Essen. . Die berüchtigten Radarfallen auf der A 40 bei Gelsenkirchen-Süd sind außer Gefecht. Die Autofahrer haben es nun selbst in der Hand, ob das so bleibt. Denn unter ihren Plastiktüten messen sie zunächst munter weiter.

Tüte drauf und ab dafür? So einfach ist das nicht. Die wohl berüchtigtste Radarfalle des Reviers steckt seit vorgestern zwar unter der Plastikhaube, und der einzelne Raser ist somit auf der A 40 an der Stadtgrenze Essen/Gelsenkirchen in der Tat geschützt vor Augenschmerzen infolge greller Lichtimpulse. Doch abgeschaltet sind die Starenkästen noch lange nicht. (Und Vorsicht: In der Buderuskurve bei Essen-Kray wird ohnehin weiter geblitzt!)

Unter ihren Tüten verfolgen die Stare noch bis Dezember munter das Verkehrsgeschehen. Die Linse ist ja nur fürs Andenkenfoto, Radar kennt kein Plastik. Ihre Daten zwitschern die Vögelchen an die Fachleute der Bezirksregierung Düsseldorf, der Autobahnpolizei und von Straßen.NRW. Anfang 2013 tagt deren „Unfallkommission“ erneut, und entscheidet dann, ob bei Gelsenkirchen-Süd wieder geblitzt wird oder nicht. Auch das Tempolimit von 80 km/h in Richtung Dortmund und 100 km/h nach Essen wird dann zur Debatte stehen, es wird an dieser Stelle aber ohnehin flexibel per Anzeige geregelt. Jedenfalls haben die Autofahrer es selbst in der Hand!

Unklarheit über das Prädikat "Unfallschwerpunkt"

Prinzipiell ist diese verdeckte Messung ein übliches Verfahren. Es ist einfach unklar, ob die Stelle noch ein „Unfallschwerpunkt“ ist oder nicht, nachdem die A 40 hier Ende 2011 drei Spuren bekommen hat. Auch die Kurve ist nicht mehr so steil, und die Auf- und Abfahrten sind versetzt worden. Aber die Lage ist wohl so unklar, dass die Experten selbst einige Verwirrung stifteten.

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Von Dagobert Ernst

Sie kamen schon im Frühjahr zu der Ansicht, dass die Anlage nicht länger gebraucht werde. Die Stadt Essen reagierte prompt und bemützte Mitte Juni schon einmal die Blitzer. Doch Ende Juni legte die Kommission plötzlich den Rückwärtsgang ein: Die Anlage sollte doch noch drei Monate weiter blitzen. Was sie nun getan hat.

„Man wollte vergleichbare Daten haben mit einer normal funktionierenden Anlage und einer verhüllten“, versucht sich der Sprecher der Bezirksregierung, Volker Klagges, in einer Erklärung der damaligen Kehrtwende. „Die sind sich echt unsicher“, drückt es ADAC-Sprecher Peter Meintz etwas direkter aus. „Das ist eine Stelle, wo ich auch nicht sofort sagen würde, dass eine Überwachung nicht mehr nötig sei.“

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Ein einträgliches Geschäft

Wenn das nicht Verschwörungstheorien rund ums Abkassieren vorbeugt! Selbst der ADAC, die Vertretung der Autofahrer, hat die Blitzbatterie befürwortet, als sie im Juli 2006 installiert wurde. Weil hier einfach so viele schreckliche Unfälle passiert sind. Für ihre Wirkung auf Raser spricht, dass anfangs täglich rund 1000 Raser in die Falle gingen. Heute sind es noch 350 – die Buderuskurve bei Essen-Kray, in der die Blitzer weiter aktiv sind (!), mitgezählt. Natürlich ist das noch einträglich. Essen kassiert allein an der Stadtgrenze etwa 800 000 Euro im Jahr. Dem stehen Betriebskosten von etwa 15 000 Euro gegenüber. Das lohnt sich. Dennoch schaltete die Stadt im Juni schneller ab, als sie gemusst hätte.

Der ADAC unterstellt auch tatsächlich, dass die Städte an einigen Stellen verstärkt blitzen, um ihr Konto aufzufüllen. Nur sei es eben an manchen Stellen auch geboten.

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Ganz anders sieht das Karl-Friedrich Voss, Vorstandsmitglied des Bundesverbands niedergelassener Verkehrspsychologen. „Konventionelle Blitzanlagen sind nicht die beste Möglichkeit“, das Verhalten von Rasern zu verändern. Es beeindrucke Verkehrssünder viel nachhaltiger, wenn sie gleich auf ihre Missetat angesprochen werden, so Voss. Die Mittel der Wahl: Der Videowagen oder auch das Vollprogramm mit Radarpistole, Anhalten und Anpfiff. „Natürlich haben feste Blitzer auch eine Wirkung, aber nur an einer Stelle. Es geht um die strategische Frage, ob man Menschen durch Fremdkontrolle beeindrucken will. Die Einsicht ist dagegen viel effektiver.“