München. . Sie waren die Helden des Schulhofs – aber erst dann, wenn sie es geschafft hatten, in einem Panini-Sammelalbum verewigt zu werden. Panini trug dazu bei, aus Fußballern Pop-Stars zu machen. Andreas Hock erzählt die Geschichte der Alben. Obendrein gibt es Kulturgeschichte wilder Frisuren und noch wilderer Bärte.
Klar, es gab nur einen Rudi Völler. Das war ja manchmal das Problem, damals in den 1980ern und -90ern. Immerhin gab es ihn jedes Jahr. Zusammen mit 575 anderen Fotos deutscher Kicker. Immer wenn im Herbst die Panini-Bilder zur aktuellen Fußball-Bundesliga Saison erschienen. Seit einigen Jahren hat die Firma die Rechte an den in Deutschland kickenden Speilern verloren. Dafür gibt es jetzt wenigstens „Das Buch der legendären Panini Bilder“ (Riva Verlag, 14,99 €). Andreas Hock hat es geschrieben.
Man nimmt es zur Hand und muss lächeln. Weil man sich sofort wieder erinnert, wie es war. Als man jeden Tag beim Händler seines Vertrauens nachsah, ob sie endlich da waren, die neuen Panini-Bilder und das dazu passende Album. So ähnlich ist es Hock auch ergangen, als ihm vor einiger Zeit sein altes Sammelalbum von 1982 in die Hände fiel. „Da gab es viele Aha-Effekte.“ Und eine Frage. „Was ist eigentlich aus meinen anderen Panini-Alben geworden?“
Stets bereit zum Tausch
Verschenkt an das Patenkind waren sie, abhanden gekommen beim Umzug. Jedenfalls weg. „Ein Drama“, sagt Hock. Und man kann da nur zustimmen, angesichts der wahrscheinlich diffizilen Verhandlungen, die in Dutzenden von Schulpausen nötig waren, die leeren Seiten mit Fotos vom kickenden Personal zu füllen. Weil man ja in die Tüten nicht hereingucken konnte und spätestens ab Oktober einen dicken, von Gummibändern zusammen gehaltenen Stapel Doppelte in der Tasche hatte.
Genau das war es, was die Brüder Panini im italienischen Modena zunächst gefürchtet hatten, als sie sich 1961 entschlossen, die Sammelbilder nicht mehr unverpackt und einzeln, sondern immer eine Handvoll, verpackt in Tüten, zu verkaufen. Zu viele Doppelte, so die Sorge, könnten die Kundschaft vergraulen. Doch das Gegenteil war der Fall – auch zwischen Alpen und Nordsee. Stets war man bereit zum Tausch, selbst mit Klassenkameraden, die man eigentlich doof fand. Hauptsache, sie hatten Bruno Pezzey. Und das monotone „Hab ich, hab ich, hab ich…hab ich nicht“, beim Durchsehen fremder Karten wurde zum Klassiker auf deutschen Schulhöfen.
Die „11 schlimmsten Frisuren“
Wieder auf den Geschmack gekommen, forschte Hock, bis 2011 Chefredakteur der Nürnberger „Abendzeitung“, im Internet und klickte sich virtuell durch Online-Seiten von Sammlern. „Da kam schnell die Idee zum Buch.“ Die Umsetzung war „viel Arbeit, hat aber unglaublich Spaß gemacht“. Letzteres kann man beim Durchblättern der 92 Seiten des Buches gut nachvollziehen. Denn Hock hat nicht nur wahllos ein paar alte Fotos zusammengestellt, er hat die Bilder nach Kategorien geordnet. „Aber besondere Kategorien.“ Da gibt es „Die 11 schärfsten Bärte“, „Die 11 erfolglosesten Torschützen“ oder die „11 grimmigsten Gesellen“. Und natürlich sind auch die „11 schlimmsten Frisuren“ noch einmal zu sehen. Spätestens hier muss man lachen.
Revier sammelt RevierIn allen 15 Kategorien gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Maier, Müller und Beckenbauer, aber auch mit – oft zu Unrecht – längst Vergessenen wie Rigobert Gruber oder Christoph Spycher. Und zu jedem Kicker hat Hock ein paar Zeilen mit Hintergrundinfos und Anekdoten geschrieben.
Den größten Unterhaltungswert aber haben die Sprüche von Spielern, Trainern und TV-Kommentatoren, mit denen jedes Kapitel eingeleitet wird, bei denen sich etwa Jürgen Wegmann, genannt die „Kobra“, als ein Mann mit viel Verständnis für seine Mannschaftskameraden outet: „Das muss man verstehen, dass er Schwierigkeiten hat, sich einzugewöhnen“ sagt er über einen neuen, offenbar ausländischen Mitspieler, weil: „ Er ist die deutsche Sprache noch nicht mächtig.“