Bremerhaven. Treppab in die Antarktis, treppauf nach Kamerun, acht Länder in vier Stunden: Das „Klimahaus” in Bremerhaven entführt auf eine Reise durch acht Klimazonen. Der Freizeitpark mit Anspruch wurde mit dem Umweltpreis ausgezeichnet.
Die Welt wird ja immer kleiner, aber dass man sie heutzutage schon in drei, vier Stunden umrunden kann, hätte man auch wieder nicht gedacht. Und das allein, indem die Leute Treppen steigen, Aufzug fahren und recht viele Kälteschutzvorhänge beiseite schieben – das sind diese schweren Kunststoffbahnen, wie sie auch in den Türrahmen von Kühlhäusern hängen. Treppab in die Antarktis, treppauf nach Kamerun, acht Länder in vier Stunden, der Traum japanischer Reisegruppen; gottlob fällt wenigstens der Nieselregen weiter, der in Bremerhaven zum bewährten Lokalkolorit zählt.
Aber der Regen fällt draußen, nicht hier im Innern des Klimahauses, einem neuen Ausstellungsbau rund um das Weltklima, dem einzigen, wie es heißt; er liegt in der Form einer gewaltigen Amöbe gläsern hinterm Deich.
Zum Teil ist dieses Klimahaus ein Museum zum Mitmachen, wo man zum Beispiel selbst Wind entfachen kann, Eis beim Schmelzen zusieht oder Luft erhitzt, bis sie aufsteigt – man drückt insgesamt allerlei Knöpfe und erntet Aha-Effekte. Zum Teil ist es harte Wissensvermittlung. Der populärste Abschnitt ist jedoch „Reise”, das sind jene acht Klimazonen, die man betritt. Mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts wird ein alter Bildungsbürgersatz bedient: Reisen bildet. Der Satz ist so wahr, der gilt sogar, wenn man, wie hier, gar nicht reist.
Künstliche Strände. Tiere schreien
Alle Wetter! Räume sind so gestaltet, als sei der Besucher dort: Sardinien, Samoa, Alaska. Künstliche Strände, künstliche Berge, Tiere schreien, Gerüche ziehen durch, auf Bildschirmen stellt sich jeweils eine einheimische Familie vor, die über ihr Wetter erzählt und über dessen Veränderungen. Und, natürlich, herrscht in den Räumen Originalklima: minus 20 Grad in der Antarktis, aber 38 Grad auf Samoa bei 85 Prozent Luftfeuchtigkeit. Bremerhavener Nieselregen bei 18 Grad ist eigentlich gar nicht so schlecht!
Verglichen mit der Wüste von Niger etwa: Auch in diesem Saal ist es wahrheitsgemäß heiß, im Sand bleichen Knochen, und alle zwölf Minuten fällt ein Tropfen Wasser auf einen Krüppel von Baum. Soviel zum Thema Dürre! „Als ich noch eine junge Frau war, sah ich Dinge, die ich jetzt nicht mehr sehe”, sagt eine eingespielte Afrikanerin dazu: „Giraffen, Vögel Strauß, Antilopen, früher gab es genug.”
Unterhaltung und Information
Spätestens jetzt liegt die Botschaft auf der abgearbeiteten Hand: Das Klimahaus will unterhalten, aber auch informieren über den Wandel. „Das Klima gehört heute zu den Themen, die die Menschen am meisten bewegen”, sagt Ideengeber Carlo Petri: „Wir wollen mit leicht verständlichen und wissenschaftlich fundierten Angeboten mehr Orientierung schaffen.” Da muss man mal zugeben: Selten ist ein Freizeitpark so punktgenau gelandet in einem großen Gegenwartsthema. Daher sei „die Resonanz gewaltig”, so Jochem Schöttler von der Bremerhaven Touristik.
Für die Stadt ist das Klimahaus der letzte Baustein auf dem Weg, Touristen zu gewinnen über alternde Watt-Wanderer hinaus. Zwischen Innenstadt und Weser, wo vor zehn Jahren noch überwiegend Autos auf Brache parkten, entstanden die „Havenwelten”: aus Auswanderermuseum und Schifffahrtsmuseum, dem Zoo am Meer, dem Einkaufszentrum Mediterraneo, dem Vier-Sterne-Hotel Atlantic Sail, dessen aufstrebende Gestalt nicht ganz zufällig erinnert an das Angeberhotel Burj Al Arab in Dubai.
Wie geht es weiter?
Womit wir wieder in der Wüste wären, oder wenigstens im Klimahaus. Da entsteht zur Zeit noch eine Abteilung „Chancen”, die Tipps geben wird, was jeder tun kann, um das Klima zu schützen. Bisher endet die Ausstellung mit dem an die Wand geworfenen Satz „Wie geht es weiter?”, und durch Zufall steht an diesem Morgen der gelbe Aufsteller der Putzkolonne darunter und gibt auch eine Art Antwort: „Vorsicht Rutschgefahr!”