Gelsenkirchen. . Rund 2500 Gäste diskutierten am Montag beim Kongress „Der Phönix fliegt“ über die Chancen des Ruhrgebiets. Der Duisburger Hafen und der ökologische Stadtumbau in Bottrop stehen für Symbole des Optimismus. Die prominenten Redner sehen aber auch Schattenseiten.

Das Ende der Autoproduktion nach 2016 im Bochumer Opel-Werk oder die Krise von Thyssen-Krupp können die Zuversicht im Ruhrgebiet augenscheinlich nicht trüben. Das wurde beim hochkarätig besetzten Symposium „Der Phönix fliegt“ deutlich, an dem gestern rund 2500 Menschen auf Einladung des Unternehmensnetzwerks Initiativkreis Ruhr (IR) teilnahmen.

IR-Moderator Bodo Hombach brachte es auf der Gelsenkirchener Zeche Nordstern gleich zum Auftakt der zahlreichen Foren auf den Punkt: „Hier lässt man nicht die Ohren hängen. Die Phase des Selbstmitleids ist lange vorüber.“ Dieser Einblick in die Seele und Mentalität des Reviers sollte sich wie ein roter Faden durch die Diskussionsbeiträge der prominenten Redner ziehen.

„Mir ist über die Zukunft des Ruhrgebiets überhaupt nicht bange“, bekannte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Im Fall Opel drehte sie den Spieß einfach um: „Wir nehmen General Motors mit in die Pflicht, in Bochum Arbeitsplätze wieder aufzubauen. So funktioniert Strukturwandel“, sagte Kraft.

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Chancen für Bochumer Opel-Areal

So wie es aussieht, will Opel nicht alle Lampen in Bochum ausknipsen und denkt über eine Komponentenfertigung dort nach. Derweil schaute sich einer, der im Produzieren positiver Schlagzeilen viel Erfahrung hat, das Gelände gleich an der Autobahn 40 bereits „sehr genau“ an. Der Duisburger Hafen-Chef Erich Staake, der gerade den Autobauer Audi mit einem neuen Logistikzentrum und 500 Arbeitsplätzen an den Rhein lockte, hat bereits Teile des Bochumer Opel-Areals im Visier, zumal ihm der Platz in Duisburg ausgeht. „Audi wird nicht die letzte Ansiedlung aus dem Automobilbereich sein“, prophezeite Staake. Große Seehäfen wie Rotterdam oder Antwerpen blickten bereits „neidvoll nach NRW“.

Ein weiteres Symbol der Revier-Potenz wächst in Bottrop: Innovation City. Das ehrgeizige ökologische Stadtumbau-Projekt, das Geschäftsführer Burkhard Drescher prägnant als „Energiewende von unten“ bezeichnet, hat Anhänger bis in die Führung der Europäischen Union hinein. EU-Regionalkommissar Johannes Hahn gratulierte dem Ruhrgebiet per Video-Botschaft, die nach Nordstern übertragen wurde, für den „Schwung“, der durch Innovation City ausgelöst worden sei. Der energiesparende Umbau großer Teile Bottrops sei „Vorbild für ganz Europa“, wo immerhin zwei Drittel der Bewohner in Ballungsgebieten wie dem Revier lebten.

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Mehr Flughöhe gewinnen

Der Phönix, jener mythische Wundervogel, der verbrennt, aus seiner eigenen Asche zu neuem Leben erweckt wird und symbolisch für das Ruhrgebiet und den gestrigen Kongress steht, fliegt also. Allerdings noch nicht in der Flughöhe wie vergleichbare andere Metropolen. Bei allem Optimismus wurden auf dem Kongress deshalb natürlich auch kritische Stimmen laut. Insbesondere die stockende Energiewende, das wurde immer wieder wieder deutlich, bremst den Phönix.

Robert Schmidt, Chef des Gelsenkirchener Wohnungsbauriesen Vivawest und Gastgeber des Symposiums, machte kein Hehl daraus, dass er sich bei der energetischen Gebäudesanierung „mehr Unterstützung von der Politik“ wünsche. Bund und Länder konnten sich nicht auf eine steuerliche Förderung der Gebäudesanierung einigen.

Plan für Energiewende gefordert

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wiederholte ihren Appell an die Bundesregierung, einen „klaren Plan“ für die Energiewende und die Entwicklung der Strompreise vorzulegen. Die Unklarheit hemme die wirtschaftliche Entwicklung. Kraft: „Es wird zu viel gezögert, weil die Unternehmen verunsichert sind.“ Noch 2010 – jüngere Zahlen liegen nicht vor – war das Ruhrgebiet die Region in NRW mit den höchsten Wachstumsraten.