Duisburg. Im Streit um die Kirchenschließungen im Duisburger Norden ist Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck den Kritikern entgegengekommen. Statt ursprünglich vier werden nun zwei Kirchen geschlossen: St. Barbara und St. Konrad. Die Kirche St. Peter, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur großen Merkez-Moschee liegt, bleibt erhalten. Sie steht für einen gelungenen interreligiösen Dialog.

Als Pfarrer Andreas Willenberg am Samstag in St. Barbara das Aus für die Kirche verkündet, fließen Tränen bei vielen der 160 meist älteren Gottesdienst-Besucher. Es ist ein tief emotionaler Moment. Verzweiflung ist zu spüren, sehr große Traurigkeit.

Der Pfarrer lässt die Menschen zu Wort kommen. „Es ist“, klagt ein Katholik, „als wenn Sie ihre Heimat verlieren.“ Und viele der älteren Katholiken wissen nicht, wie sie später zur neuen Kirche kommen sollen. „Wenn es keinen Fahrdienst gibt“, sagen sie, „können wir den Gottesdienst nicht mehr besuchen.“

Viele sind enttäuscht, weil es schon die zweite Kirchen-Schließung ist, die sie mitmachen. Vor rund fünf Jahren sei St. Georg geschlossen worden. Und nun St. Barbara.

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hatte kurz zuvor den Gremien und der Öffentlichkeit seine Entscheidung zur Zukunft der Kirchen im Duisburger Norden mitgeteilt: Die Kirchen St. Hildegard und Herz-Jesu bleiben bestehen. Auch St. Peter neben der Merkez-Moschee bleibt. St. Norbert steht noch auf der Kippe. St. Konrad wird in den nächsten Monaten geschlossen, St. Barbara 2015.

Im Vorfeld der Entscheidung hat es viele Proteste gegeben. Sie sollen weitergehen, heißt es aus den Gemeinden.

Hans-Georg Hülskämper und seine Frau Charlotte jedoch sehen Kirchen-Schließungen auch als Folge einer Entwicklung: „Solange man es nicht schafft, 30- und 40-Jährige und deren Kinder in die Kirche zu kriegen, muss man sich über Kirchen-Schließungen nicht wundern.“

Die Gläubigen in der Gemeinde St. Norbert sehen das anders. Sie sind zunächst wie betäubt als sie die Entscheidung des Bischofs erfahren. Andreas Willenberg, der auch hier den Gottesdienst hält, verliest vor der Abendmesse den Brief des Bischofs. Danach: Stille. Fassungslosigkeit. Der Pfarrer gibt den Menschen die Möglichkeit, sich auszusprechen. „Haben Sie Fragen?“ Niemand rührt sich. Die Gemeinde nimmt die Entscheidung hin. Kein Raunen, kein Räuspern. Sanftes Orgelspiel ertönt. Der Pfarrer entschwindet in die Sakristei, tauscht Pullunder gegen Talar. Derweil verdauen die Gläubigen die Botschaft ihres Hirten.

„Eine Hinhalte-Taktik“

Ihre Kirche wird zunächst bis 2015 bestehen bleiben. Danach aber nur noch, sofern der künftige Vorstand der neuen Pfarrei das finanzieren kann. Keine leichte Aufgabe. Das sagt auch Pfarrer Willenberg: „Der Fortbestand dieser Kirche ist eine Möglichkeit – ob sie wahrscheinlich ist, wissen wir nicht.“

Erst nach dem Gottesdienst finden Kirchenbesucher Worte für das, was sie bewegt. Marianne Wegscheider (70) ist enttäuscht. Dass „ihre“ Kirche nach 2015 noch eine Chance haben könne, sieht sie nicht. „Ich glaube gar nichts mehr“, erklärt sie. „Uns ist schon so viel versprochen worden.“

Und Anneliese Kazubek (70) hält den Brief des Bischofs schlicht für eine „Hinhalte-Taktik“ des Bistums. Sie ist seit 35 Jahren Gemeinde-Mitglied, singt im Chor und hat für den Erhalt der Kirche demonstriert.

Der Blick in die Zukunft? Er ist noch unscharf. Trotz der Sorgen, der Wut und der Tränen – es bleibe Raum für „verhaltenen Optimismus“, sagt Gemeindereferentin Britta Walkowiak. Man müsse nun nach vorne sehen. Drei Jahre habe man Zeit, ein Spar-Konzept zu erarbeiten. Walkowiak erwartet „schmerzhafte Einschnitte“, Waffeln backen für den guten Zweck werde nicht reichen. „Doch die Hauptsache ist, dass es weitergeht.“