Ruhrgebiet. Die Migrationspolitik müsse sich ändern, sagen mehrere Stadtspitzen – von CDU wie von SPD gleichermaßen.
So schauen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Ruhrgebiets auf die Ergebnisse der Europawahl (hier lesen Sie die Ergebnisse):
Thomas Kufen (CDU), Essen:
„Die ersten Hochrechnungen zeigen, dass CDU/CSU stabil bleiben und mit Abstand als stärkste Kraft aus der Europawahl 2024 hervorgehen. Das Ergebnis zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger der Politik der Ampelregierung eine klare Absage erteilt haben. Nur so ist der Zuwachs – trotz des schwachen Wahlkampfes – der AfD zu erklären. Ein bitteres Ergebnis. In Berlin wird es so nicht weiter gehen können. Die Prioritäten müssen verschoben werden. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten vor allem eine andere Wirtschafts- und Migrationspolitik.“
Frank Dudda (SPD), Herne:
„Für die Bundesebene habe ich ein schlechtes Gefühl gehabt, und das hat sich leider bestätigt“, kommentiert Hernes OberbürgermeisterFrank Dudda (SPD) das Ergebnis der Gesamt-SPD. Vorgezogene Neuwahlen auf Bundesebene lehnt der 61-Jährige ab: „Das war eine Europawahl.“ Spitzenkandidat sei auch nicht Olaf Scholz gewesen, sondern Katarina Barley. „Und die hat schon zum zweiten Mal kein besonders gutes Ergebnis für die SPD eingefahren“, stellt er fest. Kritisch äußert er sich auch über seine Partei: „Da ist kein Gesamtplan erkennbar.“ Er fordert: „Das Profil muss ganz klar geschärft werden, insbesondere bei der Frage der Migration.“
Thomas Eiskirch (SPD), Bochum:
„Die Europawahl war schon immer eher von bundes- als von europapolitischen Fragen geprägt. Und man konnte erahnen, dass dies diesmal – mit Blick auf die Ampel – auch so sein wird. Insofern prägt der Bundestrend ganz eindeutig auch das Wahlergebnis bei uns in Bochum und im ganzen Ruhrgebiet. Das Ergebnis der AfD beunruhigt mich sehr. Insbesondere nach den Vorkommnissen in Potsdam und rund um die Spitzenkandidaten hätte ich mir eine andere Haltung erhofft. Ich mache mir sehr ernsthafte Sorgen um unsere Demokratie.“
Karin Welge (SPD), Gelsenkirchen:
„Dass die Wahlbeteiligung in unserer Stadt im Vergleich zur letzten Europawahl zum zweiten Mal hintereinander gestiegen ist, ist erstmal eine positive Nachricht des heutigen Tages“, sagt Karin Welge (SPD), Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen. „Aber auch schon die einzige. Denn sie bleibt immer noch auf niedrigem Niveau. Dass rund die Hälfte der Menschen in unserer Stadt sich gar nicht für Europa engagieren wollen oder mit ihrem Votum sogar die Stimmen stärken, die offen die europäische Idee in Frage stellen, ist für mich schwer hinnehmbar und zeigt mir, dass viele Menschen in ihrem alltäglichen Leben wenig von dem spüren, was Europa ihnen konkret bringt. Es ist schon verwunderlich, dass wir uns darauf freuen, in genau einer Woche ein europäisches Großereignis in Gelsenkirchen zu begehen und gleichzeitig so wenig Interesse an der Stärkung europäischer Institutionen haben. Es kann mich als Oberbürgermeisterin nur beunruhigen, dass auch in unserer Stadt Kräfte erfolgreich unterwegs sind, das demokratische, diskursorientierte politische und gesellschaftliche System zu diskreditieren und nachhaltig zu beschädigen.“
Marc Buchholz (CDU), Mülheim:
„Wir sind nicht mehr unterschiedlich genug gewesen“, sagt Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU). „Am Ende bleiben nur noch zwei übrig – BSW und AfD – und offensichtlich haben sich viele für diese beiden Extreme entschieden. Wir müssen aufzeigen, dass diese Parteien eigentlich nichts anzubieten haben. Das ist der Auftrag für uns, sie dort zu stellen, wo wir Inhalte zu diskutieren haben.“
Bettina Weist (SPD), Gladbeck
„Dass die AfD so gut abgeschnitten hat, ist Wahnsinn“, sagt Bürgermeisterin Bettina Weist aus Gladbeck. „Das Ergebnis betrübt und besorgt mich absolut. Es ist total bedrückend und kann einem auch Angst machen. Besonders schlimm ist, dass die AfD bei jungen Menschen, in der Altersklasse bis 30 Jahre, viele Wählerinnen und Wähler hat. Das Schöne ist, dass die Wahlbeteiligung für eine Europawahl rekordverdächtig ist.“
Sören Link (SPD), Duisburg:
„Die AfD hat offensichtlich ein gewisses Niveau erreicht, das mich besorgt. Die Ampelparteien haben verloren, insbesondere die Grünen. Das muss in Berlin diskutiert werden“, sagt Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD). „Aus Gesprächen im Duisburger Norden weiß ich, dass die Menschen die Themen Zuwanderung und Integration umtreiben. Darauf muss der Bund reagieren.“ In Marxloh ist die AfD stärkste Kraft, die Wahlbeteiligung lag allerdings nur bei 28 Prozent.
Bernd Tischler (SPD), Bottrop:
„Wir blicken mit Sorge auf die Entwicklung. Wir hoffen, dass das kein dauerhafter Trend ist. Wir müssen und wollen gemeinsam diese Entwicklung stoppen, mit Blick auf die nächste Kommunalwahl. Bei dieser hat sich der Bundestrend durchgesetzt.“
Lars König (CDU), Witten:
„Ich freue mich, dass die CDU in Witten offensichtlich besser als 2019 abschneidet“, sagt Lars König (CDU), Bürgermeister von Witten. „Im Bund ist sie klar die stärkste Kraft. Die AfD ist trotz der Skandale um einzelne Personen erstaunlich stark. Nun sind alle anderen aufgefordert, sich um Lösungen in Sachfragen zu bemühen, ob Wohnungsnot, Migration oder innere und äußere Sicherheit.“
Dirk Glaser (parteilos), Hattingen:
„Die relativ hohe Wahlbeteiligung in Hattingen ist für mich der größte Erfolg“, sagt Dirk Glaser, der parteilose Bürgermeister von Hattingen. „Man sieht: Unser Einsatz hat sich gelohnt, wann und wo immer es geht Werbung für die Wahlteilnahme zu machen.“
Michael Beck (CDU), Heiligenhaus:
CDU mit 32,5 Prozent vorne, die AfD mit 14,2 Prozent auf Platz drei lautet das Ergebnis in Heiligenhaus: „Wir heben uns vom Bundestrend demokratisch wohltuend leicht ab“, sagt Bürgermeister Michael Beck (CDU). „Es gehört jedoch zu den demokratischen Prozessen, Ergebnisse zu akzeptieren, auch wenn sie einen konsternieren. Wenn es scheinbar jetzt noch eines Weckrufs bedürfte, scheint es der Trend dieser Europawahl zu sein. Die Tendenz auf Bundesebene, dass immer mehr Junge die AfD wählen, lässt einen sprachlos zurück.“