Essen. . 650 Millionen Euro will die rot-grüne Landesregierung den klammen Kommunen zusätzlich geben, damit sie aus der Schuldenfalle kommen und sich wieder auf ihre Kernaufgaben besinnen können. Auch diese Investitionen, die erst durch Neuverschuldung möglich werden, kann man als „Vorbeugung“ bezeichnen.

650 Millionen Euro zusätzlich bekommen die Städte und Gemeinden: 300 Millionen Euro für den kommunalen Finanzausgleich, die nicht zweckgebunden sind, und 350 Millionen im „Stärkungspakt Stadtfinanzen“. Die Regierung kann selbst nicht genau beziffern, welcher Teil dieses Geldes direkt in die soziale Prävention fließt.

Der kommunale Finanzausgleich wurde laut Landesregierung schon 2010 um rund 300 Millionen Euro aufgestockt. Das setze sich auch in diesem und in den kommenden Jahren fort. Hinzu kommen weitere 350 Millionen Euro im „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ für die Sanierung der Haushalte. Die Schlüsselzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich 2011 sind nicht an bestimmte Zwecke gebunden. Die Kommunen entscheiden selbst darüber, wofür sie das Geld ausgeben. Über die Verwendung der zusätzlichen 350 Millionen Euro im „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ müssen sich Regierung und Städte erst noch einigen.

Dass es sich durchaus lohnen könnte, geliehenes Geld in Not leidende Kommunen zu investieren, meint Busso Grabow vom Deutschen Institut für Urbanistik: „Ich habe ein Problem damit, dass es nun heißt: Wir müssen auf Teufel komm raus Schulden abbauen. Die Kommunen sind übrigens im Vergleich zu Bund und Ländern nur moderat verschuldet. Sie sind ohnehin durch die Gemeindeordnung und die Kommunalaufsicht an verschuldungs-Obergrenzen gebunden. Es ist gut, in Soziales und Infrastruktur zu investieren. Sozialausgaben sinken, wenn Bürger besser qualifiziert sind. Die Lebenszufriedenheit nimmt zu, und dadurch gibt es weniger Konflikte in der Gesellschaft. Dass sich die Idee vom präventiven Sozialstaat auszahlt, sehen wir sehr gut in den nordeuropäischen Ländern.“

„Investitionen haben in der Vergangenheit nicht viel gebracht“

Skeptisch ist hingegen Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler NRW: „Die Regierung will mit der Neuverschuldung vor allem Wahlversprechen einlösen. Wir haben in den letzten Jahren immer mehr für Soziales, für Jugendhilfe, für Kinderbetreuung ausgegeben. Aber es werden dennoch nicht mehr Kinder geboren, und Fehlentwicklungen konnten wir damit auch nicht stoppen. Trotz der sozialen Prävention steigen die Soziallasten ständig. Das liegt auch an der demografischen Entwicklung.“ Kanski glaubt, dass sich die gesellschaftlichen Veränderungen, zum Beispiel das Auseinanderbrechen der Familien und der demografische Wandel, extrem auswirken. So sehr, dass sich die Probleme kaum mehr durch „soziale Prävention“ lösen lassen.

Fazit: Die Kommunen können auf lange Sicht tatsächlich viel Geld sparen, wenn jetzt investiert wird: aber immer zielgerichtet und eng am Bedarf orientiert. Die Entscheidungen, wofür Geld ausgegeben wird, müssen vor Ort fallen: in den Kindergärten, in den Stadtteilen, in den Schulen.