Düsseldorf. Adem Y. konnte es nicht lassen. Immer wieder hat der Angeklagte im Sauerland-Prozess den Richter provoziert: mit trotzigen Antworten und der Weigerung aufzustehen. Jetzt wurde er während der Verhandlung in seine Zelle abgeführt. Von der Hauptverhandlung ist er ausgeschlossen.

Im Terrorprozess gegen die Sauerland-Zelle hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am dritten Verhandlungstag einen der vier Angeklagten wegen fortgesetzter Störungen von der Hauptverhandlung ausgeschlossen. Adem Y. wurde am Dienstag von der Anklagebank in seine Zelle abgeführt. Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling begründete den Ausschluss des 30-Jährigen mit dessen fortgesetzten Störungen.

Zweiwöchige Ordnungshaft

Y. hatte am Dienstagmorgen zum Auftakt des Prozesstages gesagt: «Ich möchte zurück in meine Zelle.» Breidling drohte ihm daraufhin damit, ihn von der Hauptverhandlung auszuschließen. Der Beschuldigte sagte dazu: «Dann tun Sie es doch.» In der vergangenen Woche hatte das OLG bereits eine zweiwöchige Ordnungshaft wegen ungebührlichen Verhaltens gegen Y. verhängt. Er war als einziger der vier Angeklagten an den ersten Prozesstagen beim Eintreten der Richter nicht aufgestanden. Auch zu Beginn des dritten Verhandlungstages sagte er auf Nachfrage Breidlings, dass er nicht aufstehen werde.

Die Verteidigung stellte am Dienstag die Verwertbarkeit zahlreicher Beweise gegen die vier Angeklagten in Frage. Die Überwachung von Telefonaten und E-Mails habe auf rechtswidrig erlangten Erkenntnissen der US-Geheimdienste basiert, erklärte Verteidiger Axel Nagler. Daher dürften auch die Ergebnisse der durch sie ausgelösten Überwachungen in Deutschland nicht verwertet werden.

Anwalt kritisiert "Totalüberwachung" der Angeklagten

Nagler widersprach der Argumentation der Bundesanwaltschaft, man habe bei der Einleitung der Überwachungsmaßnahmen auch auf eigene Erkenntnisse abgestellt, und die Informationen der Geheimdienste seien nur ein kleiner Ausschnitt gewesen. Der Verteidiger von Yilmaz betonte, erst durch die Verwendung der Geheimdienstinformationen sei «eine runde Sache» entstanden. «Das ist der wesentliche Auslöser für dieses Verfahren», sagte Nagler.

Der Anwalt kritisierte in seinem Antrag eine «Totalüberwachung» der Angeklagten Fritz G., Daniel S. und Y.. Diese verstoße gegen den Grundsatz der Menschenwürde. Die Männer seien während der Ermittlungen etwa fünf Monate lang rund um die Uhr überwacht worden. Zeitweise sei alles abgehört worden, «was nicht schnell genug auf die Bäume kam.»

Bundesanwalt Volker Brinkmann verteidigte die Überwachungen. So habe man als Grundlage durchaus eigene Erkenntnisse gehabt, etwa aus Durchsuchungen. Er warf zudem die Frage auf, wie man sich sonst hätte verhalten sollen. «Warten, bis es knallt?» Er fügte hinzu: «Wenn es geknallt hat, dann ist man auf jeden Fall zuständig.»

Verheerende Bombenanschläge geplant

Zum Ausmaß der Ermittlungen sagte Brinkmann, man müsse den jeweiligen Kontext sehen. Man habe gewusst, dass die Angeklagten «Schlimmes im Schilde führen», und die entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Eine Totalüberwachung habe es aber nicht gegeben. Man habe die Männer nicht 24 Stunden am Tag beobachtet: «Es gab Lücken.»

Die vier Beschuldigten sollen laut Anklage als Mitglieder der Terrorgruppe Islamische Dschihad-Union verheerende Autobombenanschläge auf US-Bürger und amerikanische Einrichtungen in Deutschland vorbereitet haben. Die beiden deutschen Konvertiten Fritz G. und Daniel Sch. sowie Y. waren am 4. September 2007 in einem Ferienhaus im Sauerland nach monatelangen Observierungen festgenommen worden. Der vierte Beschuldigte Atilla S. wurde später in der Türkei gefasst; er soll die Zünder für die Bomben beschafft haben. Die Anklage wirft dem Quartett unter anderem Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung, Anschlagsvorbereitung und Verabredung zum Mord vor. (afp/ap)

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