Ruhrgebiet. Von Hautkrebsscreening bis Mammografie: Diese Vorsorgeuntersuchungen stehen gesetzlich Versicherten ab diesem Alter, so oft zu.
- Gesetzlich versichert: Welche Vorsorgeuntersuchungen zahlen die Krankenkassen?
- Und welche Vorsorgeuntersuchungen sollten sinnvollerweise gemacht werden?
- Wir haben wichtige Tipps zur Krebs-Früherkennung gesammelt.
Welche Vorsorgeuntersuchungen zahlen die gesetzlichen Krankenkassen?
Eine ganze Menge. Den genauen (bundesweit einheitlichen) Leistungskatalog beschließt der „Gemeinsame Bundesausschuss“ auf der Grundlage medizinischer Erkenntnisse und Standards. Auf dessen Website findet sich auch eine aktuelle, detaillierte Übersicht der einzelnen Vorsorgeuntersuchungen, die für alle gesetzlich Versicherten kostenfrei sind. Einzelne Kassen übernehmen darüber hinaus weitere Untersuchungen. Im Vorsorg-O-Mat der AOK können Interessierte individuell checken, welche Maßnahmen Ihnen persönlich empfohlen werden.
Diese Maßnahmen bieten alle gesetzlichen Krankenkassen Erwachsenen an: Sie dienen der Früherkennung von
- Gebärmutterhalskrebs
Frauen ab 20 Jahren einmal im Jahr: Pap-Abstrich / ab 35 zusätzlich alle drei Jahre: HPV-Test - Prostatakrebs
Männer ab 45, jährlich - Brustkrebs
(zusätzlich zur Vorsorge bei der Gynäkologin) Mammografie-Screening: Frauen zwischen 50 bis 69 Jahren (ab Juli: 50 bis 75), alle zwei Jahre - Darmkrebs
für alle ab 50: Stuhltest, alle zwei Jahre / Männer ab 50 und Frauen ab 55 wahlweise auch: Darmspiegelung, zweimal mit mindestens zehn Jahren Abstand - Hautkrebs
ab 35, alle zwei Jahre - Bauchaortenaneurysmen
Männer ab 65, einmalig - Allgemeinen Gesundheitsproblemen (etwa Nieren-, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes )
Check-up beim Hausarzt: zwischen 18 und 35 einmal / ab 35: alle drei Jahre
Vorsorge-Untersuchungen: Wie groß ist das Budget der Kassen?
Für die Versicherten sind die Vorsorge-Untersuchungen kostenlos. Das geplante Budget der Kassen richte sich nach den Ausgaben des Vorjahres, erläutert Isabella Heller, Pressesprecherin der AOK Rheinland/Hamburg. Zwischen 2019 und 2022 haben die gesetzlichen Krankenkassen Angaben des Bundesgesundheitsministeriums zufolge zusammen 1,58 Millionen Euro für die oben genannten Vorsorge-Untersuchungen ausgegeben. Der weitaus größte Teil der Summe entfällt dabei auf die Krebs-Vorsorge der Frauen.
Vorsorgeangebote: Wie gut werden sie angenommen?
Die AOK Rheinland/Hamburg hat für ihren Gesundheitsreport 2023 Versichertendaten ausgewertet. Danach nahmen 2021 mehr als die Hälfte der Frauen (52,3 Prozent) und 46,3 der Männer die hausärztlichen Check-ups wahr. Zur Krebs-Früherkennung gingen 32,7 Prozent der Frauen und 17,9 Prozent der Männer. Allerdings war während der Corona-Pandemie die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen nicht nur in NRW teilweise massiv gesunken. 2023 stiegen die Zahlen wieder, „ein gutes Zeichen“, wie AOK-Vorstandsmitglied Sabine Deutscher am Weltkrebstag im Februar konstatierte. Auch wenn „viel Luft nach oben“ bliebe.
Bundesweit erreichten die hausärztlichen Check-ups, Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums für 2022 zufolge, 9,5 Millionen Menschen. Am Mammografie-Screening nahmen demnach 2,7 Millionen Frauen teil. 13,8 Millionen Frauen vereinbarten Termine für die Krebs-Früherkennung – und vier Millionen Männer.
„Ich habe Angst, dass etwas entdeckt wird.“
Um zu ergründen, warum Menschen die Vorsorge ausschlagen, befragte die AOK jüngst ihre Versicherten. Der am häufigsten genannte Grund für die Nicht-Inanspruchnahme der kostenlosen Kassenleistungen lautete: „Ich habe keine Symptome“, gefolgt von „Mir mangelt es an Motivation“ und „Ich habe Angst, dass etwas entdeckt wird“.
Vorsorgeuntersuchung: Gibt es Vorteile?
Fast eine halbe Million Menschen erkranken jährlich neu an Krebs, rund 225.000 sterben Jahr für Jahr daran. Ziel der Krebs-Früherkennung sei, so AOK-Sprecherin Isabella Heller, „bösartige Veränderungen so frühzeitig zu erkennen, dass sie optimal behandelt werden können und sie im besten Fall auch zu heilen.“ Bei einer Darmspiegelung können beispielsweise Krebsvorstufen sofort entfernt werden. Anderes, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen etwa, lässt sich durch eine gezielte Vorsorge unter Umständen womöglich sogar verhindern: wenn Risikofaktoren auffallen und der Betroffene daraufhin seinen Lebensstil ändert, sich gesünder ernährt, mehr bewegt etwa oder entsprechende Medikamente verordnet bekommt.
