Ruhrgebiet. . Von diesem Freitag an gibt es ein eigenes Panini-Album nur fürs Ruhrgebiet: 44 Seiten, 288 Bilder von ,Alfred Krupp’ über ,Currywurst/Pommes’ bis zu Sprüchen: „Wer waa dat?“ Das Album wird von der WAZ präsentiert, geschaffen haben es zwei Hamburger Journalisten – nicht zum ersten Mal.
Gefühlt war es 1979, als das Panini-Bild ,Klaus Fischer beim Fallrückzieher’ ums Verrecken nicht zu kriegen war; so, wie es in jeder Bilderstaffel einzelne gab, die sich rar machten, sehr, sehr rar.
Jeder Sammler dachte finster, Motive zu verknappen, sei eine entschlossene Methode der Umsatzförderung; doch die wahre Erklärung ist anders und denkbar einfach: Manches Bild war einfach so beliebt, dass die Kinder es nicht nur ins Album klebten. Sondern dann auch aufs Schuletui. Und an die Kinderzimmertür. Und ans Weißgottwohin.
Da klebten sie dann und kamen auf keinen Schulhof mehr, um sich tauschen zu lassen.
Warum tun wir das, warum wühlen wir in der kollektiven Erinnerung an Panini-Bilder? Weil es von heute an ein echtes Panini-Album für das Ruhrgebiet gibt. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung präsentiert Ihnen „Revier sammelt Revier“: ein Album, das jetzt erhältlich ist, mit 288 Sammelbildern.
Sie müssen sie nur selbst einkleben.
Ein kleines, kompaktes Ruhrgebietslexikon
Revier sammelt Revier„Revier sammelt Revier“ ist dabei nicht nur Fußball, das aber auch. Aber es ist mehr: ein Streifzug. Durch die Städte von Dortmund bis Moers. Durch die Kunst von Tana Schanzara bis Frida Gold. Durch die Natur vom Ruhrtal bis zum Grugapark. Unter Schlotbaronen, unter Fußballern, nur den Größten natürlich, unter Komikern. Von Jürgen von Manger bis Hape Kerkeling.
Und Sie streifen durch die Sprüche: „Ham wat getz?“
Nein, leider noch nicht ganz.
Fünf Millionen Klebebilder
„Revier sammelt Revier“ startet mit 100.000 Alben und fünf Millionen Klebebildern, späterer Nachdruck nicht ausgeschlossen. Sie können sie ab diesem Samstag dort kaufen, wo sie das erwarten: Kioske, Tankstellen, Supermärkte, Leserläden.
Auch Helmut Schmidt gibt es als Sticker
Mag sein, hätte Helmut Schmidt im Frühjahr 2009 sich anders entschieden, es gäbe jetzt kein Panini-Album für das Ruhrgebiet. Denn 2009 produzierten die freien Journalisten Alexander Böker (41) und Oliver Wurm (43) in Hamburg ihr erstes Städte-Album, nicht ganz unerwartet „Hamburg sammelt Hamburg“ – und dort führt einfach kein Weg an Schmidt vorbei.
„Man muss aber einen Prominenten fragen, bevor man ihn zum Stic-ker machen kann“, erinnert sich Böker. Und so schrieben sie einen vorsichtigen Brief an das Büro Schmidt und bekamen Wochen später die erfreuliche Erlaubnis für den Schmidt-Sticker. Möglichst ein Motiv aus der Zeit der großen Flut? „Da wussten wir, das ist unser Durchbruch“, sagt Böker.
Die Geschichte von Hennes IV.
Seitdem haben die beiden gebürtigen Nordrhein-Westfalen 15 Alben produziert; Wurm ist ein Sauerländer, und Böker kommt aus der Kölner Gegend. Köln, das war dann auch ihr zweiter Streich; da setzten sie sich mit Kölnern zusammen ins Wirtshaus, um über die Stadt auch all das zu erfahren, was nicht bei Wikipedia steht.
