Detmold. . Die 18 Jahre alte Kurdin Arzu Ö. starb, weil sie einen Deutschen liebte. Ihre vier Geschwister wurden für den Mord bereits verurteilt. Jetzt steht Arzus Vater Fendi Ö, vor Gericht. Er ist wegen Anstiftung zum Mord angeklagt. Er soll der Mann hinter der Tat sein.

Sie war jung, sie war beliebt, der einzige Fehler, den die 18-jährige Kurdin Arzu Ö. beging, war, sich in einen Deutschen zu verlieben. Ihre Schwester Sirin und die vier Brüder sind wegen des Ehrenmordes an ihr bereits verurteilt worden. Nun steht auch Arzus Vater, Fendi Ö., vor Gericht. Er soll der Mann hinter der Tat gewesen sein.

Es heißt, er sei ein schweigsamer Mensch, dieser Fendi Ö. 53 Jahre ist er, Oberhaupt einer Familie jesidischen Glaubens. Er kam vor Jahrzehnten von Südostanatolien nach Detmold, weil er sich für seine Kinder eine bessere Zukunft erhoffte. Lernen sollten sie, gute Schulabschlüsse schaffen, sich integrieren in Deutschland, von dem er sagt: „Es ist ein wunderbares Land!“ Nun drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft wegen Anstiftung zum Mord und gefährlicher Körperverletzung.

Denn in der Nacht zum 1. November 2011 wurde Arzu von ihren Geschwistern mit Gewalt aus der Wohnung ihres Freundes Alex gezerrt, entführt und wenig später auf einem Golfplatz bei Hamburg getötet. Zwei Schüsse in den Kopf dafür, dass sie sich nicht den Regeln ihrer Familie unterwarf. Arzu soll dabei am Boden gekniet haben. Wochenlang hatte sie sich zuvor in einem Frauenhaus versteckt, hatte ihre Haare blond gefärbt, den Namen geändert. Doch die Geschwister suchten unermüdlich.

Handy-Daten sollen Anklage beweisen: Kinder belasten Vater nicht

Fendi, der Vater soll das alles veranlasst haben. Dass er seine Tochter Arzu geschlagen hat, mit der flachen Hand ins Gesicht, mit einem Stock auf ihren Oberkörper, so dass der geprellt und mit Blutergüssen übersät gewesen ist, das gibt Fendi Ö. an diesem ersten Prozesstag zu. Er sei so „sehr erregt“ gewesen, lässt er seinen Anwalt erklären, weil er in Arzus Handy Nachrichten entdeckt habe, die seinen Verdacht bestätigten, dass sie einen deutschen Freund hatte.

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Genau das gesteht er ein, begleitet von Worten des Bedauerns. Mehr jedoch nicht. Fendi schweigt. So wie ihn auch seine fünf Kinder im ersten Prozess mit keinem Wort belastet haben. Immer hieß es „die Familie“, nie „unser Vater“.

Und so sind es vor allem die Daten aller ihrer Handys, mit denen die Staatsanwaltschaft Fendi Ö. die Anstiftung zum Mord nachweisen will. Minuziös belegen die, von welchem Handy der Schwester und der Brüder wann und von wo aus telefoniert wurde. Und telefoniert wurde viel in dieser Tatnacht. Da gingen Anrufe und SMS manchmal im Minutentakt ein.

Immer mit dabei: das Handy mit den Endziffern 953. Das alte Handy von Arzus tougher älterer Schwester Sirin.

Zwei Ex-Häftlinge als Zeugen

Lokalisiert wurde es für diese Nacht im Haus der Eltern in Detmold. Fendi, so glaubt die Staatsanwaltschaft, habe es benutzt, sei darüber ständig auf dem Laufenden gehalten worden. Und auch der Vorsitzende Richter Michael Reineke sagt: „Die 953 spielte in dieser Nacht eine bedeutende Rolle“.

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Nicht unbedeutend für den Prozess sind die Aussagen zweier Männer, die kurz nach der Tat mit Elvis, einem der Söhne Fendi Ö.s, zusammen im Gefängnis saßen. Sie wissen um Details der Tat, die sonst zu diesem Zeitpunkt keiner kennt. Elvis, der unter Alpträumen litt, soll erzählt haben, dass Arzu einem Jesiden in Frankreich versprochen war. Dass Fendi unter dem Druck der Großfamilie wegen dieser Heirat stand, dass er seine Ehre verloren sah, dass er selbst schon die Waffe in der Hand gehalten habe.

„Zinker, die werden fertig gemacht. Da geht es ab! Das ist gefährlich!“

Einer der beiden Häftlinge, der alles, was Elvis ihm gestanden hatte, der Polizei weitererzählte, hat diese Aussage bald zurückgezogen. Der andere bestätigt sie gestern erneut. Und er berichtet auch, wie sehr er deshalb im Gefängnis bedroht wurde und man ihn zur Sicherheit in ein anderes Haus verlegte: „Zinker, die werden fertig gemacht. Da geht es ab! Das ist gefährlich!“

Im Prozess soll schon am Montag ein Urteil gefällt werden.