Dortmund. Der Carfreitag steht wieder vor der Tür. Was die Polizei im Ruhrgebiet für diesen Tag erwartet und wie sie darauf reagiert.
Karfreitag ist ein stiller Feiertag. Eigentlich. Für viele junge Menschen aber ist er genau das Gegenteil - er ist der Carfreitag. Eine gute Gelegenheit, sich zu treffen und geräuschvoll zu beweisen, was ihre Autos unter der Haube haben. Und im schlimmsten Fall auch, um zu zeigen, dass sie die Schnellsten sind. In Essen gerne am Berthold-Beitz Boulevard, in Dortmund am liebsten auf dem Wall. Aber auch in vielen anderen Städten des Reviers. Kaum einer weiß das besser, als Pascal Weise. Er ist einer der Tuning-Experten der Dortmunder Polizei, und er warnt. „Auch wir werden da sein.“
„Ich habe nichts gegen Tuning“
Weise möchte gerne einmal etwas klarstellen: „Ich habe nichts gegen Tuning. Im Gegenteil.“ Sofern es legal ist und nicht irgendetwas eingebaut wird, das in Deutschland nicht erlaubt ist. Er hat auch nichts dagegen, mal schnell zu fahren. Auf der Autobahn. Wo es erlaubt ist. Wenn Wetter und Verkehrslage stimmen. Wenn es passt also. Wenn es nicht passt, greift die Polizei ein. „Verbotene Kraftfahrzeug- und Beschleunigungsrennen haben bereits zu mehreren Schwerverletzten und Toten geführt. Diesen Rennen kommt daher eine besondere Bedeutung zu: Alle Möglichkeiten zur Bekämpfung von Intensivtätern im Straßenverkehr sollen dabei ausgeschöpft werden“, kündigt das Innenministerium an. Will sagen: Manchmal sind Wagen und Führerschein erst einmal weg, beschlagnahmt. Für ein paar Wochen, manchmal auch länger. Auch illegal getunte Fahrzeuge können aus dem Verkehr gezogen werden.
Die Kontrollen seien eine Herausforderung, sagt Weise. „Man wird nie jemanden erleben, der einem dabei entgegenspringt und erklärt, was er alles an seinem Wagen verändert hat. Es ist immer ein Nachforschen und genaues Hinschauen.“ Auch weil etwa eine Software-Optimierung am Motor nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Viele der kontrollierten Fahrer seien überrascht von den Fachkenntnissen der Beamten und Beamtinnen. „Oft gehen sie davon aus, dass sie mit den Manipulationen am Fahrzeug durchkommen. Kommen sie aber nicht.“ Vor allem nicht bei Weise. Seit fast 20 Jahren beschäftigt er sich mit „Tuning“ - sowohl dienstlich als auch privat. „Das Thema interessiert mich einfach.“
Nicht immer, weiß der Beamte, steckt böse Absicht dahinter, wenn ein Auto verbotswidrig getunt ist. „Erstverstöße gehen oft auf Unwissenheit zurück.“ Weil manche Fahrer sich blind auf dubiose Youtube-Videos verlassen, in denen gezeigt wird, was geht und nicht, was erlaubt ist. Fahrzeuge werden tiefergelegt, es wird eine andere Rad-Reifen-Kombination genutzt, und die Abgasanlage wird manipuliert. Am Ende ist der Wagen dann nicht mehr verkehrssicher.
Es gibt immer noch viel Ramsch auf dem Markt
Weise erinnert sich an einen Fall, in dem ein Tuner ein Auto derart umgebaut hatte, dass selbst der Sachverständige bei der gutachterlichen Überprüfung nach der Probefahrt ausstieg und sagte: „Dieses Fahrzeug ist absolut unbeherrschbar.“ Mit fast 400 PS an der Vorderachse hatte der Wagen vorne überhaupt keine Bodenhaftung mehr. „Das Problem bei so einer Leistungsänderung ist: Man kann nicht nur den Motor, die Bremsanlage und das Fahrwerk umbauen. Man muss jegliche elektronischen Helfer wie ESP und ASR daran angleichen.“
Insgesamt aber ist die Zahl illegal getunter Autos laut Weise in letzter Zeit kleiner geworden. Natürlich gebe es immer noch viel Ramsch auf dem Markt, erklärt der Beamte. „Aber immer mehr Hersteller bieten nur noch Dinge an, die grundsätzlich eine Zulassung haben.“ Weise ahnt auch warum. „Das ist eine Folge der vielen Kontrollen, die wir in den vergangenen Jahren gemacht haben. Viele Kunden der Tuning-Anbieter haben einfach keine Lust mehr, dauernd Ärger zu bekommen und beschweren sich bei ihren Händlern über die Sachen, die sie ihnen verkauft haben.“
„Der Straßenverkehr ist kein Partyraum“
Doch selbst ein legal getunter Wagen ist kein Freifahrtschein für endlose Runden durch die Stadt. „Der öffentliche Straßenverkehr ist kein Partyraum, in dem man tun und lassen kann, was man will“, stellt Weise klar. „Die persönliche Freiheit hört da auf, wo ich andere beeinträchtige.“ Und sie ist ganz weit weg, wenn ich das Leben anderer gefährde. Indem ich etwa viel zu schnell durch die Stadt rase. Die Möglichkeiten dazu sind in den letzten Jahren gewachsen. Bereits ab Werk stark motorisierte Autos aus der Golf-Klasse gebe es bereits für zwei- oder dreihundert Euro Leasing-Rate im Monat, sagt Weise. Und wem das nicht reicht, der kann sich bei speziellen Autovermietungen Sportwagen oder Limousinen mit 400 oder mehr PS für das Wochenende mieten.
Allen Warnungen und Appellen zum Trotz macht sich Weise keine Illusionen. Karfreitag wird wieder viel los sein an den Tuning-Hotspots im Ruhrgebiet. Die Polizei erwartet die meist jungen Leute dann aber schon. „Poser, Raser, Tuner, Dater“, warnt der 40-jährige Beamte, „wir bedienen sie alle.“