Revier sammelt RevierSo fand etwa das sehr spezielle Motiv „Hennes IV.“ ins Album, und wenn Sie tatsächlich jetzt nicht gleich Bescheid wissen sollten: Das war jener Geißbock, der als Maskottchen des 1. FC 1978 das Double holte, Meisterschaft und Pokal. Im offenen Wagen fuhren sie damals den Geißbock durch die Stadt . . . Zum Panini-Album über 30 Jahre später wurde in Köln eine Trinkhalle aufgebrochen, und die Tütchen wurden geklaut. „So eine Aktion hätte sich nicht einmal ein gerissener Marketing-Spezialist einfallen lassen“, sagt Oliver Wurm.
Kraftakt Ruhrgebiet
Vier bis fünf Monate brauchen sie für ein Album, von der ersten Recherche bis zur Auslieferung; meistens sind zwei, drei Alben parallel in Arbeit, aber nach dem Kraftakt Ruhrgebiet ist jetzt erst mal Pause. Dabei haben sie längst eine Art Ritterschlag erhalten. Von Panini, jenem Verlag in Modena, dem sie sich 2009 mit den pochenden Herzen früherer Fußballbildersammelkinder näherten; freilich kam man dann miteinander gut ins Geschäft. Oliver Wurm: „Der Geschäftsführer hat uns gesagt ,Ihr habt das Panini-Sammeln für Erwachsene erfunden’.“
Am Ende haben Sie ein kleines, kompaktes Revierlexikon in der Hand, denn zu jedem Bild gibt es einen kurzen Text (den müssen Sie jetzt mal nicht schreiben, der steht schon da).
Und der Fußballrahmen, der Panini im engeren Sinn ausmacht, der wird gesprengt: Sie werden das Bild „Alfred Krupp“ vielleicht tauschen wollen gegen das Bild „Currywurst/Pommes“. Oder „Wim Thoelke“ gegen „Nicht mit die Hände anne Scheibe, dat gibt Finger.“
„Das macht es aus. Die Vielfalt und das Heimatgefühl, vielleicht sogar der Stolz auf sie“, sagt Oliver Wurm. Der 41-jährige aus dem Sauerland hat mit seinem Kollegen Alexander Böker „Revier sammelt Revier“ entwickelt, nicht das erste deutsche Regionalalbum übrigens. So erinnert er sich an eine Tauschbörse in Düsseldorf, wo ein Kind noch Heinrich Heine suchte und eine alte Dame die Toten Hosen – die vier fanden einander.
Erfinder der Fußball-Sammelbilder
Nachdem Böker und Wurm das Konzept der regionalen Sammelalben 2009 entwickelt hatten, machten sie sich auf die Suche nach einer Druckerei und landeten schlussendlich – tatsächlich bei Panini in Modena, Italien.
Der legendäre Verlag gilt als Erfinder der Fußball-Sammelbilder, in den frühen 1960er-Jahren kam er erstmals mit den Kickern der 1. Italienischen Liga heraus. Rasch wurde das Geschäft international: Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, Europas Ligen . . . und Panini wurde ein Gattungsname, so wie „Tempo“ für alle Papiertaschentücher steht.
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„Die Alben hätte jeder drucken können“, sagt Böker, „aber nur Panini hat die Technik, dass keine Doppelten in einer Tüte sind“. Sie werden in jedem Tütchen fünf Bilder finden und, zum Auftakt, am Samstag sechs in Ihrer Zeitung.
In der Vorarbeit, der Recherche, der Auswahl schließlich wurde aber auch eines klar: All die Themen und Sprüche, die Personen und Perspektiven, die verworfen wurden, alles das, was fehlt, „reicht noch für ein zweites Album“, so Wurm.
Kauft Gelsenkirchen ein Album mit Dortmund?
Für die Zeitung ist das auch ein Test, ein spielerischer. Die Frage ist: Wie steht es nun wirklich um das Revier-Bewusstsein? Kauft Gelsenkirchen ein Album, in dem auch Dortmund vorkommt? Wie stellt sich Wanne-Eickel zu einer Sammlung, zu der auch Schloss Strünkede aus Herne gehört?
Sie werden es erfahren. Wir begleiten diese Aktion in den nächsten Wochen, wir werden immer mal wieder berichten. Und um das abzuschließen: Jedes Bild wurde gleich oft gedruckt. „Ja, nee, is klar.“