Essen. Viele Essener fliehen vor dem schlechten Wetter in den Süden - und bescheren der Touristikbranche einen unverhofften Boom.
Das miese Sommerwetter beschert den Essener Reisebüros einen unverhofften Boom: Zahlreiche Kunden, die eigentlich einen Urlaub auf Balkonien geplant hatten, wollen nun nichts wie weg.
„Für uns ist das Wetter ein Segen“, gesteht Joachim Kostka, Verkaufsbüroleiter im First Reisebüro Am Handelshof in der City. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der Spätbucher „spürbar“ gestiegen. „Dabei macht sich auch die bessere Wirtschaftslage bemerkbar, aber viele Leute fliehen regelrecht vor Kälte und Regen.“ Gebucht werde querbeet, „nur warm muss es sein“.
Wer von jetzt auf gleich verreisen wolle, müsse eine gewisse Flexibilität hinsichtlich des Reiseziels mitbringen, „dann kriegen wir ihn auch weg“. Kostka denkt da zum Beispiel an den Familienvater, der am Dienstag zu ihm kam und noch in dieser Woche abheben wollte. Er habe für die vierköpfige Familie einige günstige Angebote gefunden, etwa eine Türkei-Reise all inclusive: 3500 Euro für 14 Tage.
„Egal wohin, Hauptsache Sonne“
Grundsätzlich müsse man sich jedoch von der Annahme verabschieden, dass Last-Minute-Reisen besonders günstig seien, mahnt Kostka. Das bestätigt auch Meike Herbold vom Reisebüro Christoph Heger am Stadtwaldplatz. „Die Veranstalter locken die Kunden seit geraumer Zeit mit Frühbucher-Rabatten, weil sie so besser kalkulieren können.“ Ihre Stammkunden hätten sich darauf längst eingestellt und planten ihre Reisen mit viel Vorlauf. „Manche buchen schon ein Dreivierteljahr vorher, gleich wenn die neuen Kataloge rauskommen.“
Im verregneten Sommer 2011 sei diese Regel allerdings außer Kraft gesetzt, sagt Meike Herbold. „Im Moment kommen ständig Leute, die es ganz eilig haben, die Stadt zu verlassen und in den Süden zu reisen. Wir machen hier von morgens bis abends Last Minute.“ Nicht nur Alleinreisende und Paare seien so spontan, sondern auch viele sonnenhungrige Familien: Jeder zweite Kunde wolle noch etwas für die laufenden Schulferien buchen. Fürs Geschäft sei der überraschende Ansturm ja höchst erfreulich, für sie selbst bedeute das auch Stress. „Ich freu mich schon auf meinen Urlaub im September.“
Last Minute ist nicht immer billig
Was Joachim Kostka und Meike Herbold beobachten, bestätigen bei einer Umfrage viele andere Reisebüros: Die Leute wollen schnell weg und sie bevorzugen südliche Gefilde wie die Kanaren, Mallorca, Griechenland - und die Türkei. „Dort erreichen die Temperaturen jetzt 40 Grad, und diese Hitze schreckt die Leute nicht ab, im Gegenteil“, sagt Aytekin Gümüsburun, Geschäftsführer vom Reisebüro Sonnenklar.TV am Limbecker Platz. Der meistgehörte Kundenwunsch: „Egal wohin, Hauptsache Sommer, Sonne, Strand.“ Bloß gehe dieser Wunsch oft mit falschen Preisvorstellungen einher. „400 Euro für eine Woche all inclusive - da rate ich: Lassen Sie die Finger davon.“
Noch immer hofften viele Last-Minute-Kunden auf ein Schnäppchen, dabei gehen die Preise angesichts schwindender Kontingente eher in die Höhe. „Wir haben Probleme, für bestimmte Termine bezahlbare Flüge nach Mallorca zu bekommen“, sagt Sonja Steffens von „Columbus Reisen“ im Bredeneyer Tor. Mancher Kunde scheue aber weder Mühen noch Umwege, um an die Sonne zu gelangen, weiß eine Mitarbeiterin von Lucky Luke Tours an der Uni: „Wir hatten eine Familie, die im Auto zum Flughafen Nürnberg gefahren ist und dort eingecheckt hat.“