Essen.

Wie die Sicherheitsbehörden den drei mutmaßlichen El Kaida-Terroristen aus Bochum und Düsseldorf auf die Schliche kamen.

Im Dezember 2010, als Deutschland Weihnachten feierte, hatten Adeladim El-K., Jamil S. und Amid C. wenig Friedliches im Sinn. In ihren Wohnungen in Düsseldorf und Bochum, so ermittelte das Bundeskriminalamt (BKA), begannen sie eine Internet-Recherche mit dem Ziel, möglichst viele Menschen in der Rhein-Ruhr-Region möglichst grausam zu töten.

Ein mit Nägeln und Eisenteilen gespickter Sprengsatz sollte mitten in einer Menge von Passanten zur Explosion gebracht werden. Den Auftrag dazu hatte ein hochrangiger El Kaida-Führer, wahrscheinlich Al-Mauretani, gegeben. Das Ziel war noch nicht endgültig klar. Man stand am Anfang der entscheidenden Phase.

Trojaner platziert

Was die beiden 31- und 29-jährigenDeutsch-Marokkaner und der 19-jährige Deutsch-Iraner nicht wussten: Die ganze Zeit über, seit Herbst 2010, steckten in ihren Computern elektronische Schnüffler („Trojaner“) der deutschen Anti-Terror-Fahndung. Telefonierten sie per Handy, war das BKA mit in der Leitung. Und als sie es letzten Donnerstag freudig kommentierten, dass eine ähnlich gebaute Splitterbombe in Marrakesch 16 Ungläubige zerrissen hatte, leiteten sie ungewollt das vorzeitige Ende ihres Attentatsplans ein. „Marrakesch hätte das stimulierende Ereignis sein können“, sagt BKA-Chef Jörg Ziercke. Um einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag zu verhindern - Abdeladim El-K. hatte sich gerade einen Lötkolben gekauft - gaben er und der zuständige Bundesanwalt Reiner Griesbaum den Einsatzbefehl, das Trio in einer der größten Polizeioperationen der letzten Jahre festzunehmen.

Dabei war alles so gut abgesichert gewesen. Jeder hatte seine eigene Aufgabe. Abdeladim El-K. war der an der Bochumer Uni im Maschinenbau und in Terrorlagern des Hindukusch an der Waffe ausgebildete Chef. Noch im Januar hatte er sich persönlich letzte Instruktionen in Marokko abgeholt. Jamil S. musste das Geld beschaffen. Amid C. war für die Kommunikation zuständig. Die Bombe sollte mit der Chemikalie Aceton funktionieren, der Zünder mit einem Mix aus Wasserstoffperoxid, Zitronensäure und dem Grillanzünder Hexamin.

Mutmaßlicher Islamist gibt offenbar entscheidende Hinweise

Was die Drei nicht auf der Rechnung hatten: Verrat. Wahrscheinlich war es die Aussage des mutmaßlichen Islamisten Ahmed Sidiqui, die die Rhein-Ruhr-Region vor einem tödlichen Terror-Desaster bewahrt hat.

Die Amerikaner hatten den 36-jährigen Sidiqui 2009 auf seiner Reise von Hamburg nach Pakistan festnehmen können. Seither gibt er -- als Insasse des afghanischen Gefängnisses von Bagram -- der CIA wertvolle Hinweise. Die informierte die deutsche Seite, Marokkos Geheimdienst lieferte Details über das „konspirativen Verhalten“ des Zellen-Anführers El-K. in seiner Heimat zu. Sidiquis Warnungen gaben dann auch dem damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) den Anlass, von der „verschärften Sicherheitslage“ in Deutschland zu sprechen und MP-bewaffnete Bundespolizei auf die U-Bahnsteige deutscher Städte zu schicken.

Kurs am Hindukusch

Die Gefahr gibt es immer noch. Mindestens drei oder vier weitere Mitglieder der „Düsseldorfer Zelle“ sind auf freiem Fuß , mutmaßt BKA-Chef Jörg Ziercke -- wie auch rund 120 andere in Deutschland aufgewachsene „Gefährder“, die El Kaida mit Sport- und Sprachkursen, religiösen Inhalten und Gemeinschaftserlebnissen geködert und dann in den Bergen des Hindukusch im Töten von Ungläubigen ausgebildet hat.

26 Aspiranten auf die Terror-Karriere waren, so rechnet es der frühere BND-Chef August Hanning vor, zwar schon bei der Ausreise gestoppt worden. Zehn andere konnten bei der Rückkehr nach Deutschland gefasst werden. Vom großen Rest kennt das Bundeskriminalamt wohl teils nicht einmal die Namen.

Noch nicht. Die USA wollen Sidiqui an Deutschland ausliefern. Vielleicht plaudert er auch mit den Leuten von Ziercke und Griesbaum.