Essen. . Das Abpumpen von 2000 Tonnen Treibstoff aus der gekenterten Costa Concordia ist in vollem Gange. Die Bergung ist kompliziert, da sich in den Tanks das gefährliche Schweröl befindet. Eigentlich ist das Sondermüll - aber billiger als das sauberere Schiffsdiesel. Deshalb sind Schiffe größere Dreckschleudern als alle Autos weltweit.
Das Abpumpen von über 2000 Tonnen Treibstoff aus der gekenterten Costa Concordia ist in vollem Gange. Die Bergung ist kompliziert und konnte erst vier Wochen nach der Havarie am 13. Januar beginnen, da sich in den Tanks überwiegend das gefährliche Schweröl befindet. Warum Schiffe mit Schweröl fahren und was das für die Umwelt bedeutet:
Was ist Schweröl?
Schweröl ist ein Abfallprodukt der Raffinerien, das nach der Aufspaltung von Erdöl in die Kraftstoffe Benzin und Diesel und andere sogenannte Destillate übrigbleibt. Es ist klebrig und dickflüssig wie Honig und mit Sand und Schlamm versetzt. Es ist außer für die Teerherstellung nur noch zum Verbrennen geeignet. An Land müsste es in den meisten Ländern wie in der EU als Sondermüll teuer entsorgt werden.
Wie gefährlich ist ausgetretenes Schweröl?
Das zähflüssige Schweröl lässt sich bei Schiffshavarien nur nach einer schwierigen Aufwärmung abpumpen. Ausgetretenes Schweröl kann kaum von der Meeresoberfläche abgeschöpft werden und verseucht langfristig weite Flächen des Meeresgrunds.
Fahren nur Kreuzfahrtschiffe mit Schweröl?
Nein. Rund 90 Prozent der etwa 100.000 Schiffe auf den Weltmeeren, darunter rund 550 Kreuzfahrtschiffe, setzen Schweröl als Treibstoff ein.
Gibt es Alternativen zu Schwerlöl?
Ja. Der viel saubere Schiffsdiesel kostet jedoch zurzeit 1000 Dollar gegenüber 700 Dollar die Tonne bei Schweröl. Wegen der Umweltbelastung spricht das Umweltbundesamt von Schiffen als „Sondermüllverbrennung auf See“.
Wie groß ist die Umweltbelastung von Schweröl als Schiffstreibstoff?
Durch den bislang 4500mal so hohen zulässigen Schwefelanteil von Schweröl gegenüber modernem Pkw-Diesel entstehen bei der Verbrennung Abgase mit extrem hohen Anteil an Schwefeloxiden (SOX). Nach Berechnungen stoßen die 15 größten Containerschiffe soviel SOX aus wie alle 800 Millionen Pkw auf der Welt. Dazu kommt ein hoher Ausstoß an Ruß, Stickoxiden und als krebserregend geltenden Kohlenwasserstoffverbindungen.
Wie hoch ist die Umweltbelastung durch Schweröl?
In küstennahen Gebieten wie in Norddeutschland ist die gemessene Feinstaubbelastung durch Schweröl-Schiffe laut Greenpeace höher als durch Industrie und Autos. Der Feinstaub des Schiffsverkehrs wird laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz für 50.000 Todesfälle im Jahr durch Lungenkrebs und Herzerkrankungen verantwortlich gemacht.
Darf überall mit Schweröl gefahren werden?
Nein. Im Hafen muss auf Schiffsdiesel umgestellt werden. Seit August darf auf der Südhalbkugel unterhalb des 60. Breitengrads überhaupt kein Schweröl mehr mitgeführt werden, um das empfindliche Ökosystem der Antarktis zu schützen. Auch in Nord- und Ostsee darf nur noch schwefelärmerer Schiffsdiesel eingesetzt werden, ab August auch an den Küsten Nordamerikas. 2020 soll nur nochmals schwefelreduzierter Schiffsdiesel erlaubt sein.
Warum fahren auch „weiße“ Urlaubsschiffe mit dem schwarzen Schweröl?
Das liegt natürlich in erster Linie an den Kosten. Der Markt ist hart umkämpft. Ein Anbieter, der jetzt freiwillig auf Schweröl verzichtet, ginge unternehmerisch ein hohes Risiko ein, da er die Kosten für den teureren Treibstoff an die Kunden weitergeben müsste.
Wie hoch wären die zusätzlichen Kosten für den Passagier?
Laut Kreuzfahrt-Experte Oliver Scholl aus Hamburg kann eine besonders günstige Reise gemessen an der Preisdifferenz Schweröl/Schiffsdiesel maximal um ein Drittel teurer werden. Möglich wäre auch eine geringere Steigerung des Reisepreises – dann müssten sich die Veranstalter das Geld aber durch erhöhte Bordkosten wieder reinholen. Unterm Strich bliebe eine deutlich teurere Kreuzfahrt. Luxusfahrten wären weniger betroffen.
Machen sich Kreuzfahrt-Veranstalter gar nichts aus dem Umweltschutz?
Doch. Aber eben nur bis zu einem gewissen Punkt. Die meisten Reeder lassen ihre Flotte heutzutage deutlich langsamer über die Weltmeere fahren. Ein Schiff, das nicht Vollgas (ca. 20 Knoten), sondern etwa 15 Knoten fährt, verbraucht knapp ein Drittel weniger Treibstoff. Moderne Schiffe sind zudem mit einem reibungsärmeren Unterwasseranstrich versehen, was auch etwa vier Prozent Treibstoff einspart.