Düsseldorf. .
Tausende Touristen mussten wegen der Unruhen in Tunesien ihren Urlaub abbrechen. Am Düsseldorfer Flughafen erwarteten sie besorgte Verwandte.
Mit kleinen Luftballons in Herzchenform stehen Bellinda (9) und Fiona (10) Hübner da und warten vor dem Ausgang 6c am Düsseldorfer Flughafen. Warten auf ihren Papa Horst, der aus Tunesien zurück kommen soll. Eigentlich schon morgens. Doch „eigentlich“ ist ein Wort, das oft fällt an diesem Wochenende in der Flughafenhalle. Und so zeigen die Uhren kurz nach 19 Uhr, als die Maschine der Tunis-Air auf der Landebahn aufsetzt. „Endlich“, sagt Ehefrau Hübner.
Zu Tausenden haben die deutschen Reiseveranstalter ihre Kunden an diesem Wochenende aus Tunesien zurückgeholt. Haben sie Hals über Kopf am Strand eingesammelt oder vom Pool weggeholt. Manchmal gegen den Willen der Urlauber. Weil sie in ihren oft abseits gelegenen Clubanlagen gar nichts mitbekommen haben von den Unruhen draußen im Land. Oder weil die vermeintlich schönsten Wochen des Jahres gerade erst begonnen haben für sie.
„Die Sache kommt näher“
Doch letztendlich sind fast alle in die Taxis oder Busse gestiegen und zum Flughafen gefahren, wo Sondermaschinen stundenlang warten mussten, bevor sie abheben konnten. „Chaos“ ist ein Wort, dass die Zustände in den Hotels und Flughäfen Tunesiens derzeit wohl am besten beschreibt. „Da ging nichts“, sagt Dennis Wagnermeyer aus Gummersbach.
Drei Wochen war er mit seinen Eltern und seiner Schwester in Tunesien, machte Urlaub nahe Hammamet. Die ersten zehn Tage „war alles wunderbar“. Dann aber „merkte man, dass sich die Stimmung im Land irgendwie veränderte“. Erst wurden geplante Ausflüge gestrichen dann die Rückflüge. Der Luftraum war gesperrt. „Vier Tage durften wir das Hotel gar nicht mehr verlassen“, erzählt der 19-Jährige. Nähere Informationen gab es nicht. „Wir hatten 1000 Fragen.“
Eine Situation, die Horst Hübner kennt, der nahe Zarzis geurlaubt hat. „Das meiste hat man von den Kellnern erfahren“, sagt er. Auch, dass es vier Tote in Zarzis gegeben hatte. „Da merkte man, die Sache kommt näher.“ Früh am Samstag hat er ein Taxi zum Flughafen nach Djerba ergattert, ist durch Dörfer gefahren, in denen noch Reste von Barrikaden zu sehen waren – aber nirgendwo Polizisten. „Dafür gab es viel Militär am Flughafen.“
Immer wieder wird dann der Abflug des Tunis-Air-Fluges 538 nach Düsseldorf verschoben. Und erst in der Luft erfahren die Passagiere, dass die Maschine eine Zwischenlandung in Monastir einlegt. „Im Landeanflug waren überall Rauchwolken zu sehen. Kein schönes Gefühl“
Unten am Flughafen warten die Wagnermeyers bereits. Nachts um drei hat man sie geweckt: „Geht gleich los“, heißt es. Morgens um elf fährt der Bus tatsächlich. Vorbei an brennenden Tankstellen und dem, was angeblich mal ein Krankenhaus war. Vorbei an dem Bus, der vor ihnen gestartet ist, und dem Demonstranten mit Steinen die Scheiben eingeworfen haben. „Das muss man erst einmal verpacken“, sagt Dennis’ Mutter Silvia sichtlich erschöpft am Abend in Düsseldorf.
Keine Informationen,
wo man auch fragt
Nach gut einer Stunde haben sie den Flughafen in Monastir erreicht. Drunter und drüber geht es hier. „Keiner wusste Bescheid“, sagt Dennis und spricht von einem „Gefühl der Angst“ unter den vielen tausend Menschen in der Abfertigungshalle. Alle wollen raus aus dem Land. Vier Stunden dauert alleine der Check-In. Kurz nach halb fünf ist es, als die Maschine endlich abheben kann.
Die Angehörigen, die am Düsseldorfer Flughafen stehen und warten, erfahren von alldem lange nichts. „Man ist echt aufgeschmissen, erfährt nichts“, ärgert sich Nicole Hoff aus Duisburg, die ihre in Essen lebenden Eltern abholen will. Wen sie auch fragt, wo sie auch anruft. „Man hört immer nur neue abenteuerliche Geschichten.“
Für manche ist der Stress selbst nach der Landung in Deutschland noch nicht vorbei. Weil sie nicht dort gelandet sind, wo sie abflogen. Martin (25) aus der Nähe von Olpe etwa hat sein Auto am Frankfurter Flughafen geparkt, ist aber jetzt in Düsseldorf gelandet. „Sonst wäre ich vielleicht gar nicht mehr aus Tunesien herausgekommen.“ Nun weiß er nicht, wie er nach Hause ins Sauerland kommen soll. „Hier ist keiner, der hilft. Alles Mist.“
Den Wagnermeyers ist das an diesem Abend egal. Hauptsache sie sind gesund zurück. „Jetzt werden wir“, so Dennis, „erst mal richtig ausschlafen.“