Berlin. Lange galten Kreuzfahrtschiffe als Dreckschleudern. Doch mittlerweile tut sich etwas, denn viele Reedereien schauen zunehmend auf den Umweltschutz.
Aida gibt Gas - im wörtlichen Sinn. Zwei Neubauten der Rostocker Reederei sollen komplett mit sogenanntem LNG fahren, also Flüssigerdgas. Auch Costa kündigte vor kurzem eine solche Investition an. Zwar gehen die Schiffe erst 2019 und 2020 an den Start, doch sie stehen für einen Trend: Die Kreuzfahrt wird grüner. Zumindest ein bisschen.
Lange Zeit galten die Ozeanriesen als absolute Dreckschleudern. Noch 2011 erhielten sie vom Umweltschutzverband Nabu die zweifelhafte Auszeichnung "Dinosaurier des Jahres". Ein Kreuzfahrtschiff stoße so viel Feinstaub aus wie eine Million Autos, hatte der Nabu damals errechnet. Die Zahl wird von der Branche zwar bis heute in Zweifel gezogen. Aber dass das, was aus vielen Schornsteinen der Schiffe herauskommt, nicht gerade besonders sauber ist, darüber gibt es wenig Zweifel. "Die Fortschritte an Land in Sachen Abgase werden auf See negativ überkompensiert", sagt Daniel Rieger, Verkehrsreferent beim Nabu. Doch jetzt tut sich was - allen voran in Deutschland. Das zeigt auch das Kreuzfahrtranking 2015 des Nabu.
Für die Umwelt zentral ist die Frage des Treibstoffs und der Abgase. Lange Zeit fuhren fast alle Schiffe mit Schweröl - eigentlich ein Abfallprodukt aus der Erdölverarbeitung. "An Land dürften solche Anlagen gar nicht betrieben werden", sagt Rieger. Verbunden damit war ein enormer Ausstoß an Abgasen. Deutlich umweltfreundlichere Alternativen wären Schiffsdiesel oder eben LNG. Doch das ist erheblich teurer und in vielen Häfen zudem noch kaum verfügbar, wie Lucienne Damm, Environmental Manager bei Tui Cruises, erklärt.
Nachhaltigkeit hat auch eine ökonomische Ebene
Aida Cruises hat sich dennoch zu diesem Schritt entschlossen. In der "Aida Prima", die nach mehreren Verzögerungen jetzt im Frühjahr 2016 an den Start gehen soll, steckt ein Dual-Fuel-Motor, der sowohl mit herkömmlichen Treibstoffen als auch für die Zeit im Hafen mit LNG betrieben werden kann. Außerdem gibt es eine Filteranlage, die laut Umwelt-Direktorin Monika Griefahn zwischen 90 und 99 Prozent der Stickoxide, Schwefeloxide und Rußpartikel herausfiltert. Die zwei für Ende des Jahrzehnts bestellten noch namenlosen Neubauten werden dann sowohl im Hafen als auch auf See mit LNG betrieben. "Wenn diese Schiffe so ausgerüstet in Betrieb gehen, wäre das ein Riesenschritt nach vorne", erkennt Rieger an. Auch die Schwestermarke Costa hat zwei solcher Schiffe bestellt.
Derzeit noch die saubersten Schiffe hat nach eigenen Angaben Tui Cruises. "Die "Mein Schiff 3" und "Mein Schiff 4" sind aufgrund ihres Abgasnachbehandlungssystems die momentan wohl saubersten Kreuzfahrtschiffe auf dem Markt", sagt Damm. Sie verbrauchten rund 30 Prozent weniger Energie als vergleichbare Schiffe.
Allein aus Liebe zur Umwelt rüsten die Reedereien aber nicht auf. "Nachhaltigkeit hat nicht nur eine ökologische Ebene, sondern auch eine ökonomische: Die Investitionen sparen langfristig Geld", gibt Damm zu. Und seit 2012 gilt zum Beispiel eine globale Obergrenze für Schwefel im Treibstoff von 3,5 Prozent.
Zahlen die Kunden für den Klimaschutz
Der Nabu kritisiert weiterhin, dass einige Reedereien sogenannte Scrubber einbauen - statt auf umweltfreundlichere Kraftstoffe umzusteigen. Diese riesigen Abgaswaschanlagen filtern mit Meerwasser einen Teil der Partikel aus den Abgasen, vor allem Schwefeloxide. Dabei werden jedoch bei weitem nicht alle Abgase herausgefiltert.
Auch für die Bewohner in den Hafenstädten ist die Belastung groß. Meist laufen die Motoren einfach weiter. Als eine Alternative galt lange Zeit Landstrom. Doch viele Zweifel bleiben, auch bei Umweltschützer Rieger. Für das in Landstromanlagen investierte Geld könne man auf den Schiffen deutlich mehr erreichen.
Beim Thema Abgase wird letztlich ausschlaggebend sein, wie sich die Passagiere entscheiden. "Die Kunden sagen, sie sind bereit, mehr zu zahlen, wenn das Schiff umweltfreundlich ist, in der Praxis ist es aber kein Verkaufsargument", sagt Damm. Da stimmt auch Rieger zu: "Auf Freiwilligkeit allein können wir nicht setzen. Die Leute sind nur bedingt bereit, für Klimaschutz mehr zu zahlen." (dpa)