Essen. . Obwohl die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen Geld für neue Studienplätze erhalten, können sie die Vorgaben nicht erfüllen. Mit dem doppelten Abiturjahrgang 2013 und dem Wegfall der Wehrpflicht wird die Zahl der Studierenden weiter wachsen.
26 000 Studienplätze sollten die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen bis 2011 schaffen. So sieht es der Hochschulpakt I vor. In Verhandlungen mit dem Land wurde für jede Hochschule festgelegt, wie viele Plätze sie einrichten muss. 250 Millionen Euro gab es dafür, je zur Hälfte getragen von Land und Bund.
Doch die großen Universitäten ziehen – zum Teil – nicht mit. So richtete die Universität Münster keinen einzigen der geforderten 1231 neuen Studienplätze ein. Auch die Uni Köln blieb unter der Zielmarke. An den Ruhrgebiets-Unis sieht es etwas besser aus. Die Uni Duisburg-Essen blieb mit 1100 neuen Plätzen rund 200 unter der anvisierten Zahl. Die Ruhr-Universität Bochum hat nach eigenen Angaben ihre Vorgaben erfüllt. Nun befürchten die betroffenen Unis, dass sie die bereits ausgezahlten Fördermittel zurückzahlen müssen. Von elf Millionen für Köln ist die Rede, je vier Millionen sollen Münster und Bielefeld zurückgeben.
Universitäten überfordert
Doch den großen Unis Köln und Münster war bereits bei der Unterzeichnung des ersten Hochschulpaktes im Jahr 2007 klar, dass sie die Vorgaben nicht erfüllen würden. Dies wusste offenbar auch das damals FDP-geführte Wissenschaftsministerium, denn zumindest die Unis Köln und Münster berufen sich auf Sondervereinbarungen mit dem Land. Sie sahen vor, dass sie bei der Verfehlung ihrer Ziele nur die Bundesmittel zurückzahlen sollten, der Landesanteil sollte ihnen verbleiben dürfen. Ob dies nach dem Regierungswechsel noch gilt, darüber wird nun verhandelt. Insgesamt konnte die Vorgabe von 26 000 neuen Plätzen nur durch den Ausbau der Fachhochschulen sowie der Fern-Uni Hagen erfüllt werden.
Offenbar fühlten sich die Universitäten mit der Einrichtung neuer Studienplätze überfordert. „Wir haben 2007 zähneknirschend unterschrieben“, sagt ein Sprecher der Uni Münster. Die Uni platzte aus allen Nähten, viele Studiengänge waren überfüllt, in der Germanistik zum Beispiel betrug die Auslastung 150 Prozent. Nach dem Ansturm 2005 verhängte Münster daher für fast jeden Studiengang einen Numerus clausus. So sank die Studierendenzahl bis 2007 um gut 5000. Ähnlich handelten andere Unis.
Unter dem Druck des Ministeriums
Die Einführung der neuen Studiengänge Bachelor und Master banden zusätzliches Personal. Und als 2006 die Studiengebühren kamen, „haben wir auf die Bremse getreten“, so die Uni. Denn um von den Studenten Geld zu verlangen, sollten zunächst die Studienbedingungen verbessert werden. „Um die Betreuungsrelation zu verbessern, haben wir in Kauf genommen, dass wir die Vorgaben nicht erfüllen können“ , so die Uni jetzt. Erst seit zwei Jahren steigen die Studentenzahlen wieder. Doch ob die Uni den Hochschulpakt II erfüllen wird, der bis 2015 für Münster 3858 neue Plätze verlangt, ist unklar. „Wir müssen sehen, dass die Studenten ein hochwertiges Studium durchlaufen. Wir tun uns daher schwer damit, die Zielmarke unter allen Umständen erreichen zu wollen.“
Ähnlich war die Lage in Köln. „Es stand von Beginn an fest, dass wir die Bedingungen nicht erfüllen können“, sagt eine Uni-Sprecherin. Köln wollte sich ursprünglich gar nicht an dem Hochschulpakt beteiligen, gab dann aber dem Druck des Ministeriums nach.
Während sich die größten Unis des Landes gegen den Ansturm stemmten, steigt die Zahl der Studierwilligen weiter kräftig. Rund 85 000 Studienanfänger drängten im letzten Wintersemester an die Hochschulen des Landes – so viele wie noch nie. Mit dem doppelten Abiturjahrgang 2013 wird die Zahl weiter wachsen. Und der Wegfall der Wehrpflicht könnte zusätzlich 20 000 junge Menschen zu einem Studium in NRW animieren.