Rügen. . Die Strände an Deutschlands Küsten sind leer - Tief Otto hat die Urlauber mit Regenfällen und Wind verscheucht. Es gibt allerdings auch Gewinner: Die Museen und Gastronomiebetriebe küstennaher Städte haben Konjunktur.

Hochsaison an der Küste sieht anders aus. Missmutig schaut Martin Kruggel gen Himmel. Sein Blick schweift am Samstag über den fast menschenleeren Ostseestrand. Nur eine Handvoll Unverwüstlicher trotzt dem Dauerregen und stapft mit Regenschirm und Regencape durch den pitschnassen Sand. "Die Geschäfte laufen schlecht", sagt der Unternehmer, der im Nobelbad Binz auf der Insel Rügen mehrere Hundert Strandkörbe vermietet und auch einige Verkaufspavillons betreibt.

Normalerweise seien die Strandkörbe im Juli und August fast ausgebucht, sagt Kruggel. "Aber jetzt bin ich schon froh, wenn in ihnen wenigsten mal ein paar Gäste für eine Stunde Schutz vor dem Regen suchen und dem Wetter mit einem guten Buch oder einer Flasche Wein trotzen." Die Hotels und Pensionen gleich hinter Mecklenburg-Vorpommerns Dünen sind in diesen Tagen fast komplett ausgebucht, doch die Urlauber flüchten derzeit von der Küste wieder zurück ins Hinterland.

Hafenkneipen und Restaurants profitieren

Seit Mittwoch stauen sich tagsüber die Autokolonnen kilometerweit auf den Inselabfahrten. Auf der neuen Rügenbrücke zum Beispiel ging am Samstag zeitweise gar nichts mehr. Denn zur Abreise zum Bettenwechsel in Rügens Hotels komme auch noch der Run auf Stralsund, sagte ein Polizeisprecher. Tristesse an der Küste. Doch in der UNESCO-Welterbe-Stadt, die am Wochenende wieder Tausende zu den traditionellen Wallenstein-Tagen lockte, klingelten die Kassen.

"Parkplätze sind Mangelware, wir raten den Gästen zum Umstieg auf den Bus", sagte ein Sprecher der Stadt. Vor allem die Hafenkneipen und Restaurants in der Altstadt profitierten derzeit. Tief Otto spiele der Stadtgastronomie, die sonst unter sonnigem Wetter eher leide, in die Karten, sagt Matthias Dettmann vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) Mecklenburg-Vorpommern.

Rekorderlöse in den Museen

Zu den Gewinnern gehören auch die Museen. Schon kurz vor der Öffnung des Ozeaneums um 9.30 Uhr drängelten sich jetzt die Gäste in langen Schlangen auf der Hafeninsel, sagt die Sprecherin des Meeresmuseums Diana Quade. Seit Tagen würden an der Kasse täglich bis zu 7.000 Karten und mehr verkauft. "Es ist fantastisch", freut sich auch Corinna Gallas vom Pommerschen Landesmuseum in Greifswald, das in diesem Sommer mit der Grafikausstellung "Papierne Schätze" massenweise Kunstinteressierte von Rügen und Usedom in die Hansestadt lockt. Täglich kämen derzeit drei- bis viermal so viele Menschen in die Galerie wie sonst üblich.

Selbst kleine Einrichtungen im Hinterland profitieren von der Flucht der Urlauber ins Trockene. Die Bänke der Hörspielkirche Federow am Müritz-Nationalpark seien sogar besser besetzt als zum Festgottesdienst, sagt Projektleiter Jens Franke. Nicht nur die nachmittäglichen Kinderhörspiele, sondern auch die Krimi-Abende oder die Hörspielangebote zum Kleist-Jahr lockten die Urlauber zum Lauschen unter dem Altar. Der Nordosten biete viele Alternativen zum Sonnenbad am Strand, sagt Urlauber Torsten März aus Berlin. Eine vorzeitige Abreise wegen Dauerregens komme für seine Familie jedenfalls nicht in Frage.

Auch beim Landestourismusverband gibt man sich vorerst gelassen. "Wir erleben einen Juli, der ähnlich daneben geht wie 2004", sagte Geschäftsführer Bernd Fischer. Natürlich fehlten die kurzentschlossenen Tagesurlauber, die sich wegen des Schiet-Wetters einen Trip in den Norden erst mal klemmten. Eine Massenflucht von der Ostsee registrierten die Hotels aber nicht. "Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Bilanz zum Jahresende wieder stimmen wird!" (dapd)