Hells Angels, Bandidos, MC Gremium - Rockerkampf droht zu eskalieren
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Ruhrgebiet. Die Feindschaft zwischen Hells Angels und Bandidos droht nach 2009 zum zweiten Mal zu eskalieren. Und jetzt drängt auch noch ein dritter Rocker-Club ins Ruhrgebiet. In Dinslaken gründete sich bereits eine Ortsgruppe des MC Gremium.
Offenbar braut sich im Rockermilieu im Revier etwas zusammen. Nach Informationen der WAZMediengruppe rüsten die Bandidos ihre Vereinsheime auf, um sich gegen bevorstehende Angriffe der verfeindeten Hells Angels zu wehren. Die Polizei beobachtet die Aktivitäten verstärkt nach der jüngsten Messerstecherei der Banden in Mönchengladbach, einem Handgranatenanschlag in Herten und Schüssen in Oberhausen. Heute will sich der Innenausschuss des Landtags mit der Thematik befassen. Dabei wird auch über ein mögliches Verbot der Rockerclubs diskutiert werden.
Das Ruhrgebiet ist Bandidoland. Wie die Höllenengel im Rheinland verdienen auch sie ihr Geld mit Waffen-, und Drogenhandel sowie mit Prostitution. Ein viertes Standbein ist das Türsteherwesen. In vielen Clubs und Diskotheken machen die Rocker beider Clubs „die Tür“. Denn, wer draußen die Gewalt hat, kontrolliert auch den Drogenhandel drinnen. Beim Kampf um die Tür werden die Club-Betreiber und andere Sicherheitsfirmen zum Teil unter Druck gesetzt. So sichern sich die Bandidos die Kontrolle über ganze Straßenzüge und Stadtviertel im Revier. Eine Parallelwelt.
Rocker als Kooperationspartner?
Wie aus Polizeikreisen verlautet, ist manchen Beamten vor Ort diese Konstellation nicht ganz unrecht: Wo die Bandidos sind, lässt sich keine andere Bande nieder, um kriminelle Geschäfte zu machen. Auch reduzierten Rocker an der Tür die Zahl der Diskoschlägereien – es sei denn, sie treffen auf Mitglieder einer verfeindeten Bande, wie zuletzt in Mönchengladbach. Rocker als Kooperationspartner? „Sollte dies im Einzelfall vorkommen, ist dieses Verhalten zu kritisieren und zu ahnden“, sagt Wolfgang Spieß, NRW-Vorstand der Gewerkschaft der Polizei.
Derzeit überprüfen die Behörden, ob ein Verbot der Banden möglich ist. Prinzipiell ja: In dieser Woche ist in Kiel und im letzten Jahr in Flensburg jeweils ein Chapter der Hells Angels verboten worden. Das Problem ist jedoch folgendes: Die Hürden für ein Vereinsverbot sind gesetzlich sehr hoch. Die Behörden müssen beweisen, dass die Rocker bei Straftaten im Interesse der Gruppe – wie beim offen ausgetragenen Konflikt zwischen Hells Angels und Bandidos in Flensburg 2011 – und nicht aus persönlichen Motiven gehandelt haben. Erst dann wären Strukturen des Organisierten Verbrechens nachgewiesen. Doch die Rocker in NRW achten seit dem Verbot der Hells Angels in Düsseldorf 2001 darauf, dass die Verbrechen Einzelner nicht im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft in einem Motorrad-Club stehen.
Uli Detrois, ein Aussteiger der Hells Angels, schreibt in seinem Buch „Höllenritt“, dass Rocker im Waffen-, Drogen- oder Menschenhandel auf eigene Rechnung tätig sind. Falls jemand auffliegt, bekommt die Polizei eine Geschichte zu hören, in denen der Rockerclub nicht vorkommt. Öffentlich bestreiten die Rocker als Verein etwas mit Bandenkriminalität zu tun zu haben. Muss ein Mitglied in den Bau, handelte es sich um ein „schwarzes Schaf“, dessen Fehlverhalten jedoch nicht auf den Club schließen lasse. Man schweigt, hält zusammen und hilft den Kameraden nach der Entlassung auf die Füße.
Anspruch aufs Revier
Neben den beiden in NRW etablierten Rockerbanden versucht nun eine dritte Gruppe ein Stück vom Kuchen im Geschäft mit Rauschgift, Frauen und Waffen abzubekommen. In Dinslaken gründete sich eine Ortsgruppe des MC Gremium – das Chapter „Türkiye Bosporus“. Der jüngste Gang der Biker in Kutten durch das Centro Oberhausen – mitten im Bandidoland – bewerten Beobachter der Szene als offenen Revieranspruch.
Solche Aktionen wie auch die erhöhte Alarmbereitschaft der Bandidos sind für die Polizei ein Signal: „Wir beobachten die Szene und versuchen Konflikte zwischen den Banden zu entschärfen. Ich hoffe ähnlich erfolgreich wie 2009“, sagt Thomas Jungbluth, Experte für Bandenkriminalität beim LKA. Als vor drei Jahren ein Höllenengel einen Bandido getötet hatte, drohte die Lage zwischen den Clubs zu eskalieren. Letztlich habe der bundesweit erhöhte Druck der Behörden dazu geführt, dass sich die Rockerbanden 2010 zu einem Friedensabkommen entschlossen. Die Polizei trat ihnen zu sehr auf die Füße. Auch wenn den medienwirksamen Waffenstillstand niemand wirklich ernst genommen hatte – es wurde ruhiger.
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