Essen. Wir fragten Leser nach ihrer persönlichen Liebesgeschichte im Frühling. Ursula Jonkmanns fand sie auf dem Spielplatz, Simone Weißbach am See. Und Bettina Fandrey erzählt, warum sie ihren amerikanischen Brieffreund niemals vergessen wird.

Es war ein herrlicher Frühlingstag im Jahr 1987. Ich saß auf einer Parkbank, doch statt dem bunten Treiben der Natur zu lauschen, starrte ich unentwegt auf meine Armbanduhr. Noch eine gute Stunde, dann würde ich ihm endlich gegenüberstehen. Mein Herz raste. Er war mein erster Freund. Ich hatte ihn damals über eine internationale Briefkontaktbörse kennengelernt. Ich war gerade achtzehn Jahre jung und er zwanzig.

Wir schrieben uns seit einem Jahr und tauschten Fotos, Briefmarken aus. Er war ein sehr gut aussehender junger Mann und kam aus den Südstaaten Amerikas. Seine blauen Augen bildeten einen aufregenden Kontrast zu seinem dichten schwarzen Haar, und genauso wie ich für ihn schwärmte, schien er das Gleiche für mich, eine grünäugige Blondine, zu empfinden. Er jobbte als Radiosprecher und schickte mir oft die neuesten Songs aus Amerika. Seine tiefe Stimme faszinierte mich. Nun würden wir uns zum ersten Mal in der Realität sehen. Ich geriet immer mehr in Panik. War er wirklich der Mann auf den Fotos oder ein völlig anderer? Noch zehn Minuten. Schnell begab ich mich in die Flughafenempfangshalle. Ein kleiner Falter, zitronengelb, schien mir aus dem Park gefolgt zu sein. Er hatte sich auf meinem hellblauen Blazer platziert.

Doch zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass die Uhrzeit an der Ankunft nicht mit der auf meiner Uhr übereinstimmte. Es war 19 Uhr, ich sollte ihn schon um 18 Uhr treffen. Panik überfiel mich. Tatsächlich war meine Zeit einfach stehen geblieben. Jetzt würde ich meinen amerikanischen Freund nicht mehr treffen, verärgert hatte er bestimmt den nächsten Rückflug angetreten. Betrübt setzte ich mich auf eine Bank in der Wartehalle.

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Plötzlich hörte ich eine Durchsage: „Der Flug B1203 wird eine halbe Stunde später eintreffen. Bitte haben Sie Geduld.“ Ein Stein fiel mir vom Herzen. Der kleine Schmetterling flog nun wild vor meinen Augen hin und her. Er war wohl genauso nervös wie ich. Die Maschine landete gegen 19.30 Uhr. Plötzlich entdeckte ich einen großen, gutaussehenden jungen Mann, der in der Hand einen herrlichen bunten Frühlingsstrauß hielt. Seine Augen fanden meine, und eilig schritt er auf mich zu. Eine sanfte tiefe Stimme sagte: „Are you Tina?“ Ich bebte und brachte nur ein leises: „Yes“ hervor. Er reichte mir den prächtigen duftenden Frühlingsstrauß und drückte mich nun fest an sich. Der Zitronenfalter hatte sich nun auf sein dunkles Jacket platziert. Ich erhielt meinen ersten tiefen Kuss.

Wir blieben einen Frühling zusammen, bis er wieder in seine Heimat flog. Wir blieben noch eine Weile in Briefkontakt, sprachen sogar vom Heiraten, bis ich plötzlich keine Briefe mehr erhielt. Ich wunderte mich sehr. Aber erst Jahre später begann ich, im Internet nach ihm zu suchen. Ich wurde fündig. In den USA ist es üblich, Todesanzeigen öffentlich bekannt zu geben. Ich starrte darauf und las: Wir trauern um unseren geliebten Sohn und Enkel, Freund und Kollegen, der in einen tödlichen Unfall verwickelt war.“ Den Rahmen der Todesanzeige zierte ein schwarzer Schmetterling. Für mich bleibt er für immer der Mann dieses Frühlings.