„Ich habe keine Symptome.“
Vorsorgeuntersuchung: Gibt es auch Nachteile?
Ja. Manche der Früherkennungsuntersuchungen bergen ebenfalls Risiken. Bei Probenentnahmen aus Haut-, Brust- oder Prostata-Gewebe könnte es etwa zu Infektionen kommen, Mammografien gehen mit einer Röntgenbelastung des Körpers einher.
Schwerer wiegt aber die Gefahr eines „falsch positiven“ Befunds bei einer solchen Untersuchung: Der Untersuchte erhält ein positives Testergebnis, leidet aber tatsächlich nicht an der untersuchten Erkrankung. Erst nach weiteren Untersuchungen wird das womöglich klar, bis dahin muss er mit der Angst leben. Umgekehrt gilt ebenfalls: Nicht jeder negative Befund ist richtig, wägt den Betroffenen vielleicht nur in falscher Sicherheit.
Kritiker der Früherkennung wie Dr. Klaus Koch vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) fürchten zudem eine „Überdiagnose“: dass ein Krebs auffalle und anschließend therapiert werde, der unerkannt niemals zu einem Problem geworden wäre. Von tausend Frauen, die zehn Jahre lang regelmäßig am Brustkrebsscreening teilnehmen, müssten sich fünf einer solch unnötigen Krebsbehandlung unterziehen, so Koch.
„Mir mangelt es an Motivation.“
IGel-Leistungen: Was ist davon zu halten?
Viele Arztpraxen bieten über die von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Früherkennungs-Maßnahmen hinaus „Individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGeL) an, auch im Bereich der Früherkennung – von der Augeninnendruckmessung über den Ultraschall der Eierstöcke bis zum PSA-Test. Patienten müssen sie selbst bezahlen. Nicht selten wird dafür auf Flyern oder Plakaten im Wartezimmer geworben, Patienten werden bei der Anmeldung auch explizit auf die zusätzlich möglichen Untersuchungen hingewiesen, müssen vielleicht sogar unterschreiben, dass sie darauf verzichten wollen.
Was genau selbst zu zahlen und was kostenfrei für den Versicherten ist, kann dabei durchaus unterschiedlich sein: Einige Kassen bieten von sich aus auch mehr an, als sie gesetzlich „müssen“. Die AOK Rheinland/Hamburg beispielsweise zahlt ihren Versicherten schon ab 18 Jahren eine regelmäßige Hautkrebsvorsorge.
Grundsätzlich seien die individuellen Gesundheitsleistungen „für die Diagnostik und Heilung von Krankheiten nicht zwingend erforderlich“, erklärt Isabella Heller von der AOK. „Deshalb können die Kosten dafür nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Das bedeutet aber nicht, dass eine solche Leistung im Einzelfall den Heilungsverlauf nicht positiv beeinflussen kann.“ Sie empfiehlt, sich im Zweifel von der eigenen Krankenkasse beraten zu lassen.
Die Verbraucherzentrale warnt dagegen: Fragen Sie konkret nach dem individuellen Nutzen! Lassen Sie sich nicht zeitlich oder moralisch unter Druck setzen! Vieles im IGeL-Markt sei „nicht ausreichend geregelt“. Der IGeL-Monitor des medizinischen Dienstes bringt etwas Licht ins Dunkel. Er bewertet Nutzen und Schaden der Selbstzahlerleistungen.
Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD) hat sich heute (4.4.) sogar für ein Verbot bestimmter Selbstzahlerleistungen ausgesprochen. „Leistungen, die von den medizinischen Fachgesellschaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk. Konkret nannte er die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter. Sie gehöre zu den Angeboten, die schadeten, weil es häufig falsch-positive Befunde gebe.
Besonders beliebte IGeL sind laut „IGeL-Monitor“ die drei folgenden:
- Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung (20 bis 40 Euro)
- Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung (25 bis 53 Euro)
- Ultraschall der Brust zur Krebsfrüherkennung (26 bis 60 Euro)
Gut zu wissen: Wenn jemand Beschwerden hat oder ein besonderes Risiko für eine bestimmte Erkrankung, zahlt seine Krankenkasse ihm auch (Vorsorge-)Leistungen, die sie anderen Versicherten nicht zahlt.
Früherkennungsleistungen: Warum sind viele heute für Versicherte nicht mehr kostenfrei, die früher von den Krankenkassen bezahlt wurden?
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bewertet alle Früherkennungsleistungen, er entscheidet, ob sie Kassenleistung werden. Er passe, erklärt Heller, seine Empfehlungen für die Gesundheitsleitungen für Erwachsene dabei „an den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse“ an. Deshalb sei etwa die Altersgrenze für die regelmäßigen Check-ups beim Hausarzt erhöht worden. „Für Check-ups bei Unter-35-Jährigen konnten keine Belege für einen medizinischen Nutzen gefunden werden“, so Heller.
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