Essen. Wer bei Lebensmittelkontrollen gut abschneidet, kann in NRW mit einem Smiley werben. Doch das Siegel ist wenig bekannt und bei Gastwirten kaum gefragt, klagt die Verbraucherzentrale. Sie fordert verbindliche Plaketten. Zudem sollen die Ergebnisse der Kontrollen ins Inernet gestellt werden.

Kolja Dedivanovic möchte ein ehrlicher und ordentlicher Gastwirt sein, sagt er. Seine Gäste sollen wissen, dass bei ihm auch hinter den Kulissen alles sauber läuft. Dort also, wo sie normalerweise nicht nachschauen können, in der Küche etwa oder auf der Personaltoilette. Deshalb ist Dedivanovic stolz auf das lächelnde Gesicht mit der Schleife. Der Duisburger Stadtdirektor persönlich hat den Smiley auf den Schaukasten neben dem Eingang seines Restaurants geklebt. Er lächelt von der Homepage und von Visitenkarten. Und beweist, dass das „Haus Duissern“ in Duisburg bei amtlichen Lebensmittelkontrollen besonders gut abschneidet.

Vor zwei Jahren hat das NRW-Verbraucherschutzministerium den „Hygiene-Smiley“ in 13 Städten und Kreisen eingeführt - unter anderem in Duisburg, Düsseldorf, dem Kreis Olpe und dem Märkischen Kreis. Im Kampf gegen Schimmelpilze und Schaben in Restaurant-Küchen und Imbiss-Buden sollte das Gütesiegel dem Verbraucher Orientierung geben und die Wirte zur Sauberkeit anspornen. Das „Haus Duissern“ war unter den ersten fünf Unternehmen, die in NRW ausgezeichnet wurden. Inzwischen werben 26 von 2990 Gaststätten in Duisburg mit dem Smiley. Die Betriebe können das Siegel freiwillig beantragen, wenn sie bei den Kontrollen gut bewertet werden.

„Bei Verbrauchern weitgehend unbekannt“

Muss seinen Gästen immer wieder die Bedeutung des Smileys erklären: Kolja Dedivanovic vom
Muss seinen Gästen immer wieder die Bedeutung des Smileys erklären: Kolja Dedivanovic vom "Haus Duissern" in Duisburg. Foto : Stephan Eickershoff © WAZ

Besonders hart geht der Berliner Bezirk Pankow gegen Schmuddel-Lokale vor. Seit Anfang des Jahres hat man dort eine Liste mit rund 40 unsauberen Restaurants, Imbissen, Fleischereien und Bäckereien ins Internet gestellt und damit bundesweit Aufsehen erregt. Jetzt kann der Verbraucher nachlesen, wo sich Schaben und Fliegen tummeln und wo der Bierkeller verschimmelt. In NRW greift man dagegen nur zum Zuckerbrot und lässt die Peitsche lieber im Schrank. Mit eher bescheidener Wirkung: Das lächelnde Logo taucht lediglich in 300 Firmen im ganzen Land auf. Laut Verbraucherzentrale NRW beteiligen sich im Schnitt weniger als zwei Prozent der Unternehmer an der Kampagne. In Düsseldorf werben gerade einmal 18 von rund 3300 Betrieben mit dem Gütesiegel.

Für die Verbraucherschützer ist der Smiley ein Flop. „Die Hygieneplakette wird von den Gastwirten kaum angenommen und ist bei den Verbrauchern weitgehend unbekannt“, sagt Margarete Besemann von der Verbraucherzentrale NRW. Auch bei Kolja Dedivanovic mischt sich unter den Stolz bisweilen Frust, wenn er seinen Gästen immer noch erklären muss, was das lächelnde Gesicht zu bedeuten hat. „Schade, wir geben uns solche Mühe und niemand weiß Bescheid“, klagt er.