Simone Weißbach: Er lag auf meinem Handtuch 

Wir hatten Glück und bekamen auch an diesem Tag ein sonniges Plätzchen, um uns auszubreiten. Es war ‘83 und sehr heiß. Selbstverständlich verbrachten meine Freundinnen, Sylvia (14), Silke (14) und ich (13) den Tag am nahe gelegenen See.

Sofort wurden die anderen (natürlich männlichen) Badegäste beäugt. Schnell fiel uns, ein etwas älteres, Trio auf. Einer der 16-Jährigen war besonders süüüß. Es wurde geflirtet was das Zeug hielt. Ich machte mir als jüngste von uns allerdings überhaupt keine Hoffnung bei irgendeinem von den Typen landen zu können. Zumal sich der Süßeste längst, als kleinen Hinweis, „D + S“ auf den Handrücken geschrieben hatte.

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Wir schwammen und tobten, doch als ich aus dem Wasser kam, stellte ich fest, das DER Typ meine Decke in Beschlag genommen hatte. Oh mein Gott! Cool (war ich überhaupt nicht!!) legte ich mich neben ihn. Er fragte mich, ob ich mir denn gar nicht vorstellen könnte was das „S“ bedeuten könnte. Ehe ich mich versah, bekam ich den schönsten Kuss, war glücklich, und dann fiel mir auch wieder ein, wie ich heiße: Mone. Simone…(Simone Weißbach)

Alfred Silz: Eine neue Freundschaft 

Für mich ist der nächste Weg immer der Stadtpark. Meine Frühlingsgefühle halten sich aber in Grenzen. Ich freue mich über die erwachende Natur, über die ersten blümchen, über die jungen Leute, die auf den Wiesen lagern. Aber ich bin allein. Jede Bank, jeder Baum erinnert mich an die Zeit mit meiner Frau. Ich gehe die gleichen Wege, sitze auf den gleichen Bänken, und die Gedanken wandern zurück. So ist das im Leben, die Natur erwacht jedes Jahr aufs Neue, aber der Mensch, der einen das halbe Leben begleitete, ist nicht mehr da.

Etwas weiter auf einer Bank sitzt ein einsamer alter Mann, jeden Sonntag. Ich kam mit ihm ins Gespräch, er heißt Schorch und sit 92 Jahre alt, dagegen bin ich ein junger Hüpfer mit meinen 87 ... So sitzen wir beide da, freuen uns über die erwachende Natur und reden über die uns noch verbleibende Zeit. Das ist der Frühling, auch für einsame Menschen kommt noch Hoffnung auf. (Alfred Silz, Bochum)

Ursula Jonkmanns: Auf dem Spielplatz 

Ach ja, das war schön. Die Sonne, Wärme und dann der eine, der oft mit dem Fahrrad am Fenster vorbeifuhr. Da musste man schon mal flunkern, um noch mal raus zu dürfen. Eine halbe Stunde auf dem Spielplatz, ganz vorsichtig die Hand halten und dann – nach Wochen – ein schüchterner Kuss. Kann ich heute noch nachempfinden, jetzt bin ich Ende 60. Wenn der Frühling kommt, stellt sich auch dieses aufregende Gefühl von Sehnsucht ein und die Gedanken gehen in die Vergangenheit. Wunderschön. Niemand kann es nehmen. (Ursula Jonkmanns, velbert)

Sonja Weeke: Immerwährender Frühling 

Ich brauche mich gar nicht lang zurück zu erinnern. Ich weiß zwar nicht mehr, wie mein erster Kuss war, aber ich weiß wie mein letzter war! Und der war heute Morgen!

Er war voller Liebe, so prall gefüllt wie es ein erster Kuss noch gar nicht sein kann! Liebe – immer wieder frisch entfacht! Der Frühling tut sein Quentchen dazu, so dass es tatsächlich noch ein bißchen mehr prickelt. Auch nach 15 Jahren sind mein Mann und ich immer noch nicht vor den Frühlingsgefühlen „gefeit“! Wie schön! (Sonja Weeke)