer hatten es da besser. Sie waren auf Ozeandampfern unterwegs, deutlich komfortabler, mit richtigen Kojen, Toiletten und Waschgelegenheiten. Dafür reisten sie in großer Ungewissheit: In New York gab es inzwischen das berüchtigte Einwandererzentrum Ellis Island. Wie schnell es zur Endstation werden konnte, kann man selbst ausprobieren. Am „Immigration Desk“ können einige der Fragen beantwortet werden, die Ankömmlingen damals gestellt wurden. Ein „Ja“ an der falschen Stelle bedeutete, dass man umgehend wieder zurückgeschickt wurde.

Über Bremerhaven geht es in die „neue Welt“

Doch viele schafften es und im Auswandererhaus können Besucher ihren Geschichten nachspüren. Von berühmten Persönlichkeiten wie dem Hollywood-Gründer Carl Laemmle oder gar nicht berühmten wie Martha Hüner, die mit 17 Jahren in die USA aufbrach. Sie ist eine der Personen, die Besucher während ihres Aufenthalts begleiten. Oder umgekehrt. Jeder bekommt einen Auswanderer zugeteilt und kann sich dessen Geschichte erzählen lassen.

Danach ist der richtige Zeitpunkt, um sich bei einem Spaziergang auf dem Weserdeich den Wind um die Nase wehen zu lassen. Da kann nach den Eindrücken des Auswandererhauses schon etwas Fernweh aufkommen. Doch erst einmal geht es in Bremerhaven weiter: Mit einem Bummel durch den Museumshafen mit dem Dampf-Eisbrecher „Wal“ und dem starken Watten-Bergungsschlepper „Goliath“ und historischen Segelschiffen, einem Besuch im „Zoo am Meer“ oder einem Abstecher zum Schaufenster Fischereihafen einige Kilometer weiter. Die Gebäude im historischen Hafen, in dem einst die Fischer in ihre Fanggründe aufbrachen, wurden restauriert, neue wurden hinzugefügt. Herausgekommen ist ein buntes Angebot. Es gibt Restaurants, Geschäfte, mit dem Atlanticum ein kleines, aber feines Aquarium mit Nordsee-Bewohnern wie Plattfischen, Rochen und Katzenhaien und einen historischen Fischmarkt, auf dem frisch geräuchert wird. Am Kai liegt die FMS „Gera“, ein Fischtrawler a. D., der Einblick ins harte Leben der Fischer gibt.

Wer dann immer noch Zeit übrig hat, dürfte keine Probleme haben, diese auszufüllen. Zum Beispiel mit einer Bus- oder Schiffstour zum Containerhafen, einem Ausflug zu den Seehundbänken in der Wesermündung oder einer Radtour entlang des Weserdeichs. Bremerhaven hat da einiges zu bieten.