Essen. . Der Naturschutzbund hat die Klimabilanz der schwimmenden Kleinstädte unter die Lupe genommen. Knapp 1,8 Millionen Deutsche zog es 2014 auf das Meer.
Sonnendeck, Ozean, Traumschiff – die Deutschen zieht es aufs Meer. Im vergangenen Jahr sind knapp 1,8 Millionen Reisende aus Deutschland auf Kreuzfahrt gegangen, fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Helge Grammerstorf, Marktexperte vom Branchenverband CLIA, glaubt, dass bis 2016 die Zwei-Millionen-Marke geknackt wird. Nur: Welches Schiff ist das Beste? Der Naturschutzbund (Nabu) hat dazu am Donnerstag ein eigenes Ranking vorgestellt. Die Sieger heißen: Aida und der italienische Mutterkonzern Costa Cruises. Und der Verlierer: Viking Ocean.
Keine Filter vorgeschrieben
Den Umweltschützern geht es dabei nicht um billige Preise, schmucke Kabinen und sonstigen Komfort, sondern um saubere Luft und Klimaschutz. Kreuzfahrtschiffe sind wie schwimmende Kleinstädte, sie brauchen viel Energie. Und sie tanken anders als Autos oder Lkw zumeist Schweröl.
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Der Treibstoff hat eine besonders schlechte Umweltbilanz. Daniel Rieger, Verkehrsexperte des Nabu, erklärt: „Das ist der Abfall, der in der Raffinerie übrig bleibt und aus dem alle anderen höherwertigen Kraftstoffe schon rausgeholt sind.“ Aus dem Schiffsschornstein qualmen dann besonders viele Schadstoffe: Ruß und Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickoxide. Für Schiffe sind bislang aber keine Partikelfilter und Katalysatoren wie in Autos vorgeschrieben.
Weltweit 350 große Kreuzfahrtschiffe
350 große Kreuzfahrtschiffe gibt es derzeit weltweit. Aber viele Gesellschaften ordern neue, die Werften haben zu tun. Die Nabu-Experten haben nun jene Schiffe analysiert, die bis 2020 auf den Markt kommen sollen: nach Treibstoffart, Abgastechnik und sonstigen Maßnahmen, um Schadstoffe zu mindern. Ihr Fazit: „Technische Lösungen stehen bereit“. Das zeigten die Spitzenunternehmen.
Der in Rostock ansässige Aida-Konzern hatte schon das Ranking im vergangenen Jahr gewonnen: Seine beiden Schiffe, „Prima“ und Mia“, die in der Mitsubishi-Werft im japanischen Nagasaki gefertigt werden, waren zu den beiden „Neubauten mit der besten Abgastechnik“ gekürt worden. Noch sind die beiden nicht fertig. Die Prima soll – später als geplant – Ende des Jahres von Hamburg aus auf Reisen gehen. Die Mia wird dann einige Monate später ausgeliefert.
Platz für 6600 Gäste
Die Kreuzfahrtgesellschaft hat aber bereits einen Vertrag für zwei weitere, noch namenlose Schiffe unterzeichnet, die 2019 und 2020 den Dienst aufnehmen. Dann werden sie jeweils 6600 Gästen Platz bieten. Zum Vergleich: Die bisherigen zehn Schiffe, die für Aida unterwegs sind, nehmen maximal 2500 Passagiere auf einer Fahrt mit, bei der Prima sollen es 3250 sein.
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Für die Umweltschützer zählt freilich nicht die Größe. Aber: Der geplante Antrieb ist für die Kreuzfahrtbranche neu. Die Ozeanriesen sollen mit verflüssigtem Erdgas, dem Liquified Natural Gas, kurz LNG, nahezu sauber unterwegs sein – ohne Ruß, kein Schwefel, kaum Feinstaub. Der italienische Mutterkonzern Costa lässt ebenfalls zwei dieser Schiffe bauen.
Aida will Marktführer bleiben
Auf den Preis für die Seereisen wirke sich der Einbau der modernen Technik nicht aus, sagt Monika Griefahn, Direktorin für Umwelt und Gesellschaft im Aida-Vorstand. „Wir müssen konkurrenzfähig sein“, meint sie. Und weiter: „Wir sind Marktführer und wir wollen das bleiben. Umweltschutz wird immer wichtiger.“ Einer müsse vorangehen, die modernen Techniken in Gang bringen, dann setzten sie sich nach und nach durch und würden auch billiger. Noch täten sich neben Viking Ocean „Marktgrößen“ wie Royal Caribbean und MSC Cruises aber schwer mit dem Umweltschutz, kritisiert Nabu-Experte Daniel Rieger.
Das Gros der Anbieter, darunter auch TUI Cruises, plane Schiffe, die weiter mit „giftigem Schweröl“ fahren könnten. Mit einer Ausnahme: Für Nord- und Ostsee gelten seit diesem Jahr strengere Umweltauflagen. Dort dürfen die Schiffe nur noch mit Schiffsdiesel, nicht aber mit dem billigeren Schweröl fahren. Der Schwefelgehalt in diesem – wie Experten sagen – marinen Diesel ist geringer, aber deutlich höher als im Kraftstoff für den Straßenverkehr.