Düsseldorf. . Die Fortuna-Fans sind sich einig, was den Platzsturm angeht: „Schatten, Schande, Schei...“ Die Stadt schämt sich für einige der ihren und will sich doch das Feiern nicht verbieten lassen. Drum stürmen sie gleich den nächsten Platz, den vorm Rathaus.

Es liegt ein Schatten über dieser Feier, den kann man hören. Laut singen sie „Olé, Olé“, doch ganz oben knattert, kreist und guckt ein Hubschrauber. „For-Tu-Na, For-Tu-Na“, aber irgendwo weit weg heult eine Sirene. 2000 Menschen vielleicht stehen jetzt am Rathaus, sie warten auf die Spieler, tragen rot-weiße Trikots, rot-weiße T-Shirts, manche tragen Rot-Weiß komplett, sehen fast aus wie im Karneval. Wollen Aufstieg feiern. Alle friedlich, alles freundlich. Und jetzt? Ihr seid nur ein Krawallverein?

Hier herrscht Rot-Weiß. Aber auf dem Burgplatz nebenan und dann die Rhein-Promenade entlang dominieren ganz andere Farben.

Grün-weiß Polizei.

Blau-weiß Einsatzhundertschaft.

Wie sie da parken, ist die Ansage der Polizeibusse ja ganz klar: Hier wird nichts mehr gestürmt. Heute brennt auch garantiert nichts an.

Die Helden auf dem Balkon

Kommt ein Mann auf den Platz, zückt sein Handy: „Kein Pavillon hier . . . Überall Bullen.“ Gleich werden die Fans die Mannschaft feiern, wie sie nach und nach auf dem Balkon erscheint; sie werden jubeln und Fahnen schwenken und ihre Bierchen trinken danach in der Altstadt, vielleicht nicht gerade samstagnachtsartig, sondern mittwochsmittagsmäßig. Zwischen den Auslagen der Bäckerei („Fortuna-Brötchen 0,95 Euro“) und der Einladung vom Steak-Haus („Fortuna Prime-Time Rumpsteak 25,70“). Und natürlich passiert hier nichts Böses mehr. Aber zumindest bis dahin hat Düsseldorf am Mittwoch einen ziemlichen Kater. Zuviel durcheinander gelaufen in der Nacht davor.

Die Stadt kennt nur ein Thema. Der Platzsturm. Die Bengalos. Die Bengalos. Der Platzsturm. Im Rathaus, in den Kneipen, beim Brötchenkauf; unter Freunden, am Arbeitsplatz, am Telefon. „Für Fußballfans eine Schande.“ „Jeder zweite sagt, ein Schatten.“ „So eine Scheiße, nee!“ „Bitterer Beigeschmack.“

„Wir waren früher auch nicht die Liebsten, aber in den letzten Jahren ist es sehr ruhig und familiär geworden“, sagt Jürgen Schmalbach (60). Der Mann wuchs auf am alten Stadion und ist Fortuna-Fan, seit er denken kann, mindestens. „Das soll man jetzt nicht der Fortuna zuschieben oder den Berlinern. Da muss der DFB was machen. Diese Bengalos kann man doch nicht in der Arschritze verstecken.“

Jedenfalls war niemand dabei am Dienstagabend, also, nicht auf dem Platz vor dem Schlusspfiff. Das waren alles irgendwelche anderen. „Das war so richtig Asi-Pöbel.“ „Ein paar hat man immer, die sind dann voll.“ „Ich hab einen getroffen, der hatte ein Stück Rasen in der Hand. Aber von danach. Sonst hätte ich ihm auch eine geballert.“

Am Nachmittag dann, nach dem Auftritt der Mannschaft, gewinnt dann doch das eigentliche Thema die Oberhand. Tore, Punkte, Meisterschaften. Die relative Sicht der Dinge: „Ich bin Holländer“, sagt der Galerist John Klippert, „in Rotterdam oder Amsterdam, die machen viel mehr.“

Tage wie diese

Längst freut sich da einer mit, dessen Herz schlägt für Fortuna, und mit „Tage wie diese“ (An Tagen wie diesen/wünscht man sich Unendlichkeit) hat er ihr die Hymne geliefert. Man solle doch mal „die Kirche im Dorf lassen“, rät der Tote-Hosen-Sänger Campino im Radio-Interview von Eins Live: Der Sturm auf den Platz sei „Doofheit“ gewesen, aber nicht aggressiv. „Und ich würde mal sagen: jetzt langsam Schwamm drüber. Es ist nichts passiert.“

Draußen vor der Stadt, wo die Arena neben dem Messegelände liegt, ist da tatsächlich längst wieder Alltag. Laster fuhrwerken, Wachleute öffnen und schließen Rolltore. Für Samstagnachmittag ist hier die große Aufstiegsfeier geplant. 15.30 Uhr, versteht sich. „War schon ein bisschen übertrieben am Dienstag“, sagt ein Wachmann: „Aber darauf haben die auch 15 Jahre gewartet.“ Hoch über ihm hängt der riesige Namenszug der Arena, natürlich auch in Rot und Weiß, und er zeigt sich an allen vier Seiten: Esprit-Arena.

Naja. Über den Namen könnte man vielleicht noch mal nachdenken.