Mönchengladbach. Die Polizei im Revier kommt immer öfter aus der Luft. So lernen die Einsatzkräfte, Drohnen auch in extremen Situationen zu beherrschen.
Dunkel ist es in der riesigen Garage, nicht die Hand vor Augen ist zu sehen. Alles kann hier verborgen sein. Ein Mann mit einer Waffe oder ein Draht, der einen Sprengsatz auslöst. „Gefährliche Situation“, sind sich die Beamten vor der Garage einig. Besser, man schickt erst einmal eine Drohne rein.
Kurz darauf fliegt sie langsam durch das Tor in die Dunkelheit. Dann schaltet der draußen postierte Fernpilot einen starken Scheinwerfer ein. Geschickt umfliegt der Mann an der Fernsteuerung ein paar Kisten, entdeckt auf seinem Bildschirm erst Diebesgut, dann einen bewaffneten Mann. Jetzt wissen die Einsatzkräfte, was sie erwartet. „Gut“, sagt Trainer Sascha Kerber. „Alles gefunden.“ Ende der Übung. Der Fernpilot nickt. „Bei einem Einsatz kann uns das echt helfen.“
Es fehlt noch an speziellen Trainern
Kein Einzelfall, ganz im Gegenteil. Die Polizei in NRW hebt immer öfter ab. Denn die Zahl der Drohnen-Einsätze wächst kontinuierlich. In einem Trainingszentrum in der Nähe von Mönchengladbach lernen Männer und Frauen aus nahezu allen Dienststellen deshalb, das kleine Fluggerät zu beherrschen. Interessenten gibt es genug, gesucht werden Trainer – auch als Quereinsteiger.
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Auch bei der Kripo in Bochum hat man gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Drohnen gemacht. „Sie bietet ganz neue Möglichkeiten, Tatortaufnahmen zu machen“, sagt die Kriminalhauptkommissarin Daniela Stiens von der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle (KTU). Etwa, als vor kurzem ein Haus in ihrer Stadt explodiert ist. Deshalb ist sie hier, im Kurs des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP NRW). Fünf Tage Drohne fliegen in Theorie und Praxis. Die einen kommen von der Verkehrsunfallaufnahme, andere von Bereitschaftspolizeihundertschaft, den SEKs oder der Kripo. Suche nach Vermissten, Geländekontrolle bei einer Bombenentschärfung – „die Einsatzmöglichkeiten der Drohnen sind größer, als man denkt“, sagt Lehrgangsleiter Stephan Giesel.
Unfallaufnahme geht viel schneller
Und ihr Erfolg ist größer, als erwartet. Giesel erzählt von einem schweren Unfall, nach dem für die Beweisaufnahme die Autobahn gesperrt werden musste. „Normalerweise dauert so etwas fünf bis sechs Stunden. Dank der Drohne waren es nur zweieinhalb.“
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Obwohl alle, die im Kurs sitzen, bereits online den sogenannten kleinen Drohnenführerschein gemacht haben, gibt es zu Beginn erst einmal Theorie und einen auf dem PC simulierten Flug. „Da kann man auch einmal einen Fehler machen, ohne dass die Drohne gleich an die nächste Wand kracht.“ Denn die praktischen Vorkenntnisse der Teilnehmer sind recht unterschiedlich. Einige wenige, erzählt Giesel, „halten zum ersten Mal einen Controller in der Hand“. Andere dagegen „haben selbst schon lange eine Drohne und fliegen so ein Ding hinter dem Rücken“. Selbst sie aber fliegen nie solo, sondern als Duo. „Einer steuert, der Zweite beobachtet den Luftraum.“
Parcourflug durch leerstehende Reithalle
Mit der Drohne durch reflektierende Scheiben das Innere von Autos zu inspizieren, lernen sie auf dem riesigen Trainingsgelände mit seinen leerstehenden Häusern, Straßen und üppiger Vegetation. Auch wie sie natürliche und künstliche Hindernisse umfliegen oder einen Flüchtigen aus der Luft ansprechen und bei möglicher Flucht verfolgen. „Das ist nicht einfach, da muss man sofort reagieren“, sagt Giesel.
Noch gefürchteter bei der Abschlussprüfung ist allerdings der Parcourflug durch eine leerstehende Reithalle, bei dem alle Flughilfen der Drohne abgeschaltet sind. Keine Sensoren, keine Stabilisatoren, kein GPS. „Höllenschwer“, sagt ein Kursteilnehmer. „Nach zwei, drei Durchgängen bist du erst einmal platt.“ Ein Trainer stimmt zu. „Du darfst nicht eine Sekunde unaufmerksam sein.“ Und auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass alle Unterstützungssysteme einer Drohne auf einmal ausfallen, ausgeschlossen wird hier nichts. „Sicherheit hat höchste Priorität.“
Thema Datenschutz: Polizei beruhigt
Ohnehin gibt es Vorbehalte in der Bevölkerung. Nicht bei der Suche nach Vermissten oder der Verkehrsunfallaufnahme. „Da findet jeder den Einsatz einer Drohne gut“, sagt Polizeidirektor Daniel Drespa, zuständiger Dezernatsleiter beim LAFP. Bei Versammlungen ist das anders. Aber dort, heißt es aus Polizeikreisen, setze man eine Drohne nur ein, wenn der Einsatz angemessen und erforderlich sei. Das komme kaum vor.
Und was ist mit dem Thema Datenschutz? Schließlich stammen die Drohnen der Polizei von der Firma DJI, einem chinesischen Unternehmen. Giesel kennt das Problem. „Aber alles, was unsere Drohnen aufnehmen, bleibt im geschlossenen System der Polizei“, versichert er. „Es gibt keinen Abfluss auf fremde Server.“
Die Polizei versteckt ihre Drohnen auch nicht. Im Gegenteil. Damit sie gut zu erkennen sind, wurden sie in Streifenwagen-Optik beklebt – gelb-blau und mit passender Aufschrift. Start- und Landeplätze werden mit einem reflektierenden Landepad und Positionslichtern deutlich markiert, die Fernpiloten tragen spezielle Westen. Nur auf eines hat man verzichtet. „Nein“, sagt Giesel und lacht. „Drohnen mit Blaulicht sind nicht geplant.“