Duisburg.
Am Duisburger Hauptbahnhof sollte ein Vorzeige-Quartier entstehen. Jetzt droht ein Hochregallager für Möbel. Wie Duisburg eine Vision beerdigte.
Die Autobahn vor der Tür, der Hauptbahnhof ebenso, und zum nächsten internationalen Flughafen sind’s nur sieben Minuten mit dem Zug: ein Traum von Grundstück eigentlich, aber möglicherweise ein Alptraum für Duisburgs Stadtplaner.
Es geht um stolze 35 Hektar früheren Bahngeländes mitten in Duisburg, laut Wirtschaftsförderung „die verkehrsgünstigste Brachfläche Europas“. Der britische Star-Architekt Norman Foster, schon mit dem Innenhafen erfolgreich, war erneut um eine Masterplanung gebeten worden, ein architektonisch anspruchsvolles, durchgrüntes Quartier mit 7800 Büroarbeitsplätzen und 2000 Wohnungen hat das Londoner Büro entworfen, als „Duisburger Freiheit“ sollte es vermarktet werden.
Doch wie weit von Freiheit noch die Rede sein kann, ist seit vier Wochen etwas zweifelhaft. Denn urplötzlich war nicht mehr das Immobilienunternehmen Aurelis, das in ganz Deutschland ehemalige Bahnfläche vermarktet, Eigentümer der Fläche, sondern ein forscher Möbelunternehmer aus Berlin namens Kurt Krieger. Und dieser hat mit Foster so gar nichts im Sinn, sondern möchte auf dem Filetgrundstück ein riesiges Möbelhaus errichten samt Hochregallager und Möbellogistikzentrum – alles in schlichter, zweckmäßiger Architektur.
Möbelunternehmer Krieger hat einen langen Atem
Um einen großen Möbelanbieter buhlt Duisburg schon seit Jahrzehnten, um Kaufkraft in der Stadt zu binden. Doch an dieser prominenten Stelle wolle man eine deutlich höherwertige Nutzung, ist bislang eindeutige Mehrheitsmeinung in der städtischen Politik. Die nämlich hat das Sagen im aktuellen Bebauungsplanverfahren. Am Rat der Stadt ist es nun, festzulegen, was zwischen Autobahn A 59 und der Bahnstrecke Duisburg-Düsseldorf geschehen soll. Allerdings: Für etwa ein Drittel der Fläche hat der Rat bereits einen Beschluss gefasst – und zwar im Sinne einer Möbelhaus-Ansiedlung. Allerdings einer deutlich kleineren als der von Krieger geplanten. Mit dem haben die Fraktionen in diesen Tagen nochmals gesprochen, und immerhin ist in den Krieger-Plänen nun keine Rede mehr vom 40 Meter hohen Lager-Turm. Duisburg könnte, darauf weist die Politik immer wieder hin, für ein Möbelhaus alternative Flächen anbieten, in derselben Größenordnung, ähnlich gut ans Autobahnnetz angebunden – aber eben nicht unmittelbar in der Innenstadt.
Doch was ist, wenn Krieger an solchen Angeboten nicht interessiert ist? Gegenüber Kommunalpolitikern hat Krieger keinen Hehl daraus gemacht, dass er sein Vorhaben durchaus längerfristig betreiben wolle. Dass er einen langen Atem hat, hat er bei ähnlichen Vorhaben in Dresden und Hamburg bewiesen.
Jahrelang schleppte sich die Planung dahin
In Duisburg fände bei einem „Nein“ der Politik zu den Krieger-Plänen auf dem Gelände im Juli die Loveparade statt und dann erstmal nichts mehr. Womit ein Zustand andauern würde, der Ende 1996 mit der Schließung der Güterabfertigung der damaligen Deutschen Bahn begann. Multi Casa sollte dort zunächst entstehen, das größte Einkaufszentrum der Region. Jahrelang schleppte sich die Planung dahin, Investoren wechselten, der Handel in Duisburgs Zentrum zögerte wegen der Unsicherheit mit Investitionen, bis letztlich eine schwarz-grüne Ratsmehrheit die hochfliegenden Visionen beendete.
Aus der ausgedehnten Gleisanlage war inzwischen ein stattlicher Birkenwald geworden. Ein chinesisches Handelszentrum geisterte anschließend noch durch die Diskussionen über eine Nutzung der Brache, Nutznießer waren die Birken. Die sind inzwischen abgeräumt, um Platz für die Raver zu schaffen. Aber schöner als ein Möbelschlichtbau, heißt es inzwischen hinter vorgehaltener Hand immer öfter, seien die weißen Bäumchen allemal gewesen.