Im Verbraucherschutzministerium werden die Zahlen jedoch ganz anders interpretiert. Von mangelndem Zuspruch ist dort keine Rede. Im Gegenteil: In dieser Woche verkündete das Ministerium die Auszeichnung des 300. Unternehmens. „Der Smiley ist ein Gewinn für alle. Die ausgezeichneten Betriebe haben einen Wettbewerbsvorteil und die Verbraucher erkennen mit einem Blick, welcher Betrieb sauber und ehrlich arbeitet“, teilte Minister Eckhard Uhlenberg (CDU) mit. Und auch Ministeriums-Sprecher Markus Fliege ist überzeugt, dass sich das Qualitätssiegel im Land durchsetzen werde. Zurzeit denke man darüber nach, die Kampagne auch auf andere Kommunen auszuweiten.

„Siegel kratzt am Berufsethos“

Anlass für die Einführung des Siegels war die hohe Beanstandungsquote bei Lebensmittelkontrollen. Diese lag seit Jahren bei rund 20 Prozent, ein Großteil davon betraf Hygienemängel. Sind die Gaststätten in NRW seit der Smiley-Aktion sauberer geworden? Das wolle man bis Ende des Jahres prüfen, versichert Fliege.

Vielen Wirten bereitet das Lächel-Gesicht dagegen Bauchschmerzen: Das Siegel kratze fast schon am Berufsethos, erklärt Thorsten Hellwig, Sprecher der Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Nordrhein. Schließlich wolle man sich nicht mit etwas auszeichnen, das selbstverständlich sei. Grundsätzlich begrüße der Verband das Siegel. „Wir wollen uns nicht in die Schmollecke stellen. Hygiene ist zweifelsohne ein wichtiges Thema“, sagt Hellwig. „Aber es geht einigen auch darum, daraus kein Riesenproblem zu machen.“

Schmuddel-Lokale sollen mit einem Motz-Gesicht gekennzeichnet werden, fordert die Verbraucherzentrale NRW. Foto: imago
Schmuddel-Lokale sollen mit einem Motz-Gesicht gekennzeichnet werden, fordert die Verbraucherzentrale NRW. Foto: imago

Die Verbraucherzentrale NRW fordert deshalb verbindliche Markierungen, um die Zögerlichkeit der Unternehmer zu beenden. Vorbildlich sei das Bewertungssystem in Dänemark, sagt Verbraucherschützerin Besemann. Dort sind Gaststätten gesetzlich verpflichtet, das Siegel anzubringen. Es gibt vier Plaketten vom Smiley (mit Auszeichnung) bis zum Motz-Gesicht mit heruntergezogenen Mundwinkeln für mangelhafte Sauberkeit. „Nur ein Siegel mit unterschiedlichen Bewertungen schafft für den Verbraucher Klarheit, da es Vorzeige-Restaurants von Schmuddel-Lokalen optisch eindeutig unterscheidet“, sagt Besemann. In Dänemark sei das Modell ein voller Erfolg. Während 2002 noch 70 Prozent der Betriebe die Höchstwertung erhielten, waren es 2008 bereits 82 Prozent „Das zeigt, dass man damit Druck auf die Unternehmen ausüben kann.“

Dehoga gegen "Internet-Pranger"

Doch die Verbraucherschützer wollen noch einen Schritt weiter gehen. Die Betriebe sollen zudem gezwungen werden, die Ergebnisse der amtlichen Hygienekontrollen wie in Berlin-Pankow ins Internet zu stellen. Bei diesem Gedanken fällt Thorsten Hellwig vom Dehoga nur ein Wort ein: „Internet-Pranger“. Hier würden Betriebe nachhaltig geschädigt, klagt er. Auch wenn sie die Mängel längst behoben hätten, bliebe das Stigma in den Köpfen der Kunden bestehen.

Auch das Verbraucherschutzministerium ist dagegen, allerdings aus ganz praktischen Gründen. „Eine Internet-Veröffentlichung ist mit zu großem Aufwand verbunden“, sagt Fliege. Die Verbraucher könnten sich auch bei den Behörden vor Ort nach den Ergebnissen der Lebensmittelkontrollen erkundigen.